Besondere Schatzsucher waren dieser Tage im Wald bei Sailershausen unterwegs. Nein, dort wird nicht das verschollene Bernsteinzimmer vermutet, sondern das Gold liegt sozusagen sogar lose auf dem Waldboden. Das Buchengold!
Rund um die Rotbuchen in der Waldabteilung Jagdleite sind große grüne Netze ausgebreitet. Unter dem Laub versteckt liegt das Gold des Waldes, die Bucheckern. Bisher wurden diese als Saatgut an Baumschulen verkauft, aber Hans Stark, der Leiter des Universitätsforstamtes Sailershausen, geht jetzt einen anderen Weg. Eine Hamburger Firma betreibt zusammen mit den Schleswig-Holsteinischen Landesforsten ein Projekt, bei dem Bucheckern für die Lebensmittelherstellung veredelt werden. Überzeugt von dem Konzept, liefert Stark die Ernte von den zugelassenen Beständen aus dem Sailershäuser Wald erstmals nach Norddeutschland. Gut 550 Kilogramm sind zusammengekommen.
Es ist ein Gerücht, dass Bucheckern giftig sind
Hans Stark erinnert sich an frühere Zeiten: "Mein Opa hat Bucheckern als Kaffeeersatz verwendet". Als Lebensmittel im Supermaktregal sucht man die kleinen Baumfrüchte aber vergebens. Vielleicht liegt es am Gerücht, die Buchecker seien giftig. Mehr als eine Hand voll der Buchennuss sollte man nicht roh essen sollte, weiß Stark, denn sie enthalten das schwach giftige Trimethylamin, nach dem botanischen Gattungsnamen der Buche Fagus auch als Fagin bezeichnet. Zusätzlich finden sich wie bei Mandeln und anderen Nüssen Blausäure und Oxalsäure in den rohen Früchten. Diese können allerdings leicht durch Erhitzen vor dem Verzehr unschädlich gemacht werden.
20 bis 30 Kilogramm pro dickem Baum
Etwa 20 bis 30 Kilogramm Bucheckern fallen von großkronigen Bäumen. Das ist aber nicht jedes Jahr der Fall. Nur in sogenannten Mastjahren neigen Bäume, die sehr energiehaltige Samen produzieren, zur zyklischen Fruchtbildung oder Fruktifikation, wie der Botaniker sagt. Das Holzwachstum geht dabei stark zurück, was an den Jahresringen erkennbar ist. Der Zeitabstand zwischen zwei Mastjahren ist regional unterschiedlich und beträgt drei bis vier Jahre.
Vor Ort im Wald wird das Sammelgut vom Laub und Gehölz mit einem Sieb getrennt, so dass nur noch die Bucheckern übrig bleiben. Verpackt in Jutesäcken bringt das Mitarbeiter-Team um Hans Stark das Buchengold zum Forstamt in Sailerhausen. Dort steht eine von einem Mitarbeiter selbst konstruierte Trocknungsanlage bereit, in der die Bucheckern ohne Heißluft vorgetrocknet werden, bevor sie von der Abnehmer-Firma mit einem Anhänger abgeholt werden.
Reich an ungesättigten Fettsäuren und Vitaminen
Die Firma Sustainable Food Labs GmbH bezeichnet die Bucheckern auf ihrer Homepage als wertvolles Superfood. Die Nuss der Rotbuche liefert wertvolle ungesättigte Fettsäuren und ist eine hochwertige, rein pflanzliche Proteinquelle, heißt es dort.Zusätzlich enthält sie wichtige Vitamine (B1, B6 und Folsäure) sowie wertvolle Mineralstoffe wie Eisen, Kupfer und Zink. Das Produkt wird in der Firma schonend erhitzt und veredelt. Das Aroma der Bucheckern ähnelt dem von Mandeln und Haselnüssen und bietet sich daher als Alternative zu Haselnüssen, Mandeln, Maronen oder Walnüsse an. Geschälte ganze Bucheckern erinnern optisch an Pinienkerne und können genauso wie Pinienkerne zur Verfeinerung edler Gerichte eingesetzt werden. Hans Stark musste der Firma, die sich auf den Bereich Biolebensmittel verlegt hat, nachweisen, dass in seinem Wald in den letzten Jahren keinerlei Gift ausgebracht wurde.
Ganz so wertvoll wie Gold dann aber doch nicht
Wie der Forstdirektor erzählt, gibt es zum Beispiel bei der Lufthansa in der Business Class Salate mit Bucheckern. Und auch die heimische Gastronomie hat schon Interesse bekundet. So experimentiert laut Stark zur Zeit Küchenmeister Michael Bayer vom gleichnamigen Brauerei-Gasthof in Theinheim damit, die Bucheckern in schmackhafte Gerichte einzubringen. Allerdings: Ganz so teuer wie Gold sind die Buchenfrüchte dann doch nicht. Während für der Universitätsforst Sailershausen gerade acht Euro pro Kilogramm Bucheckern bekommen hat, hätte er gemäß dem aktuellen Goldkurs für die gleiche Masse an Edelmetall weit über 50 000 Euro verlangen dürfen.