Wie so oft kommt es auf die Dosis an. Ein Bierchen am Abend oder ein Glas Wein wird einem gesunden Menschen kaum schaden. Ein Mehrfaches davon wird sich allerdings unweigerlich auf die Leberwerte niederschlagen. So ist das auch bei der ultravioletten Bestrahlung der menschlichen Haut. Hier kann zu viel des Guten Augen- und Hautschäden bis hin zum Hautkrebs auslösen.
Anders als beim Alkohol- oder Nikotinkonsum hat der Gesetzgeber für Betreiber von Solarien strenge Vorschriften herausgegeben, die bräunungssüchtige Kunden vor allzu viel UV-Strahlung aus dem Münz-Mallorca schützen soll. Die neue Solarienverordnung ist Bundesrecht und seit 1. Januar in Kraft. Vielleicht am wichtigsten in der Verordnung: An jedem Bestrahlungsgerät in Sonnenstudios oder Solarien muss eine deutschsprachige Gebrauchsanweisung ausliegen. Sie muss Hinweise geben zur Erstellung eines Bestrahlungsprogramms mit Bestrahlungsdauer, Abständen und Zeitintervallen zwischen den Bestrahlungen. Der Kunde soll auch erfahren, dass Bestrahlungen nicht öfter als zweimal wöchentlich und höchstens 30-mal im Jahr sein sollten. Und der Kunstsonnenhungrige sollte eine Schutzbrille tragen. Für jedes Bestrahlungsgerät muss der Betreiber zwei davon bereithalten.
Weitere Verpflichtung: ein Prüfbuch. Dort sollen alle technischen Daten des Geräts wie Bestrahlungsabstände, Bestrahlungsdauer bei den kürzesten Abständen für 250 beziehungsweise 350 Joule pro Quadratmeter Haut und vieles mehr enthalten sein. Behörden müssen bis zu drei Jahre nach dem letzten Eintrag Einsicht ins Prüfbuch nehmen können. Entscheidend auch: Jugendliche unter 18 Jahre dürfen überhaupt nicht mehr unter die Kunstsonne. Diese Verordnung passierte den Bundesrat schon im Juli 2009. Der Grund: Die Haut von Jugendlichen ist noch anfälliger gegen Schädigungen als die von Erwachsenen. Gegen diese Neuerung gab es kaum Proteste, nicht einmal von Solarienbetreibern.
Das Hofheimer Sonnenstudio „Sun Deluxe“ hat seit Inkrafttreten des Nutzungsverbots für Jugendliche über dem Automaten, der die Chips für die vier Sonnenbänke verkauft, ein Hinweisschild hängen, das darauf hinweist, dass die Geräte für Unter-18-Jährige tabu sind. „Wir hoffen, dass das Gesetz beachtet wird“, sagt Angestellte Manuela Faust. Schwierigkeiten damit sind ihr bislang nicht zu Ohr gekommen. Allerdings sei die Hauptkundschaft ohnehin zwischen 20 und 40 Jahre alt. Dies bestätigt auch Mitarbeiterin Ann-Kathrin Winterstein. „Es kommen zu uns keine Jugendliche, die fragen, ob sie die Sonnenbänke nutzen dürfen“, meint sie. So habe die gesetzliche Verschärfung auch keine Kunden vergrault. Viele der älteren Kunden nutzten die Sonnenbank weniger zum Bräunen, als zur Linderung von gesundheitlichen Beschwerden, wie Kreuzschmerzen oder Neurodermitis, so Winterstein.
„Keine größeren Beschwerden“, hat Petra Schmitt entgegengenommen. Die Schwimmmeisterin im Hofheimer Hallenbad verzeichnet ebenfalls eher ältere als jüngere Nutzer des Solariums. Dass Minderjährige die Geräte verbotenerweise benutzen könnten, schließt das Bad dadurch aus, dass die Chips für die Geräte in der Bademeisterkabine verkauft werden, „und wenn wir da Zweifel am Alter der Kunden haben, dann lassen wir uns den Personalausweis zeigen“, sagt Schmitt. „Da hilft es dann auch nicht, wenn die Mama eine Erlaubnis unterschrieben hat.“ Wenn man den gesetzlichen Hintergrund erklärt, seien die meisten auch einsichtig, berichtet die Schwimmmeisterin.
Technische Änderungen, um die Sonnenbänke fit zu machen für die verschärften Grenzwerte, seien nicht notwendig gewesen, sagt Petra Schmitt. Die Geräte, die dem Schwimmbad nicht selbst gehören, sondern per Nutzungsvertrag zur Verfügung stehen, seien bereits auf aktuellem Sicherheitsniveau und würden zweimal jährlich vom technischen Dienst geprüft. Auch die Schwimmmeisterin sieht mehr ältere als jüngere Badbesucher unter der Kunstsonne liegen – „im Winter mehr als im Sommer, und häufig kurz bevor ein Badeurlaub im Süden ansteht – zum Vorbräunen“.
Keine Scheu, sich den Perso zeigen zu lassen, hat auch Sandra Walter vom Hofheimer Fitnessstudio „Gymnasion“. Zwei Sonnenbänke stehen den Mitgliedern dort zur Mitnutzung zur Verfügung. „Die meisten kenne ich“, sagt Walter. Da sei keine Ausweiskontrolle nötig. Viele nutzten die Sonnenbänke zur Stimmungshebung in der trüben Jahreszeit, beobachtet Walter. „Richtige Solarium-Freaks“, sagt sie, „sind nicht darunter.“ Sie meint damit, dass die meisten Nutzer einmal, maximal zweimal pro Woche auf der Sonnenbank liegen – „nicht täglich“. Es komme halt auf das gesunde Maß an, schließt sich Walter der Meinung der Hautärzte an. „Obwohl das UV-Licht auf der Sonnenbank mehr gefiltert ist als im Freien.“ Sie selbst verzichtet dennoch aufs Sonnenbaden unter Kunstlicht.
Zusätzliche Umstände bereitet den Betreibern von Sonnenstudios das Führen des Prüfbuchs und vor allem der Kontrollaufwand. Der ist nötig, denn der Gesetzgeber hat bei Missachtung der Bestimmungen der Solarienverordnung – insbesondere bei den Jugendlichen – Geldbußen von bis zu 50 000 Euro angedroht.