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Bamberg
Göttinger Friedenspreis für Mutter Mechthild
Überwältigt zeigte sich Äbtissin Mechthild Thürmer von der Auszeichnung.
Foto: Marion Krüger-Hundrup | Überwältigt zeigte sich Äbtissin Mechthild Thürmer von der Auszeichnung.
Marion Krüger-Hundrup
 |  aktualisiert: 29.03.2021 10:28 Uhr

Seit Bekanntwerden ihrer strafrechtlichen Verfolgung wird Äbtissin Mechthild Thürmer mit Solidaritätsbekundungen aus aller Welt überschüttet. Doch diese Ehrung bringt die Nonne ein wenig aus der Fassung. „Ich bin überwältigt, die kommt total unerwartet!“, freut sie sich am Telefon über diese „Wertschätzung meiner Arbeit“.

Mutter Mechthild erhält den Göttinger Friedenspreis 2021 für ihr „friedenspolitisches Engagement“, das sie durch die mehrfache Gewährung von Kirchenasyl in der Abtei Maria Frieden in Kirchschletten gezeigt hat, wie es in der Pressemitteilung der Stiftung Göttinger Friedenspreis vom 17. Dezember 2020 heißt. Weil die Äbtissin in mehreren Fällen Flüchtlingen „illegal Kirchenasyl gewährt haben soll, beispielsweise im Jahr 2018 einer Eritreerin, die nach Italien abgeschoben werden sollte“, sei sie vor dem Amtsgericht Bamberg angeklagt, heißt es weiter.

Gutes Gewissen

Wie mehrfach berichtet, wirft die Staatsanwaltschaft der Äbtissin Beihilfe zum unerlaubten Aufenthalt vor, das Amtsgericht droht ihr mit einer empfindlichen Freiheitsstrafe. „Als Christin stehe ich in der Pflicht, Menschen in Not beizustehen“, begründet Mutter Mechthild ihre Taten. „Ich habe mir vorgestellt, dass Jesus das auch so gemacht hätte, um Menschen zu helfen, die Schutz suchen.“ Sie sehe der Verhandlung vor dem Amtsgericht „ganz ruhig entgegen, ich habe ein gutes Gewissen“, sagt die Äbtissin. Schließlich gehe es nicht um ihren Kopf, sondern um Menschen. Und verbrochen im strafrechtlichen Sinne habe sie schon gleich gar nichts: „Das wäre etwas anderes, wenn ich bei Rot über die Ampel gefahren wäre“, ergänzt sie.

Wann sich die Äbtissin nun vor Gericht verantworten muss, ist derzeit unklar: „Der Verhandlungstermin ist nicht absehbar“, erklärte die Sprecherin des Amtsgerichts Bamberg, Richterin Monika Englich, auf Anfrage dieser Redaktion.

Gleichzeitig mit Mutter Mechthild werden die Bewegung Seebrücke mit ihrer Kampagne „Sichere Häfen“ und der Marburger Oberbürgermeister Dr. Thomas Spies für sein kommunalpolitisches Engagement zugunsten dieser Kampagne mit dem Göttinger Friedenspreis ausgezeichnet. Gemäß des Stiftungszieles bekommen sie die Ehrung für ihr Engagement für sichere Fluchtwege und eine gesicherte Aufnahme von Menschen, die versuchen, aus lebensbedrohlichen Gewaltsituationen über das Mittelmeer und andere Routen nach Deutschland und in andere europäische Staaten zu gelangen, um dort Aufnahme und Schutz zu finden.

Der Preis wird bereits zum 23. Mal vergeben und ist mit insgesamt 5000 Euro dotiert. Das Preisgeld geht zu gleichen Teilen an Mechthild Thürmer und die Bewegung Seebrücke, da OB Thomas Spies als Amtsträger kein Preisgeld entgegennehmen darf. Die öffentliche Verleihung ist für Samstag, 6. März 2021, im Deutschen Theater Göttingen geplant. Mutter Mechthild: „Ich reise nach Göttingen, wenn Corona dies erlaubt, ich weiß aber noch nicht, mit wem.“

Stifter des Göttinger Friedenspreises ist der 1997 verstorbene Göttinger Wissenschaftsjournalist Dr. Roland Röhl. Er hatte sich als Journalist vor allem mit Fragen der Sicherheitspolitik sowie der Konflikt- und Friedensforschung beschäftigt. In seinem Testament verfügte Röhl, dass sein Nachlass zur Bildung eines Stiftungsvermögens verwendet wird. Stadt und Universität Göttingen sind Mitglied im Kuratorium der Stiftung. Die Entscheidung über die Preisträger fällt eine unabhängige dreiköpfige Jury.

 
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