
Um die Mobilität der Bürger im Landkreis Haßberge zu verbessern, hielten vor einigen Jahren die ersten Mitfahrbänke Einzug. Sie sollten laut Mobilitätskonzept des Landkreises eine Art Selbsthilfemodell zur Ergänzung des ÖPNV darstellen, so Christian Witmann, stellvertretender Vorsitzender des Vereins "Wir gestalten Heimat". Die Bänke stehen teils separat, an von den Kommunen ausgewählten Plätzen, oder sind an vorhandene Bushaltestellen gekoppelt.
Akzeptanz verbesserungswürdig
"Akzeptanz und Nutzung der Mitfahrbänke lässt jedoch derzeit noch sehr zu wünschen übrig", schreibt der Friesenhäuser dieser Redaktion. Dafür gebe es verschiedene Gründe. So stelle sich beispielsweise die Frage, wie gefährlich es sei, fremde Personen mitzunehmen, oder wie es umgekehrt um die Sicherheit der Mitfahrer bestellt ist. "Das Alter der Zielgruppe könnte eine Rolle spielen", so Wittmann, "oder auch die äußeren Umstände, wie beispielsweise das Wetter oder Dunkelheit. Gegen die Nutzung der Mitfahrbänke spricht bei vielen auch die Unsicherheit, überhaupt mitgenommen zu werden - und die unsichere Rückfahrt."
Dass Mitfahrbänke nicht für jede Fahrt und auch nicht für jede Personengruppe in Frage kommen, sei sicherlich richtig. Allerdings gebe es etliche Projekte dieser Art quer durch die Republik, "wo Mitfahrbänke gut funktionieren". Und genau das wünscht sich der Verein „Wir gestalten Heimat“, sagt Wittmann. Er und sein Verein haben sich unter anderem zum Ziel gesetzt, "die Vernetzung von Aktivitäten, Einrichtungen und Menschen im Landkreis zu verbessern und so zu einer ökologischen und sozialen Klimawende beizutragen". Das Thema Mitfahrbänke sei sowohl beim Nachhaltigkeitsforum im Februar dieses Jahres als auch im Vorstand und in der Arbeitsgruppe Mobilität diskutiert worden.
Im Selbstversuch getestet
Christa Lampert aus Friesenhausen, ebenfalls vom Verein "Wir gestalten Heimat", hat die Bänke eigens zur Vorbereitung des Projekts einem ausgiebigen Test unterzogen. Was sie dazu bewogen hat? "Mich stört seit einigen Jahren, dass viele Menschen allein im Auto sitzen. Ich selbst habe oft Fahrten mit dem Auto gemacht, ohne groß darüber nachzudenken, dass man mit ein bisschen Überlegung mit anderen Personen zusammen fahren könnte. Ich habe einfach beschlossen, im Januar und Februar auf mein Auto zu verzichten und alle Wege mit dem Fahrrad, zu Fuß oder eben unter Nutzung der Mitfahrbänke durchzuführen. Dabei habe ich alle Kilometer notiert und nach sieben Wochen zusammengerechnet: ich habe rund 2500 Kilometer ohne Nutzung meines Autos zurückgelegt."
Negativ empfand Christa Lampert dabei "eigentlich nur, dass man oft nicht bemerkt wurde, wenn man nur auf der Bank saß; man musste sich irgendwie bemerkbar machen, damit die Autofahrer erkennen konnten, dass da jemand mitfahren möchte". Als überaus positiv erlebte sie die persönlichen Gespräche mit den teilweise fremden Menschen. "Ich hatte nie ein ungutes Gefühl und fühlte mich absolut sicher." Und die Wartezeiten? "Ich glaube, dass ich großes Glück hatte, denn ich musste niemals länger als 15 Minuten warten. Allerdings habe ich mich immer auffallend verhalten und auf mich aufmerksam gemacht."
Einen Fahrplan gibt es nicht
Christa Lampert war meist von Friesenhausen nach Hofheim, Haßfurt und Zeil unterwegs, aber auch in die andere Richtung nach Bad Königshofen, wie sie schildert. "Hierfür habe ich mich zu unterschiedlichen Tagen und Tageszeiten auf den Weg gemacht." Unterschiede hinsichtlich der Bereitschaft, mitgenommen zu werden, habe sie dabei nicht feststellen können. Als Fazit ihres Selbstversuches sieht sie die Mitfahrerbänke als "ein überaus geeignetes Mittel für die Steigerung der Mobilität". Schwierig könne es werden, wenn man zu festen Zeiten an einem bestimmten Ort sein muss, und auch die Rückfahrt sei nicht planbar. Wobei ihr aufgefallen sei, dass einige Mitfahrbänke an Plätzen stehen, "die mir nicht sehr sinnvoll erscheinen; daher sollten die Standorte einiger Bänke verändert werden. Die Erkennbarkeit der Bänke muss deutlich erhöht werden. Kleine Anreize zur Nutzung würden sich ebenfalls positiv auswirken".

Als weiteren Impuls ruft der Verein jetzt zu einem Ideenwettbewerb mit dem Titel „Design und bessere Akzeptanz von Mitfahrbänken“ auf, für den insgesamt Preisgelder in Höhe von 1000 Euro ausgelobt werden. Bis zum 15. Juni können Menschen, Unternehmen und Institutionen aus dem Landkreis Ideen und Vorschläge einreichen. Unter der Rubrik Design und Gestaltung geht es darum, wie die Mitfahrbänke und/oder ihr Umfeld aussehen bzw. ausgestattet sein müssten, damit sie künftig mehr genutzt werden. Der beste Vorschlag wird mit einem Preisgeld von 750 Euro belohnt, als Prototyp realisiert und der Öffentlichkeit vorgestellt, stellt Chrisian Wittmann in Aussicht.
Preisgeld ausgelobt
Um weitere relevante Aspekte für eine bessere Annahme der Mitfahrbänke, die entsprechend berücksichtigt bzw. verändert werden müssten, geht es unter der Rubrik Ideen und Aktionen zur Akzeptanz. Der beste dazu eingereichte Vorschlag wird laut Wittmann mit einem Preisgeld von 250 Euro belohnt und ebenfalls der Öffentlichkeit präsentiert.
Dass die Mitfahrbänke gerade in Zeiten von Corona und Mindestabständen vereinsamen, ist den Verantwortlichen von „Wir gestalten Heimat“ bewusst. "Allerdings wird es nach Corona wieder ein freies Miteinander geben", hoffen Christian Wittmann und sein Verein, "und dann sollen die Bänke endlich aus ihrem Dornröschenschlaf geweckt werden."
Weitere Informationen finden Interessierte auf www.wir-gestalten-heimat.de.
