Rosl, hast scho ghört, mir kriegn a Landrätin.
"Ach, Lubber", was hat mein Lieblingsnachbar denn heute wieder für Neuigkeiten? "Wie kommst Du denn auf sowas? Wir haben doch gerade erst den Wilhelm Schneider als Landrat wiedergewählt. Wo soll da jetzt eine Frau herkommen?"
"Ja gut, net als Landrätin, aber als Stellvertreterin. Die Grüna ham gemeent, es wär jetzert langsam amal an der Zeit, dass der Landkreis net nerbloß vo Mannsbilder repräsentiert wird. So a Fraa hätt gleich a ganz annera Außenwirkung, hat der Kuhns Harald gsacht, des is der Sprecher vo denna Grüna."
"Da hat er zweifelsohne nicht Unrecht..."
"Also ich wääß net. Wenn jetzert nuch a Stellvertreter gewählt wird, nerbloß weil's a Fraa is, des is doch aa a Form vo Diskriminierung. Die muss sich doch nachert immer denk, ihr eenzicha Qualifikation is ihr Gschlecht."
Mütter des Grundgesetzes
"Ach, Lubber, so kann nur ein Herr der Schöpfung reden. Du hast doch keine Ahnung, wie steinig der Weg für uns Frauen war, bis wir solche ,Selbstverständlichkeiten' wie Wahlrecht und so weiter endlich bekommen haben. Als 1949 das deutsche Grundgesetz beschlossen wurde, gab es zwischen den 61 Männern auch vier Frauen - Frieda Nadig, Elisabeth Selbert, Helene Weber und Helene Wessel - , die dafür sorgten, dass der Artikel 3, Absatz 2 ins Grundgesetz kam: ,Männer und Frauen sind gleichberechtigt.' Was allerdings nicht bedeutete, dass das auch sofort so umgesetzt wurde. Bis 1976 konnten Männer beispielsweise über die Berufswahl der Frau entscheiden, da die Änderung des Grundgesetzes nicht im Bürgerlichen Gesetzbuch angepasst wurde. Inzwischen sind aber Frauen sogar Bundeskanzlerin oder Präsidentin der Europäischen Kommission. Also, es tut sich was in der zivilisierten Welt. Nur der Landkreis hinkt noch etwas hinterher."
"Aber unser Bundeswahlkreis is doch sogar durch drei Frauen in Berlin vertreten. Des hat sonst kenner."
"Ein Grund mehr, dass auch die Repräsentanz des Landkreises nicht an den Frauen vorbeigeht. Und dabei erkennen wir durchaus an, dass der Michael Ziegler und der Oskar Ebert gute Arbeit leisten. Deshalb soll ja eine Frau nicht statt der Männer, sondern zusätzlich zu den Männern gewählt werden."
Eine Linke als Landrätin?
"Aber ich bin ja gschpannt, wie sa des hiekriegen. Die zwää stärksten Fraktiona sin ja scho mit Stellvertreterposten beglückt, da kannst net nuch a Fraa dazu nämm, ohne dass des Gschrei losgeht. Also falln die Schwarzen und die Frein Wähler scho amal raus. Die Grüna woll aa net, net dass es aussieht, als ob sa für sich selber den Antrag gstellt ham. Die Sozn ham bloß ee Fraa, die zieht net so recht, wie ich ghört hab, und alle annern sin neu im Kreistag. Außer der Sabine Schmidt, aber ob sa a Linke als Landrätin akzeptiern?"
"Das stimmt. Die Frauen, die mir sofort einfallen würden für das Amt der Landratsstellvertreterin, sitzen alle in den großen Fraktionen. Vor allem bei den Freien Wählern sind ja mit Birgit Bayer und Gertrud Bühl sogar zwei ehemalige Bürgermeisterinnen, die könnte ich mir für den Job sehr gut vorstellen. Ansonsten bleibt den Kreisräten nichts anderes übrig, als eine Novizin ins Amt zu wählen. Die kann ja an ihrer Aufgabe wachsen."
"Vielleicht aane von der Jungen Liste, also ich meen - wecher der optischen Wirkung...?"
"Lubber, du bist und bleibst einfach unmöglich..."