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OBERSCHLEICHACH
Günter Lieberth unter Strom
Technik: Noch sind E-Autos ein Nischenprodukt. Aber das ändert sich. Ein Praxisseminar am Umweltbildungszentrum Oberschleichach gab einen Einblick in die Möglichkeiten der Elektromobilität.
Mehrere „Stecker-Typen“ sind aktuell an den Ladesäulen für Elektroautos zu finden – so auch am Euro-Ratspark in Knetzgau. Links der „europäische Standard Typ 2“, der zum Beispiel den Renault ZOE mit Wechselstrom lädt. In der Mitte der Typ „CCS-Standard“, mit dem per Gleichstrom der Opel Ampera per Schnellladung geladen wird, und rechts der in erster Linie für asiatische Hersteller vorgesehene „ChadeTyp Mo“.
Foto: Matthias Lewin | Mehrere „Stecker-Typen“ sind aktuell an den Ladesäulen für Elektroautos zu finden – so auch am Euro-Ratspark in Knetzgau.
Matthias Lewin
 |  aktualisiert: 29.03.2021 10:54 Uhr

Elektroautos sind noch ein Nischenprodukt, die Halter der leisen Flitzer gelten als Pioniere. Hohe Preise, wenig Reichweite, suboptimale Infrastruktur der Ladesäulen – die Argumente gegen die Elektromobilität sind vielfältig. Günter Lieberth, Energieberater des Landkreises, will den Stromern auf die Sprünge helfen. Sein Praxisseminar im Umweltbildungszentrum (UBiZ) nahm die verschiedenen auf dem Markt erhältlichen E-Fahrzeuge ebenso unter die Lupe wie die einzelnen Lademöglichkeiten. Immerhin ist am UBiZ eine Ladesäule der Überlandzentrale Lülsfeld installiert, auch am Eurorastpark in Knetzgau sind bereits zwei Stromtankstellen in Betrieb, eine dritte kann bei Bedarf jederzeit hinzugeschaltet werden.

Der Trend bei E-Autos zeigt nach oben

Mitte April waren in Deutschland immerhin 53 861 reine Elektroautos gemeldet, hinzu kommen noch 44 000 sogenannte extern aufladbare Plug-in-Hybride. Im Landkreis sind 103 Stromer (+38 Plug-in-Hybride) angemeldet. „Der Trend zeigt nach oben“, hat Günter Lieberth zuletzt eine starke Zunahme beobachtet. „Der Elektroantrieb ist in Deutschland auf dem Vormarsch“, auch wenn ein „Boom“ noch nicht wirklich zu verzeichnen ist. Immerhin sind in der Bundesrepublik 56,5 Millionen angemeldete Kraftfahrzeuge unterwegs, auch im Landkreis haben die Verbrenner mit knapp 55 000 Fahrzeugen noch die klare Mehrheit.

Auch um dieses Verhältnis zwischen Verbrennern und E-Autos zu verändern, hatte Lieberth sein Seminar angeboten. „Die Teilnehmer hatten großes Interesse am Thema“, konnte Lieberth beobachten. Vor allem hinterfragt wurden die Unterschiede hinsichtlich der Reichweite im Sommer beziehungsweise Winter. Aber auch die Ladeinfrastruktur in der Region stand auf dem Programm, dazu gehörten auch Zugangsarten und mögliche Ladezeiten.

Modelle auf dem Markt sind ausgereift

Immer wieder taucht eine Frage auf, hat Lieberth beobachtet, so auch beim Seminar im UBiZ: Sind die E-Autos schon „reif“ für den Alltagsgebrauch? „Ich betone dabei immer, dass die derzeit auf dem Markt befindlichen Elektroautos aller großen Hersteller eine hohe Marktreife hätten und es keinen Grund gäbe, bei einer anstehenden Neuanschaffung noch abzuwarten, bis die ,Technik ausgereift' sei“, sagt Lieberth. Vielmehr könne sich schon heute jeder aus dem aktuellen Angebot ein passendes Fahrzeug für die eigenen Vorstellungen auszusuchen, um wegzukommen vom Einsatz der fossilen Kraftstoffe im Verkehr mit all den Auswirkungen auf Klima und endliche Ressourcen. „Bei anderen Technologien wie Smartphones warten die Menschen ja auch nicht mit dem Kauf, ob eventuell nächstes Jahr wieder eines mit einem neuen zusätzlichen kleinen Nutzen rauskommt,“ betont Lieberth auch den ökologischen Vorteil des Elektroantriebes.

Und der Markt wächst weiter. Gut ein Dutzend großer Hersteller vertreiben mittlerweile E-Autos, und es werden stets mehr. Die europäischen Hersteller haben gemerkt, dass sie etwas tun müssen, um von amerikanischen oder asiatischen Herstellen nicht aus dem Markt gedrängt zu werden, bevor sie überhaupt richtig drin sind. BMW, VW, Mercedes und Renault haben ihre Modelle weiter zu einer ernst zu nehmenden Konkurrenz für die Platzhirsche Tesla oder Nissan entwickelt.

Sämtliche Hersteller haben in den vergangenen Jahren an den Reichweiten geschraubt. Mittlerweile kommt man mit einem BMW i3 oder einem E-Golf von VW bis zu 300 Kilometer weit, der Renault ZOE fährt bis zu 400 Kilometer. Spitzenreiter ist allerdings weiterhin Tesla aus den USA, der auf rund 500 Kilometer (Tesla Model S) kommt, ohne nachzuladen.

Verschiedene Systeme

Allerdings – und das ist zweifellos noch eine Bremse – setzen die Hersteller derzeit auf verschiedene Ladetechniken. Was schon beim Handy stört, ist beim Auto noch viel unangenehmer, auch wenn die meisten Schnellladesäulen an Autobahnraststätten alle gängigen Ladevarianten anbieten und die Fahrzeuge in der Grundausstattung ohnehin den „richtigen“ Stecker an Bord haben.

Da gibt es den „Typ 2“-Stecker, mit dem beispielsweise die französische ZOE mit Wechselstrom geladen werden kann. Die älteren Modelle laden mit 43 Kilowatt, die neueren Fahrzeuge von Renault haben die Ladeleistung auf 22 Kilowatt begrenzt, um die 40 Kilowattstunden-Akkus zu schonen.

Andere Hersteller setzen auf das „Combined Charging System“ (CCS), ein internationaler Ladestandard für Elektrofahrzeuge. Bei CCS sind sowohl Gleich- als auch Wechselstromladungen möglich.

Die dritte Variante, die an den meisten Schnellladestationen zu finden ist, nennt sich „CHAdeMO“ (CHArge de MOve). Mit diesem in Japan entwickelten System kann der Akku eines Elektrofahrzeuges oder Plug-In-Hybrid-Fahrzeugs mit 50 Kilowatt geladen werden.

Zehn Jahre steuerfrei

Ein immer wieder gehörtes Argument gegen den Kauf eines Elektrofahrzeuges sind die hohen Anschaffungskosten. Aber stimmt das wirklich? Hier lohnt sich ein Blick auf das Sparpotenzial der Stromer. Mindestens 4000 Euro sind als Prämie drin, manche Hersteller legen sogar noch einen stattlichen Betrag oben drauf. Dazu gibt es zehn Jahre Steuerbefreiung, Haftpflicht- und Kaskoversicherungen sind spürbar günstiger, und auch ein Kundendienst schlägt nur mit 50 bis 80 Euro zu Buche. Ölwechsel oder Reparaturen an der Auspuffanlage erscheinen zudem nie in der Bilanz. Die Energie-Kosten pro gefahrenen 100 Kilometern liegen bei gut zwei Euro. Allerdings muss hier die Batteriemiete noch mit eingerechnet werden. Je nach Fahrleistung kommen monatlich zwischen 70 und 100 Euro hinzu. Dafür erhält man jedoch eine umfassende Garantie auf den Akku.

Für Günter Lieberth – und vermutlich die meisten E-Auto-Halter – fällt außerdem der ökologische Faktor enorm ins Gewicht: „Der Energiebedarf eines Elektroautos liegt im Vergleich zu den Verbrennern nur bei 50 Prozent“, sagt Lieberth. Die Effizienz liege sogar bei 70 bis 85 Prozent gegenüber 15 bis 20 Prozent bei einem Verbrenner. Überhaupt, so Lieberth, könnten „rund drei Viertel aller gemeldeten Autos in Deutschland könnten problemlos elektrisch fahren.“

Energieberater Günther Lieberth (links) und Andreas Ebert, bei der Überlandzentrale Lülsfeld zuständig für Elektromobilität (4. von rechts) erläuterten die verschiedenen Varianten der Ladesäulen am Euro-Rastpark in Knetzgau.
Foto: Matthias Lewin | Energieberater Günther Lieberth (links) und Andreas Ebert, bei der Überlandzentrale Lülsfeld zuständig für Elektromobilität (4.
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