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Glosse: Warum Verstorbene gegen Corona geimpft werden müssen
Ein schon vor der Pandemie entschlummerter Zeiler erhält hartnäckig auch Jahre nach seiner Beerdigung noch Schreiben von verschiedenen Behörden.
Dass die Behörden im Haßbergkreis auch eine bereits verstorbene Person zur Corona-Impfung aufgefordert haben, darüber machen sich Lubber und Rosl lustig. (Symbolfoto)
Foto: Wolfgang Kumm, dpa | Dass die Behörden im Haßbergkreis auch eine bereits verstorbene Person zur Corona-Impfung aufgefordert haben, darüber machen sich Lubber und Rosl lustig. (Symbolfoto)
Wolfgang Sandler
 |  aktualisiert: 08.02.2024 14:20 Uhr

Rosl, hast scho vom Schneiders Hermann (den Namen hat der Lubber geändert, die Red.) ghört?"

"Ach, Lubber" – was hat mein Nachbar denn heute wieder ausgegraben –, "Du meinst doch nicht etwa den Hermann Schneider (Rosl hat den Namen natürlich auch geändert, die Red.), der in dem schönen Haus zwei Straßen weiter gewohnt hat?"

"Doch, genau den."

"Aber was willst Du denn mit dem Hermann? Der ist doch schon vor etlichen Jahren gestorben?"

"Des sagst Du so aafach. Vielleicht stimmt‘s aber gar net."

"Also Lubber, da gibt es doch keinen Zweifel. Ich war ja sogar auf der Beerdigung."

"Und trotzdem. Es könnert ja sei, dass er nur biologisch gschtorbn is – offiziell aber nuch net richtich."

"Wie bitteschön soll das denn gehen?"

"Naja, ich könnert mir vorstelln, dass mit dem Dadnschutz vielleicht die Behördn zwar zur Kenntnis nehma, dass aaner gschtorbn is, aber sie meldens net weiter – oder vielleicht nerbloß mit gschwärztm Namen. Damit sei Menschenwürde gschützt bleibt."

"Du willst mich doch auf den Arm nehmen?"

"Vielleicht aweng, aber net ganz. Also, der Schneiders Hermann is vor etlicha Jahr beerdicht wordn. Aber a poar Jahr nach seim Ablebn hat er mitn in der Pandemie plötzlich Post gekriegt vom Landratsamt."

"Ach?"

"Ja, da war drin gstanna, weil er ja scho sehr betagt sei – orginells Wort für verstorben –, wär’s wichtich, dass er sich gecher Corona impf lassert. Ich hab mer scho gedacht, vielleicht geht aa vo Verstorbena a Gefahr für die Allgemeinheit aus? Dann wär’s ja logisch, wemmer die ganzen Pandemieleichn noch amal impf lassert."

"Und die Pharmaindustrie würde sich auch freuen."

"Jedenfalls hat des die Behörde aa so gsehn, denn es hat net lang gedauert und der Hermann hat quasi a Mahnung gekriegt. Es wärert jetzt höchsta Eisenbahn mit der Impfung, weil er würd ja net jünger – im Jenseits? –, und die Pandemie wär nachwievor tödlich."

"Aber er war zu dem Zeitpunkt doch schon tot?"

"Naja, Du warst ja auf der Beerdigung. Jedenfalls ham die Nachkommen ernsthaft erwogn, den Hermann exhumiern und posthum impfn zu lassn. Aber der Anwalt hat abgeraten, der Staatsanwalt tät des net genehmich."

"Aber die Pandemie ist doch jetzt vorbei – auch ohne den Hermann geimpft zu haben. Wie kommst Du dann jetzt auf den?"

"Wechern Dadnschutz. Weil offensichtlich ham die Behördn, wo des Hinscheiden registriern, des Ableben net weitergemeld, damit dem Hermann sei unsterblichen Persönlichkeitsrechte im Grab – vielleicht war der bei der FDP? – net verletzt wern. Und deswecher kriegt der Hermann fleißig weiter Post."

"Wirklich?"

"Ja, aa vo der Stadt Zeil. Letzta Wochn hat na nämlich sogar der Bürchermaster Stadelmann mit an Glückwunschkärtla zum 97. Geburtstag gratliert. Die neua Besitzer vom Hermann sein Häusla ham aber nix gsacht. Die ham sich gedacht, die drei Jahr könna sa nuch abwartn. Dann kummt der Bürchermaster zum Hermann sein Hunnertsten vielleicht höchstpersönlich vorbei und bringt a Zeiler Bocksbeutela mit – oder zwaa…"

 
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