Nette Haufen gibt es fast überall. Haufen, die nebenbei noch singen können, die sich untereinander grün sind, die sowohl in Englisch als auch in Deutsch die Lippen richtig bewegen und die gern nach einer Chor- noch eine Weinprobe absolvieren. So ein besonderer Haufen ist auch in Sand am Main angesiedelt. Die Rede ist vom Chor Gospel and more.
Der feierte in diesem Jahr seinen zehnten Geburtstag mit einem erfolgreichen Jubiläumskonzert. Dirigiert von Martin Karl, standen dabei 14 Frauen und sechs Männer auf der Bühne. Dem Chor fehlt also die eine oder andere Männerstimme.
Rückblick: Den Gesangsverein in Sand gibt es schon seit dem Jahr 1900. Seitdem sangen und singen die Sander nicht mehr nur unter der Dusche, sondern auch im gemischten Chor. So wie Raimund Schmelzer, der im Chorleben nach eigenem Bekunden „einfach abschalten“ kann. Das Singen sei etwas in seinem Leben, das ihn beruhige. Und es sei etwas, das er einfach brauche.
Zusammen mit Karin Wicht und anderen Gesangskollegen entwickelte er vor zehn Jahren den Gedanken, „auch jungen Leuten das Singen zu ermöglichen. Im Chor mit deutschem Liedgut funktioniert das nicht. Da haben die kein Interesse“, so Raimund Schmelzer. Und schon war der Gospelchor aus der Taufe gehoben. Und mit Robert Niklaus stand ein Altbekannter am Dirigentenpult.
Mit dem Gospelchor ist dem Sander Gesangsverein auf die alten Tage eine Verjüngung geglückt. Während der ersten Probe im Jahr 2007 saßen 18 Sängerinnen und Sänger auf den Stühlen. „Wir konnten den Altersdurchschnitt im Verein um 20 Jahre senken“, erzählt Raimund Schmelzer, der übrigens einer dieser 18 war. „Viele vom gemischten Chor sind rüber, um dem Chor auf die Sprünge zu helfen. Wir sind dann aber alle geblieben“, ist Schmelzer stolz auf seine Zugehörigkeit zum Chor Gospel and more. Wer heute im Sander Gospelchor singt, ist zwischen 21 und 66 Jahren alt.
In Sachen Namensgebung haben die Sängerinnen und Sänger vor zehn Jahren nicht lange gefackelt. Sie haben das Programm zum Namen gemacht, beziehungsweise machten sie den Namen zum Programm. „Wir wollen auch noch etwas Anderes singen als Gospels“, erläutert Raimund Schmelzer das more. Im Repertoire gibt es unter anderem traditionelle Gospels, gesungen in American English und British English, Top-Hits der Band „Silbermond“, Liebeslieder und auch deutsche Volkslieder. Als Chorleiter fungierten Robert Niklaus und Lisa Pagan, seit 2016 liegt die Leitung in den Händen von Martin Karl. Der Musiker und Gymnasiallehrer, der übrigens der einzige Profimusiker im Chor ist, ist über persönliche Kontakte beim Sander Chor gelandet. Und er macht seinen Job offenbar sehr gut. „A Gerät“, lobt Matthias Scherer den Chorleiter in höchsten Tönen.
Martin Karl kann sich noch sehr gut an seine erste Chorprobe in Sand im vergangenen Jahr erinnern. „Es war spannend“, so Karl, „denn es war eine Probe zum Kennenlernen, aber gleichzeitig auch eine Generalprobe für einen Auftritt in Ebern.“ Nach einer achtwöchigen Schnupperzeit hat er gemerkt, dass die Sander ein „feiner Haufen“ sind, und hat sein Engagement fix gemacht. Für Martin Karl ist der Chor aus Sand das einzige Ensemble, das er neben dem Schulorchester und dem Kreisblasorchester Schweinfurt leitet. Das bietet ihm natürlich die Möglichkeit, sich mit dem Chor „auszutoben“. Das wiederum beweist auch die aktuelle Songliste.
„Der Chor ist bereit, alles zu singen“, lässt Martin Karl wissen. Ihm obliegt, in Absprache mit den Sängerinnen und Sängern, die Auswahl der Stücke. „Wir dürfen unsere Liedvorschläge machen“, sagt Karin Wicht, gibt aber zu: „Es gibt schon mal was, was einem nicht so gefällt.
“ Aber dann heiße es kurz und knapp: „Mitgehangen, mitgefangen“, ergänzt Raimund Schmelzer.
„Es geht um die Gemeinschaft, man singt da dann einfach mit“, sagt Lisa Sünkel, die seit acht Jahren Sander Gospelsängerin ist. Der Begriff Gemeinschaft steht bei dem Chor mit Sängern aus dem ganzen Landkreis Haßberge übrigens in einem Fortissimo und mit unendlich vielen Wiederholungen zwischen den Noten.
„Wir singen nicht nur auf einer Frequenz, wir liegen auch auf einer Frequenz“, so drückt Lisa Sünkel ihr Wohlbefinden aus. „Es ist immer lustig, wenn wir zusammen sind.“ Neid und Missgunst kenne der Chor nicht. Man sei sich immer „grün untereinander“, die Chemie stimme einfach.
Warum die Sängerinnen und Sänger sich so gut verstehen? „Das haben die Sander so an sich“, so Matthias Scherer, „wir sind offen, ehrlich, freundlich und humorvoll.“ „Trotz der großen Altersspanne passen wir alle gut zusammen“, so Lisa Sünkel. Neue Chormitglieder empfange der „verschworene Haufen“ mit „offenen Armen“ und leiste dann sehr gerne Integrationsarbeit.
Auch in diesem Punkt sind sich alle einig. Aktuell sucht der Chor vor allem Bässe und Tenöre. „Männer sind Mangelware. Wir sind offen für neue Männer“, betont Christina Düring.
Gospel and more singt im Gottesdienst, steht beim Frühjahrs- und beim Weihnachtskonzert auf der Bühne und wird vor allem für Hochzeiten gebucht. „Mittlerweile sind wir Hochzeitsexperten und könnten die Trauungen selber machen“, meint Raimund Schmelzer mit Blick auf die vielen Eheversprechen, die sie schon begleiten durften. Egal, ob nun evangelische, katholische oder „freie“ Vermählung – die Sander singen „Hallelujah“, „The Rose“ oder „You raise me up“ für alle, die dies wünschen. Manche hören den Chor sogar nur einmal, ehe sie sofort buchen. „Das ist natürlich das Schönste“, so Karin Wicht.
Wenn die Sänger zusammen kommen, dann herrscht Harmonie pur, obwohl das Singen nicht immer ganz regelmäßig stattfindet. „Es ist mehr eine Projektarbeit, damit einige von uns nicht ständig die Doppelbelastung mit dem gemischten Chor haben. Manchmal proben wir auch unter der Woche“, sagt Franz-Josef Klinger, „wir sind da flexibel.“
Statt der Gesangsblätter halten die Sängerinnen und Sänger auch gerne mal ein Weinglas in den der Hand. Oder sie stecken im Faschingskostüm. Es gibt auch Ausflüge zu Weinfesten und Heckenwirtschaften. Wichtig bei allen den Aktivitäten sei das Lachen, sagt Lissy Partosch.
Die Arbeit mit dem Angenehmen verbinden, da kennt sich der Chor also aus. „Unsere Probentage haben wir in Sommerach gemacht. Da haben wir dann zwei Proben gemacht: eine Chorprobe und eine Weinprobe“, plaudert Lisa Sünkel aus dem Nähkästchen von Gospel and more.
Der Chor Gospel and more singt am 22. Juli im Fahrrad-Gottesdienst in Sand am Main.
Gospel and more
Wenn jemand Lust hat, Teil des netten Sander Haufens namens Gospel and more zu werden, ist sehr willkommen. Denn ein Vorsingen für Neumitglieder gab es schon vor zehn Jahren nicht, und auch heute ist ein Vorsingen nicht angesagt.
Weitere Informationen bei Karin Wicht, E-Mail gospel-and-more-sand@web.de