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HAßFURT
Haßfurt: Der Verkehr braucht neue und individuelle Lösungen
Ein öffentlicher Bus wird künftig auch als öffentlicher Bus erkennbar sein – dafür sorgt ein einheitliches Design. Bengel-Reisen aus Wonfurt hat als erstes Verkehrsunternehmen im Landkreis Haßberge die im Nahverkehrsplan festgelegten Vorgaben umgesetzt. Landrat Wilhelm Schneider, Susanne Lutz, Leiterin des Sachgebietes ÖPNV/Schülerbeförderung, sowie ihre Stellvertreterin Karin Graf zeigten sich von dem Ergebnis beeindruckt und hoffen auf viele Nachahmer.
Foto: Moni Göhr/LRA | Ein öffentlicher Bus wird künftig auch als öffentlicher Bus erkennbar sein – dafür sorgt ein einheitliches Design.
Wolfgang Sandler
 |  aktualisiert: 29.03.2021 10:41 Uhr

Der Landrat des Landkreises Rhön-Grabfeld, Thomas Habermann, hat ein ÖPNV-Modellprojekt Grabfeld in Auftrag gegeben. Dieser Landkreis gehört – wie auch der Landkreis Haßberge – zum Verkehrsverbund Nahverkehr Mainfranken (NVM) GmbH. Dennoch geht der Landkreis Rhön-Grabfeld zusätzlich eigene Wege (siehe Infokasten unten). Die Redaktion fragte beim Landratsamt Haßberge nach, ob so etwas ein Vorbild für den Landkreis Haßberge sein könnte:

Ist so etwas auch im Landkreis Haßberge denkbar?

Im Landkreis beschäftigen wir uns intensiv mit dem Thema Mobilität, denn sie gilt als Schlüsselfaktor für die Daseinsvorsorge, denn diejenigen Menschen, die nicht mobil sind, können sich schlecht versorgen und haben dann Schwierigkeiten, den Arzt, den Bäcker, die Schule oder den Supermarkt zu erreichen. Wir im ländlichen Raum stehen hier vor einer besonderen Herausforderung, der wir uns stellen.

Wir müssen zusätzlich individuelle Ansätze entwickeln, um unsere Mobilität – über den normalen Linienverkehr im Öffentlichen Personennahverkehr hinaus – sicherzustellen und auszubauen.

Eine Lösung können nachfragegesteuerte flexible Bedienungsformen – in der Regel mit kleineren Fahrzeugen – darstellen, wie beispielsweise Anrufsammeltaxi oder Bürgerbusse. Damit könnten wir zum Beispiel ein attraktives Angebot für unsere Senioren und Seniorinnen oder auch Auszubildende schaffen, die Probleme haben von A nach B zu kommen.

Im Gegensatz zu anderen Landkreisen sind wir hier schon einen Schritt weiter und haben bereits ein Pilotprojekt für AL II-Empfänger über das ZAK-Projekt gestartet, um Erfahrungen zu sammeln: Langzeitarbeitslose, die keinen Führerschein haben, werden mit dem Kleinbus zur Arbeit gefahren.

Dieses Pilotprojekt soll auch auf andere Bereiche wie Auszubildende ausgeweitet werden. Bedarfe werden bereits bei den Unternehmen abgefragt, die sich dann aber auch an den Fahrtkosten finanziell beteiligen müssen.

Neben flexiblen Bedienformen werden auch die neuen Kommunikationsformen, also Smartphone, Internet usw. unsere Mobilität verändern. Durch den Beitritt zum VGN besteht jetzt schon die Möglichkeit, ein E-Ticket online zu buchen.

Denkbar ist hier zum Beispiel eine Art Mobilitäts-App, die auch mit dem ÖPNV verknüpft ist und mit deren Hilfe man eine Mitfahrgelegenheit finden kann.

Im Zuge des neuen Nahverkehrsplans wurden bereits kleinere Verbesserungen erreicht, indem zusätzliche Fahrten realisiert wurden; zum Beispiel Linie 1165 Buch-Wonfurt-Haßfurt: Umfangreiche Verbesserungen durch Taktverdichtung, insbesondere Rufbusverkehre am Nachmittag und Abend bis 20 Uhr (Mo-Fr). Bislang letzte Fahrt von Haßfurt 17.15 Uhr, von Buch/Wonfurt 16 Uhr. Einführung Samstagsverkehr zwischen 8 Uhr und 20.45 Uhr, fünf neue Fahrtenpaare (Bisher keine Samstagsbedienung auf der Linie). Anerkennung VSW-Tarif nach Schweinfurt, Durchtarifierung möglich (vorher zwei Karten).

Linie 1175 Sternverkehr Zeil: In den Ferien ein zusätzliches Fahrtenpaar dienstags und donnerstags als Rufbus (Bisher keine Ferienbedienung auf der Linie).

Linie 1152 Maroldsweisach – Haßfurt: Fahrtrichtung Haßfurt – Hofheim: Einige Fahrten werden über den Ort Goßmannsdorf geführt, um eine bessere Anbindung von und nach Hofheim und Haßfurt zu erreichen. Einführung einer zusätzlichen Fahrt um 19.30 Uhr von Hofheim nach Haßfurt (Mo-Fr). Weitere Verbindungen werden folgen.

Zur Zeit ist in Haßfurt eine Initiativgruppe aktiv, die eine Reihe von Verbesserungsvorschlägen für die Kreisstadt vorgestellt hat. Darunter war auch die Anregung/Forderung, die Stadt Haßfurt solle einen ÖPNV mit Wasserstoff- oder Elektrobussen aufbauen. Wie Bürgermeister Werner feststellte, ist der ÖPNV im Landkreis nicht Sache einzelner Kommunen, sondern des Landkreises. Zudem ist der Kreis Haßberge an den Verkehrsverbund Großraum Nürnberg (VGN) angeschlossen. Der Bürgermeister bot jedoch an, mit dem Know-How des Haßfurter Stadtwerks in Sachen Wasserstoff durchaus hilfreich zur Verfügung stehen zu können, wenn es eine etwaige Umstellung auf Wasserstoffbusse erfordere. Inwieweit hat der Landkreis Haßberge die Möglichkeit, überhaupt eine Art von eigenem ÖPNV – etwa als Klein-ÖPNV für individuelle Fahranfragen – aufzubauen? Ist dies überhaupt gewünscht? Hat der Landkreis Einfluss auf eine etwaige künftige Umrüstung von Bussen im VGN auf Wasserstoff oder andere erneuerbare Energien?

Dem Landkreis obliegt grundsätzlich die Planungshoheit im Öffentlichen Personennahverkehr, also haben wir auch Einfluss darauf; wir können demgemäß für die Fahrzeuge Standards festsetzen. Eine Umrüstung auf „saubere Busse“, also emissionsarme Fahrzeuge mit alternativem Antrieb wie Elektro-, Wasserstoff- und Erdgasbusse oder mit Biomethan und Flüssiggas betriebene Fahrzeuge, wird aktuell auch vom EU-Parlament gefordert. Die sogenannte „Clean-Vehicles-Directive“ schreibt für alle Beschaffungen von Fahrzeugen, die öffentliche Auftraggeber nach dem Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) vergeben müssen, bis zum Jahresende 2025 eine Quote von 45 Prozent saubere Fahrzeuge vor.

Gibt es solche Busse aktuell schon?

Bisher konnte der Landkreis noch keinen Einfluss auf die laufenden Verträge nehmen, weil sich unsere Verkehrsunternehmen selbst finanzieren.

In den Großstädten ist ein Trend weg vom Auto erkennbar, wir auf dem flachen Land sind dagegen weiterhin auf das Auto angewiesen. Dennoch wird der ÖPNV in Zukunft eine immer stärkere Rolle spielen. Wie kann man dem gerecht werden?

Der ÖPNV bleibt ein wichtiger Baustein zur Sicherung der Mobilität. Wir brauchen in Zukunft schnellere und flexiblere Verbindungen und eine Vernetzung verschiedener Verkehrsformen durch Mobilitätsstationen wie etwa Stellplätze für Carsharing oder überdachte Fahrradabstell-Anlagen.

Um den privaten Pkw-Verkehr zu reduzieren und als Ergänzung zum ÖPNV sind gemeinsam mit den Kommunen „Dorfautos“ angedacht, die bei Bedarf ausgeliehen werden können. Zum Beispiel konnten die Bürgerinnen und Bürger in Aidhausen eine Woche lang ein E-Auto testen. Eine öffentliche Ladestation für E-Autos gibt es am Dorfplatz vor dem Rathaus. Ebenso besteht in Aidhausen die Möglichkeit, zwei E-Bikes auszuleihen.

In der Gemeinde Riedbach besteht bereits seit 2012 die Möglichkeit, sich durch einen ehrenamtlichen Fahrer ins nächste Unterzentrum für kleinere Besorgungen oder Arztbesuche fahren zu lassen. Die Abwicklung erfolgt über den Dorfladen.

Zur Verbesserung der Freizeitverkehre soll es künftig Busverbindungen zu den Attraktionen im Landkreis geben – Beispiel Burgenwinkel-Express, der von Haßfurt aus zu den Burgen im nördlichen Landkreis fährt, oder der Steigerwald-Express im südlichen Landkreis.

Derzeit wird mit der Umrüstung der Haltestellen im Landkreis nach VGN-Standard begonnen. Was ist als nächstes vorgesehen? Kurz: Wie entwickelt sich der ÖPNV bei uns weiter?

Die Umrüstung der Haltestellen nach VGN-Standard hat das Ziel, den ÖPNV stärker in das Bewusstsein der Öffentlichkeit zu rücken und attraktiver zu machen.

Innovative Bezahlsysteme (zum Beispiel Fahrscheinkauf über Handy) werden in Zukunft eine immer größere Rolle spielen. Das bestehende Angebot soll weiter verdichtet und attraktiver gestaltet werden.

Das angedachte 365-Euro-Ticket für Schülerinnen und Schüler ist in Vorbereitung und wird voraussichtlich schon 2020 in den Verkehrsverbünden eingeführt.

Diese umfangreichen Angebote zur Steigerung der Mobilität sind natürlich nicht zum Null-Tarif zu haben und werden den Landkreis und seine Kommunen noch viel Geld kosten. Der Betrag liegt im siebenstelligen Bereich. Deswegen hoffen wir, dass die Angebote auch entsprechend von der Bevölkerung wahrgenommen und genutzt werden.

Mitfahrbänke       -  Mitfahrbänke sollen helfen, schlechte Anbindungen an den öffentlichen Nahverkehr abzumildern.
Foto: Matthias Merz/dpa | Mitfahrbänke sollen helfen, schlechte Anbindungen an den öffentlichen Nahverkehr abzumildern.
Nahverkehr bietet Rufbus an       -  Mobilität über den normalen ÖPNV-Linienverkehr hinaus sicherstellen und ausbauen: Eine Lösung könnten nachfragegesteuerte flexible Bedienungsformen wie Anrufsammeltaxi oder Bürgerbusse sein.
Foto: Jens Büttner/dpa | Mobilität über den normalen ÖPNV-Linienverkehr hinaus sicherstellen und ausbauen: Eine Lösung könnten nachfragegesteuerte flexible Bedienungsformen wie Anrufsammeltaxi oder Bürgerbusse sein.
 
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Kommentare
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  • H. B.
    Gute Ideen. Aber daraus wird leider nix. Man muss sich nur den Affenzirkus um die Steigerwaldbahn anschauen. Die CSU und die DB werden das verhindern.
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  • P. H.
    Vielleicht gibt es ein Umdenken in der CSU, siehe Stadt-Umland-Bahn Schweinfurt. Von Hofheim könnte es sogar noch bis Stadtlauringen weitergehen.
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  • P. H.
    Eine andere Möglichkeit wäre eben auch, die beiden ehemaligen Bahnstrecken nach Hofheim und Maroldsweisach wieder aufzubauen.

    Angesichts des Klimawandels wird auch gar nichts anderes übrig bleiben. Wobei die Verzahnung mit dem Landkreis Rhön-Grabfeld gesucht werden müsste, damit z.B. die Bahn von Maroldsweisach über Bad Königshofen bis nach Bad Neustadt und Gersfeld weiter nach Fulda geführt werden könnte.

    Für Hofheim bietet sich ein Komplett-Neubau von Schweinfurt entlang der B 303 an.

    Da Bahnverkehr der Staat bezahlt, würden für den Landkreis Mittel frei, um Anschlussbuslinien vom Land zu den neuen Bahnhaltestellen einzurichten.
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