"Rosl, wääßt scho, wensd nein Bundestag wählst?"
"Ach, Lubber" - mein Lieblingsnachbar ist heute wieder einmal gar nicht neugierig -, "das werde ich Dir gerade auf die Nase binden. Auf jeden Fall demokratisch und nichts Radikales, so viel kann ich Dir versprechen."
"Also die neusten Umfragen sind ja scho aweng a Überraschung. Auf eemal liegn die Sozn vorn. Allerweil wär sogar a Linksbündnis aus rot-grün-rot mit an Kanzler Olaf möglich."
"Warten wir mal ab. Gewählt wird in drei Wochen. Da fließt noch viel Wasser den Main hinunter."
"Apropos gewählt - da bewegt mich a Frage. Ich meen des Problem is ja net neu. Aber mit dem Corona hat's auf eemal a ganz neua Dimension. Es hätt ja früher scho sei könn, dass mer am Abnd vor der Wahl vom Kerschbaam fliegt und sich es Bee bricht. Nachert wär mer ja während der Wahl im Krankenhaus und könnert net nein Wahllokal. Heutzutag brauxt kenn Baam, es langt scho wenndst in Karantäne musst. Nachert dürfst ja aa net in die Wahlkabine. Was mechstn dann? Wählen is doch erschte Bürgerpflicht. Außerdem brauchen die ja mei Stimme lebnsnotwendich, wenn ich mir die Umfragn angugg."
"Ja, ja, ich weiß schon, dass Deine schwarze Seele leidet. Aber da musst Du jetzt durch. Übrigens, sind solche Fragen wie die, die Dich beschäftigen, in unserem Lande geregelt. Wo kämen wir denn sonst hin? Wer kurzfristig verhindert ist, kann bis Freitag vor der Wahl abends um sechs noch Briefwahlunterlagen beantragen. Und bei plötzlicher Erkrankung, zum Beispiel wenn Dich das Coronavirus packt, worüber ich mir bei Dir keine Gedanken mache, weil Du ja brav Deine Impfungen bekommen hast, kannst Du sogar am Wahltag noch bis 15 Uhr einen Antrag auf Briefwahl stellen. Dann werden Dir die Unterlagen kurzfristig noch zugestellt."
"Ach, des geht tatsächlich nuch?"
"Ausfüllen musst Du sie selber. Aber an die Adresse, die auf dem Wahlbriefumschlag steht, kann eine Person Deines Vertrauens, also beispielsweise Deine Frau, oder ich, wenn sie Dich geärgert hat, den Stimmzettel abgeben. Aber nur dort, nicht zur Post und auch nicht im Wahllokal abgeben."
"Und nuch was. Die Inkontinenz geht ja allerweil nauf und nunner. Mussmer beim Wählen jetzt auf die drei G aufpassen oder net?"
"Also laut Bundeswahlleiter soll es bei der Bundestagswahl keinerlei Einschränkungen geben. Das heißt, Wähler müssen nicht zwangsläufig geimpft, genesen oder getestet sein. Eine Maske müssen sie dagegen schon tragen, schließlich wird ja nicht im Freien gewählt."
"Irchendwie is des aber trotzdem aweng komisch. Da machen sa überall so a Trara um 2G und 3G. Und nur noch Geimpfte dürfen in die Wirtschaften oder zum Tanzen. Und bei den wirklich wichtigen Sachen ziehn sa dann den Schwanz ei. Grad da wärs doch a Signal gewesen, wenn nerbloß Geimpfte und Genesene hätten wähln dürfen. Und so Joffern wie der Oiwonger hättn zugugg müss."
"Ach, Du meinst einen Wahlausschluss für Nüsser, wie Du Dich auszudrücken pflegst?"
"Genau. Wobei wenndsd alla aussortiern tätsd, wo aweng an Schattn ham, liegert des bestimmt weit über der Fünf-Prozent-Hürde..."