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HAßFURT
Guten Morgen!: Prahlhans
Wolfgang Sandler
 |  aktualisiert: 29.03.2021 10:53 Uhr

Lange Jahre hat man uns Deutschen vorgeworfen, zu hohe Exportüberschüsse einzufahren. Jahrelang hat uns das nicht gejuckt. Warum sollte man schließlich einer Wirtschaft, die über alle Maßen brummt, den Hahn abdrehen, könnte man volkstümlich fragen. Es steckt aber doch wesentlich mehr dahinter, als die blanke Bezeichnung Exportüberschuss vermuten lässt.

Man muss dazusagen, dass die Vorwürfe zumeist auch von unseren engsten Freunden kamen, also nicht nur von irgendwelchen armen Schluckern, die neiderfüllt auf die deutsche Volkswirtschaft schielen. Auch das hat uns ziemlich kalt gelassen. Erst jetzt wird's langsam mulmig. Man mag dem amerikanischen Präsidenten vorwerfen, das er von Weltwirtschaft keine Ahnung an, aber er vertritt nun mal eine der größten Volkswirtschaften. Und für die Einfuhr in dieselbe hat er uns nun mit empfindlichen Zöllen belegt. Für Trump sind die Deutschen der Staatsfeind Nummer eins und entsprechend behandelt er uns. Da ist es egal, dass seine Handlungen mehr einem niederen Instinkt entsprießen als aus wohlüberlegtem wirtschaftlichem Gebaren.

Inzwischen droht uns aber auch aus Italien von deren Euro- und europafeindlicher Regierung Ungemach. Deutschland hat in den letzten zwanzig Jahren kompromisslos auf die Perfektionierung seiner Exportwirtschaft gesetzt. Zum Beispiel durch die weitere Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit infolge von radikalen Kostenkürzungen. Der Anteil der Konsumausgaben am Bruttoinlandsprodukt sind inzwischen auf 53 Prozent gefallen. Das heißt, die Deutschen kaufen zu wenig im eigenen Land und investieren zu zurückhaltend, auch von Staatsseite zum Beispiel in den Ausbau der Infrastruktur. Gleichzeitig ist der Anteil der Exporte am Bruttoinlandsprodukt auf schwindelerregende 47,7 Prozent gestiegen. Zum Vergleich: Frankreich hat 29,3 Prozent, Japan 16,1 und die USA nur 11,9 Prozent.

Immerhin bedeutet ein so hoher Exportüberschuss nicht mehr und nicht weniger, als dass jemand anderes die Zeche der Deutschen bezahlen muss. Wenn Deutschland mehr Waren aus- als einführt, muss es Länder geben, bei denen sich das genau andersherum verhält, die haben dann ein Handelsbilanzdefizit. Wie zum Beispiel die USA, die 2016 rund 750 Milliarden Dollar „Miese“ gemacht haben. Kein Wunder, dass das einem einfach strukturierten Politiker wie Trump gewaltig stinkt.

Wenn dann deutsche Politiker anderen Ländern Nachhilfeunterricht in Ökonomie geben, die zum Teil mit einer Jugendarbeitslosigkeit von über zwanzig Prozent geschlagen sind wie Italien, dann führt das zwangsläufig dazu, dass radikale Kräfte bei den Wahlen die Oberhand gewinnen, die mittel- und langfristig auf die europäische und damit die deutsche Wirtschaft negative Auswirkungen haben.

Aber was kann man gegen eine erfolgreiche Exportwirtschaft unternehmen? Sollen die Unternehmen absichtlich weniger verkaufen? Wie kann Deutschland seine Überschüsse reduzieren? Es gäbe da schon ein paar Instrumente, die aber nicht einfach von Staats wegen verordenbar sind. Zum einen müssten die Löhne steigen, was eine erhöhte Kaufkraft der Bürger – da mehr Geld im Säckel – im Binnenmarkt zur Folge hätte. Dem steht hauptsächlich die Tarifautonomie im Wege. Ein anderer Weg, um den Bürgern mehr Geld in die Tasche zu bringen, wäre eine Senkung der Steuern. Und der dritte Weg wäre eine Erhöhung der Investitionen. Da Unternehmen diese nicht per Gesetz aufgedrückt werden können bleibt hier nur eine Erhöhung der Staatsausgaben. Dann wär's aber wieder Essig mit der berühmten „Schwarzen Null“, mit der die Deutschen eben überall so gerne angeben...

 
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