Angehörige, die in den Haßberg-Kliniken einen Patienten besuchen wollen, dürfen als Schutzmaßnahme gegen das Corona-Virus bei ihrer "Visite" kein Krankenzimmer betreten. Es gibt nur wenige Ausnahmen, etwa wenn ein Mensch im Sterben liegt, und der zuständige Chefarzt ein besonderes Besuchsrecht erteilt. Dass die Kranken und Verletzen also im Regelfall ihr Bett verlassen müssen, wenn sie den Ehepartner, einen Elternteil oder ein Kind für maximal eine halbe Stunde in einem eigens dafür eingerichteten Besuchszimmer treffen wollen, hat der Krankenhausleitung Kritik eingebracht. Doch Vera Antonia Büchner, die Vorstandsvorsitzende des Kommunalunternehmens, verteidigt die strengen Vorschriften.
Jedes Krankenhaus mit eigenem Schutz- und Hygienekonzept
Das mit den besonderen Besucherräumen ist keine Vorgabe des Bundes oder Landes. Es entspringt einem Sicherheitskonzept, das die Haßberg-Kliniken für sich selbst entwickelt haben. Entwickeln mussten, weil das Gesundheitsministerium von allen Krankenhäusern im Freistaat in viralen Zeiten eines verlangt. Ein "einrichtungsindividuelles Schutz- und Hygienekonzept", wie es offiziell heißt.
Trotz Aufhebung des seit 13. März geltenden allgemeinen Besuchsverbotes sind weiterhin im Freistaat strenge Auflagen für den Patientenbesuch in Kraft, die tatsächlich von "ganz oben" kommen. Laut der aktuell gültigen Vierten Bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung darf zum Beispiel jeder Patient (nur) einmal täglich von einem Familienangehörigen zu einer festen Besuchszeit besucht werden. Und für die Besucher gilt die Maskenpflicht. Hier ist aber nicht die Rede davon, dass ein Besuch im Krankenzimmer tabu wäre.
Gerade für ältere Patienten ist der Weg ins Besucherzimmer oft beschwerlich
Und weil es andere Krankenhäuser lockerer handhaben, hatte sich zu Wochenbeginn die Tochter eines Ehepaares, das sich stationär in der Akutgeriatrie (Geriatrie ist die Altersmedizin) in Haßfurt befindet, an diese Redaktion gewandt. Die Frau wollte nicht einsehen, dass die Mutter oder der Vater den für sie quälenden Weg in den Besucherraum ihrer Abteilung antreten müssen, wo sie gerade mal 30 Minuten - so die Vorgabe - mit jeweils nur einem Angehörigen sprechen können. "Da ist es doch viel einfacher, ich gehe ins Krankenzimmer, wo ich selbstverständlich meinen Mundschutz trage", meinte die Tochter. Vor allem aber zweifelte sie am besseren Infektionsschutz durch die Besucherzimmer-Lösung. "Da sind immer zwei alte Menschen gleichzeitig mit ihren Besuchern, und das im halbstündigen Wechsel. Da kommen meine Eltern doch mit viel mehr Keimen in Kontakt als wenn ich in ihr Patientenzimmer gehe."
Vera Antonia Büchner, seit April die Chefin der Haßberg-Kliniken, hält den Einwand für gerechtfertigt, dass es gerade für die meist von vielen Krankheiten gleichzeitig betroffenen und oft hochbetagten Patienten der Akutgeriatrie beschwerlich ist, das Besucherzimmer zu erreichen, "auch wenn wir natürlich Rollstühle haben." Dennoch steht die promovierte Betriebswirtin zu den strengen selbst auferlegten Regeln in ihrem Hause. Nicht nur, weil die meisten Senioreneinrichtungen und Krankenhäuser genauso oder ähnlich verfahren, sondern vor allem aus zwei Gründen:
Kontrolle der Patientenzimmer wäre praktisch unmöglich
"Wir könnten nicht wirklich kontrollieren, was sich in den Patientenzimmern abspielt - etwa ob die Masken getragen und die Mindestabstände eingehalten werden", sagte Büchner am Dienstag zu dieser Redaktion. Darüber hinaus: Wenn sich Besucher im Krankenhaus außerhalb des für sie abgesteckten Raums bewegten, "dann gibt es zwangsläufig viele Bereiche, an denen sich die Wege der Besucher, Mitarbeiter und Patienten kreuzen". Genau solche Kontakte wollen die Haßberg-Kliniken vermeiden.
"Mit unseren strengen Auflagen fühlen wir uns einfach sicherer", fasste es die Nachfolgerin von Stephan Kolck zusammen. Zumal das hauseigene Sicherheitskonzept so aufgestellt sein müsse, dass es jederzeit der Überprüfung etwa seitens des Gesundheitsamtes standhalten müsse. Apropos Besucherzimmer: Das werde nach jedem Kommen und Gehen desinfiziert und regelmäßig gereinigt, zudem seien die beiden Besucherparteien effektiv voneinander getrennt.
Wie es in Sachen Infektionsschutz an den Haßberg-Kliniken weitergeht, vermag Vera Antonia Büchner nicht vorherzusagen. Bis auf Weiteres bleibt alles so wie derzeit geregelt. "Wenn es von der Politik Lockerungen gibt, werden wir selbstverständlich darauf reagieren", versichert die Vorstandsvorsitzende.