
Den größten jüdischen Bevölkerungsanteil wies die Gemeinde Ebelsbach im 19. Jahrhundert auf, als die Juden mit 144 Bürgern ein Drittel der damaligen Dorfbevölkerung ausmachten. 1939 verließ der letzte jüdische Bürger Ebelsbach, aber eine Gedenktafel und ein Straßenschild weisen heute noch auf den damaligen „Judenhof“ hin. Dort wurde im Rahmen der Erinnerung an die Reichspogromnacht ein kleines Denkmal in Form eines „Sandsteinkoffers“ enthüllt, das auf die deportierten Juden aus Unterfranken hinweist.
Die Gemeinde Ebelsbach sowie katholische und evangelische Kirchengemeinde hatten zusammen mit dem „Heimatgeschichtlichen Arbeitskreis“ zu Beginn in die „Schlosskapelle“ in Ebelsbach eingeladen. Pfarrer Dr. Mathias Rusin erinnerte an das „schlimme Kapitel der Geschichte“, als Synagogen angezündet, Tausende von Juden misshandelt, verhaftet und getötet wurden. Zum Jahrestag wolle man für diese Menschen eine Wache halten und auch gleichzeitig dazu auffordern, dass wir auch zukünftig keine Ungerechtigkeiten schweigend hinnehmen dürften.
„Die Novemberpogrome 1938 markierten eine Verschärfung der Judenverfolgung. Es begann nun der uneingeschränkte, gesellschaftspolitische Ausschluss und die gänzliche, materielle Ausbeutung aller Bürgerinnen und Bürger, die zu Nichtariern erklärt wurden“, betonte Pfarrer Volkmar Gregori in seiner Ansprache. Der Antisemitismus hätte ja schon seit der Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 das öffentliche Leben in Deutschland bestimmt. Diskriminierung, Unterdrückung und Terroraktionen der SA seien grausame Mittel gewesen, um eine angsteinflößende und einschüchternde Atmosphäre zu erzeugen.
Bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges seien etwa sechs Millionen Menschen der staatlich verordneten Judenvernichtung zum Opfer gefallen. Nur wenige Einzelpersonen seien diesem Unrecht entgegengetreten und hätten Widerstand geleistet. Auch eine öffentliche Stellungnahme der evangelischen Kirche gegen die Greueltaten sei unterblieben. Ja die Nationalkirche der Deutschen Christen hätte die Geschehnisse sogar mit Begeisterung aufgenommen.
Aktuelle Situation gibt Anlass zur Sorge
Gründe für das Erinnern an die Novemberpogrome gebe es heute viele. „Für uns ist es die Tatsache, dass einmal bis zu einem Drittel der Einwohner Ebelsbachs jüdischer Herkunft waren. Für uns ist es aber auch die aktuelle Situation“, so Pfarrer Gregori.
Antisemitische Übergriffe seien auch heute wieder Bestandteil der täglichen Nachrichten. „Rechtsradikale Stimmen werden immer lauter. Die menschenverachtende Sprache auf der Straße oder auch in den Medien nimmt zu. Eine Atmosphäre von Unsicherheit hat eine Angst erzeugt und bei vielen auch ein unangenehmes Gefühl, weil die Alternative für Deutschland in verschiedenen Regionen über 20 Prozent der Stimmen erhalten hat.“
"Dieser Tag ist ein Aufruf"
Auch 1933 habe es mit ausgrenzender Sprache und Vorurteilen begonnen und mit einzelnen Übergriffen. Pfarrer Volkmar Gregori meinte: „Für das menschliche Leiden, das daraus entstanden ist, haben wir keine Verantwortung. Aber wir haben die Verantwortung, daraus zu lernen und entschlossen zu handeln. Dieser Tag ist damit ein Aufruf, das Geschenk von Demokratie und Freiheit zu würdigen als eine bleibende Mahnung, von Anfang an entschieden und unzweideutig Farbe zu bekennen, wenn in unserem Land Menschen benachteiligt oder bedroht werden.“
Roland Mayer, der Vorsitzende des Heimatgeschichtlichen Arbeitskreises, ging auf die Juden in Ebelsbach ein, wo der „Judenhof“ schon um 1500 den Schutzjuden als Wohnbereich angewiesen worden sei. Mit einem Schweigemarsch ging es dann von der Schlosskapelle zum Areal am Judenhof, wo schon seit dem Jahre 1996 ein Gedenkstein an die ehemalige jüdische Gemeinde erinnert. Dort wurde nun von 1. Bürgermeister Walter Ziegler ein weiterer Gedenkstein in Form eines Koffers aus Sandstein enthüllt.
Gepäckstück als zentrales Symbol
Der Bürgermeister betonte, dass sich damit die Gemeinde Ebelsbach am „Denkort Aumühle“ beteilige. Von dem ehemaligen kleinen Güterbahnhof an der Aumühle in Würzburg sei ein großer Teil der aus Unterfranken deportierten Juden abtransportiert worden. Der Denkort Aumühle markiere den Abschluss des „Weges der Erinnerung“, weil über diese Strecke jüdische Unterfranken ihren letzten Weg in der Heimat gingen, bevor sie in die Lager in Osteuropa deportiert und dort ermordet wurden.
Hier würden nun Gepäckstücke zum zentralen Symbol für die Deportation am authentischen Ort gemacht und symbolisch mit einem zweiten Gepäckstück in der Herkunftsgemeinde der Opfer verbunden. Dieser Aktion habe sich die Gemeinde Ebelsbach gerne angeschlossen.
Die Teilnehmer legten dann in der einsetzenden Dunkelheit ihre Lichter vor dem Gedenkstein nieder und eine Bläsergruppe der „Harmonie Ebelsbach“ spielte dazu den entsprechenden Trauer-Choral.
Die Juden in Ebelsbach
Erste konkrete Hinweise über die Juden in Ebelsbach stammen aus dem 14. Jahrhundert, als die Würzburger Fürstbischöfe das Schutzrecht über die Juden des Amtes Wallburg erhielten, das später an die Herren von Rotenhan überging. In unmittelbarer Nähe des Schlosses entstand dann im 15. Jahrhundert der Judenhof, der aus sechs Häusern bestand. Sie dienten den Rotenhanschen Schutzjuden als Wohnung.
In der Chronik von Ebelsbach ist dazu in den letzten Jahrzehnten insbesondere von Cordula Cappner in der „jüdischen Vergangenheit“ viel geforscht worden und Roland Mayer hat dazu auch im Gemeindearchiv viel herausgefunden und eingeordnet. Im Verzeichnis der „Höff- Und Heerdstätten Zue Ebelsbach“ aus dem Jahre 1595 oder im „Würzburger Salbuch für das Amt Wallburg“ aus dem Jahre 1592 und in anderen Quellen stößt man dabei auf nachdenkliche Berichte.
So wurde unter anderem zu dieser Zeit ein Brückenzoll für die Benutzung der Mainbrücke nach Eltmann festgelegt, „von einem lebendigen Juden 6 Groschen, von einem todten Juden 1 Gulden.“ Dazu muss man wissen, dass die Juden an anderen Orten begraben wurden. Im 16. Jahrhundert dürfte nämlich der jüdische Friedhof in Limbach angelegt worden sein.
1841/47 lebten nachweislich mindestens 16 jüdische Familien in Ebelsbach. Wegen der Ristriktionen wanderten aber zwischen 1850-1871 viele Juden nach Amerika aus. Für die Judengemeinde in Ebelsbach bedeutete dies einen Rückgang auf 40 Seelen im Jahr 1905. Um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert waren aber wieder 21 jüdische Familien in Ebelsbach ansässig. Sie verdienten ihren Lebensunterhalt vorwiegend als Viehhändler, Schlachter, Handel mit alten Kleidern und Lumpen aber auch mit Schnitt- und Spezereiwaren.
Siegfried Rosskam war der letzte Tote, der auf dem jüdischen Friedhof in Limbach begraben wurde. Er war am 2. Februar 1938 auf der Straße von Ebelsbach nach Gleisenau von einem Langholzfuhrwerk überfahren worden. Damals verbot der NSDAP-Ortsgruppenleiter von Eltmann den Transport der Leiche mit dem Eltmanner Leichenwagen. Deshalb musste der Leichenwagen der jüdischen Gemeinde Kleinsteinach ausgeliehen werden, um den Toten zum Limbacher Friedhof zu bringen.
Schon im Jahre 1937 hatte der Ebelsbacher Gemeinderat seine antisemitische Haltung mit mehreren Beschlüssen zum Ausdruck gebracht. „Das Holzrecht der Juden wird zu Gunsten der Gemeinde eingezogen und das anfallende Holz beschlagnahmt“, ist im Beratungsbuch der Gemeinde zu lesen.
Wer in dieser Zeit noch Kontakte mit Juden pflegte, wurde gemieden, wie ein weiterer Eintrag aus dem Jahre 1937 zeigt, als es um eine Auftragsvergabe am Schulhaus ging. „Die Beiziehung des Schmiedemeisters Melber musste unterbleiben, weil derselbe nach wie vor beim Juden einkauft.“