Das Schloss, auch „Guttenbergsches Wasserschloss“ genannt, bildet den Mittelpunkt des Dorfes Kirchlauter liest man immer wieder. Am Wochenende traf dies mehr denn je zu, denn viele Herrschaften Freiherren und Grafenstand sowie Prominenz aus Adelsgeschlechtern fanden sich in dem Haßbergort ein, als sich Maria Nina Schenk, Gräfin von Stauffenberg (und Enkelin des Hitler-Attentäters) und Franz Graf von und zu Westerholt und Gysenberg das Ja-Wort gaben. Auch für die Bevölkerung und viele Gäste war dies ein Ereignis, das man sich nicht entgehen lassen wollte.
Seit Tagen liefen die Vorbereitungen rund um das Schloss und die Pfarrkirche in Kirchlauter. Im Schlosshof wurden Zelte aufgebaut, um die vielen Gäste in einem besonderen Ambiente empfangen und bewirten zu können und viele Helfer sorgten für den entsprechenden äußerlichen Schmuck.
Es war nicht die erste Hochzeit, die die Brauteltern Franz Ludwig Graf von Stauffenberg und seine Frau Elisabeth Schenk Gräfin von Stauffenberg im Schloss Kirchlauter ausrichteten. Mit Kaspar, Karl, Sophia und Nina haben sie vier Kinder, von denen drei bereits vor diesem Wochenende verheiratet waren. Diese Hochzeit aber war für die Familie etwas Besonderes. Denn Maria Nina Schenk, Gräfin von Stauffenberg, ist mit 32 Jahren die jüngste Tochter der Grafenfamilie. Sie ist Hebamme, arbeitet in Lichtenfels und will dies auch zukünftig tun. Und sie bleibt Gräfin, weil sie „standesgemäß“ heiratete. Ihr frisch gebackener Ehemann Franz Graf von und zu Westerholt und Gysenberg stammt aus der westfälischen Grafenfamilie Westerholt, die in der Nähe von Warendorf ihren Familiensitz hat. Er ist der älteste Sohn der Familie und ist gelernter Landwirt. Sein Beruf führt ihn häufig in die Region um Würzburg. Deshalb wird das junge Grafenpaar im Landkreis Haßberge bleiben und ein Haus im 130 Einwohner zählenden Eckartshausen bei Maroldsweisach beziehen.
Prominentester Vertreter der Familie Stauffenberg ist der Großvater der Braut, Claus Schenk Graf von Stauffenberg, der in Zusammenhang mit dem gescheiterten Attentat auf Adolf Hitler im Juli 1944 hingerichtet wurde. Die Ehefrau des Hitler-Attentäters und Großmutter der Braut, Nina Schenk Gräfin von Stauffenberg, hat die gleichnamige Enkelin aber noch viele Jahre erleben können. Sie lebte lange Jahre in Bamberg im Haus der Familie von Lerchenfeld und zog aus gesundheitlichen Gründen erst im hohen Alter zu ihrem Sohn ins Schloss nach Kirchlauter. Dort starb sie am 1. April 2006 mit 92 Jahren. Auf dem Grabstein in Kirchlauter wird auch ihres Mannes gedacht, für den es kein richtiges Grab gibt. Seine Asche war nämlich auf Befehl von Reichsführer SS Heinrich Himmler über den Rieselfeldern von Berlin verstreut.
Brautvater Franz Ludwig Graf von Stauffenberg, der dritte Sohn von Claus Schenk Graf von Stauffenberg, machte sich als CSU-Politiker einen Namen. Von 1972 bis 1984 saß er im Bundestag und von 1984 bis 1992 im Europaparlament, ehe er Bevollmächtigter der Bodenverwertungs- und Bodenverwaltungs-GmbH der Wälder in den neuen Bundesländern wurde. Als sechsjähriger Bub hatte er den Tod seines Vaters erlebt. Als die Familie in Sippenhaft kam, wurde Franz Ludwig Graf von Stauffenberg unter dem Namen „Meister“ ins Kinderheim Bad Sachsa verfrachtet. Später kam er wieder mit seiner Familie zusammen. Als sein „politischer Ziehvater“ gilt Karl-Theodor Freiherr von und zu Guttenberg. Auch er war CSU-Politiker, von 1967 bis 69 parlamentarischer Staatssekretär im Bundeskanzleramt und Großvater des Verteidigungsministers Karl-Theodor Freiherr von und zu Guttenberg, der im Zuge der Plagiatsaffäre um seine Dissertation im Jahr 2011 seinen Doktortitel verlor und zurücktreten musste.
Im Jahr 1965 heiratete Franz Ludwig Graf von Stauffenberg Elisabeth Freiin von und zu Guttenberg, die Tochter seines Ziehvaters. Und das ist auch der Grund dafür, dass die Stauffenberg heute Schlossbesitzer von Kirchlauter sind. Einst gehörte der Besitz nämlich den Herren von Guttenberg. Im Jahr 1981 erbte die geborene zu Guttenberg Elisabeth Schenk Gräfin von Stauffenberg das Schloss.
„Ich weiß noch ganz genau, wie das Grafen-Ehepaar am 15. August 1985 offiziell in unserem Ort als neuer Besitzer aufgetaucht ist“, erinnert sich Altbürgermeister Peter Kirchner. „Kirchlauter darf seinem Herrgott dankbar sein, dass die Stauffenbergs gekommen sind. Das war ein Segen für unser Dorf!“ Ab diesem Zeitpunkt sei es mit dem Schloss nämlich wieder aufwärts gegangen. Die Grafen fingen mit dem Tünchen der Räume an, zogen neue Mauern und beseitigten Einschusslöcher aus dem Krieg.
Altbürgermeister Peter Kirchner ist stolz darauf, dass die anderen drei Kinder der Stauffenbergs während seiner Amtszeit in Kirchlauter geheiratet haben. Und auch die Hochzeit am Samstag erlebte er als Ehrengast mit, wenn auch nicht mehr als Standesbeamter. Die „Herrschaften“, wie die älteren Kirchlauterer den Adel heute noch nennen, lebte in früheren Jahren etwas zurückgezogen im Ort, waren aber politisch und ehrenamtlich über Kirchlauter hinaus aktiv. Brautmutter Elisabeth Schenk Gräfin von Stauffenberg engagierte sich besonders im Malteserorden. Lange war sie auch Dozentin im Bereich der sozialpflegerischen Ausbildung des MHD. Außerdem betreute sie Schwerstkranke bei Pilgerfahrten nach Lourdes und war als Mitbegründerin der Aktion „Armenküche“ Patin der Hilfsorganisation für verarmte, obdachlose Rentner und Behinderte in St. Petersburg. Zuletzt war Gräfin Elisabeth aber auch im Pfarrgemeinderat aktiv. Ihr Mann ist in der Kirchenverwaltung tätig.
Altbürgermeister Peter Kirchner bringt es auf den Punkt, wenn er sagt: „Auch wenn sie nicht immer so präsent in der Gemeinde waren, sind sie beim Weißwurstessen der Kirchengemeinde am 15. August immer und auch bei anderen besonderen Festen dabei. Im Umgang sind sie aber auf jeden Fall Pfundsleut. Und ich darf sogar mit Gruppen das Anwesen mit Schlosspark besichtigen, wenn ich die Besitzer vorher informiere.“
Die Stauffenberg-Hochzeit
Die Guttenbergs: Das Geschlecht erscheint urkundlich erstmals im Jahr 1149 mit Gundeloh von Blassenberg. Mit dem Erwerb der Burg Guttenberg (Oberfranken) mit der Ortschaft Guttenberg wechselt der Geschlechtsname zu „von Guttenberg“. Es gilt heute noch als vermögendes fränkisches Adelsgeschlecht. Aus diesem Geschlecht stammt Brautmutter Elisabeth Gräfin von Stauffenberg, ehemals Elisabeth Freiin von und zu Guttenberg.
Die Grafen von Westerholt: Es ist der Name für ein altes westfälisches Adelsgeschlecht, das erstmals im Jahre 1225 mit dem Ritter Henricus de Westerholte erwähnt wird. Stammsitz ist die Burg Westerholt in einem Stadtteil der Stadt Herten im Kreis Recklinghausen. Der Familiensitz des Bräutigams liegt aber in einem Stadtteil von Warendorf.
Die Stauffenbergs: Das Adelsgeschlecht mit Stammsitz auf Burg Stauffenberg in Baden-Württemberg ist erstmals 1262 erwähnt und nach der abgegangenen Burg Stauffenberg in Sichtweite der Burg Hohenzollern benannt worden. Die Schenken von Stauffenberg haben reichsritterlichen Ursprung und hatten mehre Linien. Seit die Stauffenberg das erbliche Schenkenamt bei den Grafen von Zollern innehatten, wurde „Schenk“ zum Bestandteil ihres Namens.
Das Schloss Kirchlauter: Das Schloss wurde 1511 von Moritz von Guttenberg als Lehen des Hochstifts Würzburg errichtet. Ab 1689 begann der Würzburger Fürstbischof Johann Gottfried von Guttenberg mit dem Neubau des Wasserschlosses, das im 18. Jahrhundert teilweise umgebaut wurde. Gegen Ende des 2. Weltkrieges wurde es von den Amerikanern beschossen. Um das Schloss herum ist ein mauerumschlossener Park mit barocken Gartenfiguren und einer Orangerie angelegt. In das Schloss gelangt man durch ein Torhaus aus dem 18. Jahrhundert neben einem Torhäuschen. Das Wasserschloss Kirchlauter ist heute im Besitz des ältesten Sohnes Caspar Schenk Graf von Stauffenberg.