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Landkreis Haßberge
Haßfurt: Warum Unwissenheit manchmal doch vor hoher Strafe schützt
Gnade vor Recht: Vor Gericht kam einem 35-Jährigen seine Unwissenheit zugute. Statt 1200 muss er nur 450 Euro Strafe zahlen.
Eine Steuerrückzahlng hätte einem 35-Jährigen aus dem Landkreis beinahe einen Eintrag ins Vorstrafenregister eingebracht. 
Foto: Eckhard Heise | Eine Steuerrückzahlng hätte einem 35-Jährigen aus dem Landkreis beinahe einen Eintrag ins Vorstrafenregister eingebracht. 
Manfred Wagner
 |  aktualisiert: 08.02.2024 12:04 Uhr

Auch "einmalige Einnahmen" belehrte Amtsrichterin Kerstin Leitsch den 35-jährigen staatenlosen Umschüler, müssen bei Sozialbezug dem Job-Center mitgeteilt werden. Allerdings nahm sie dem noch nie mit dem Gesetz in Konflikt gekommenen Mann ab, dass er das nicht gewusst habe. Und so ließ sie im Einvernehmen mit dem Staatsanwalt auch angesichts des nur geringen Schadensbetrages Gnade vor Recht ergehen. Statt des erfolgten Strafbefehls mit einer Verurteilung zu einer Geldstrafe von 1200 Euro stellte sie das Verfahren mit einer 450-Euro-Geldauflage ein.

Entsprechend dem römischen Rechtsgrundsatz "Ignorantia legis non excusat" gilt zwar auch im deutschen Strafrecht die Regel: "Unwissenheit schützt nicht vor Strafe." Die Juristen sprechen in diesem Zusammenhang von einem sogenannten "Verbotsirrtum", der dann vorliegt, wenn jemand nicht weiß, dass ein ganz bestimmtes Handeln strafrechtlich verboten ist. Dieses "Unrechtsbewusstsein" bleibt nur dann straflos, wenn es unvermeidbar war. Das kommt in der Praxis allerdings äußerst selten vor. Ein etwas konstruiertes Beispiel: Ein Vater und sein Sohn fliehen aus einem patriarchalisch geprägten Land nach Deutschland. Kurz nach der Ankunft kommt es zu einem Streit und der Vater legt den Sohn übers Knie und züchtigt ihn körperlich, was in seinem Herkunftsland völlig normal ist. In Deutschland ist das natürlich verboten, aber der Vater kann das noch nicht wissen und macht sich deshalb nicht strafbar.

Es ging letztlich um 129 Euro

Im vorliegenden Fall beim Haßfurter Amtsgericht jedoch lag kein "unvermeidbarer Verbotsirrtum" vor, denn: Der Bezieher von Arbeitslosengeld II hätte nur den Antrag der Behörde genau lesen müssen, um die Strafbarkeit seines Handelns zu erkennen. Bei der "einmaligen Einnahme" hatte es sich um eine Steuerrückzahlung von 492 Euro seitens des Finanzamtes Zeil gehandelt. Weil der Umschüler zum Informatiker das nicht angab, erhielt er eine um 129 Euro überhöhte Auszahlung vom Job-Center, auf die er keinen Anspruch hatte.

Sein Verteidiger Alexander Wessel wies darauf hin, dass sein Mandant ohne Betrugsabsicht von sich aus einen Kontoauszug ans Job-Center schickte, auf dem diese Zahlung vermerkt war. Dass die Sache ohne Urteil und damit ohne Vorstrafe für den Angeklagten endete, hat er in erster Linie der Tatsache zu verdanken, dass er strafrechtlich gesehen eine blütenweiße Weste trägt. Die Vorsitzende hielt ihm auch zugute, dass es sich nicht um eine verschwiegene Arbeitsaufnahme gehandelt hatte.

Hätte der Umschüler gegen den Strafbefehl keinen Einspruch eingelegt, hätte er erstens eine Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu je 40 Euro, also insgesamt 1200 Euro, zahlen müssen. Zweitens hätte er einen Vorstrafeneintrag im Bundeszentralregister. So aber muss er lediglich in sechs gleichbleibenden monatlichen Raten insgesamt 450 Euro an die Haßfurter Tafel berappen. Erfüllt er diese Auflage, werden die Gerichtskosten in der Regel von der Staatskasse übernommen und der Mann muss dann nur noch seinen Anwalt bezahlen.

 
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