Mit Musik zum Träumen, aber auch mit mitreißenden Klängen und aufwühlenden Rhythmen, gepaart mit der Geschichte des berühmten Jazzlabels „Blue Note Records“ aus New York, startete die Reihe „Jazz mal anders“ des Kulturamts am Sonntagabend in der Rathaushalle in die Saison 2019/2020. Das Publikum war begeistert von der Musik, die das Stammtrio mit Bernhard Pichl (Klavier), Rudi Engel (Kontrabass) und Florian Kettler (Schlagzeug) zusammen mit den Gästen Sebastian Strempel (Trompete) und Hubert Winter (Saxophon) darbot.
Ebenso faszinierend war es für die Zuhörer, in die Erfolgsgeschichte des Labels einzutauchen, das mit der Entwicklung des Jazz und der Umstellung von Schellackplatten auf das moderne Vinyl verbunden ist. Bernhard Pichl gelang es, die Informationen über den Gründer Alfred Lion, einem in die USA emigrierten deutschen Juden, und seines späteren Kompagnons, des ebenfalls deutschen, jüdischen Emigranten und Fotografen Francis Wolff, geschickt mit dem Programm des Abends zu verbinden. So präsentierte das Quintett mit „Summertime“ von George Gershwin den ersten Hit, den Blue Note Records in der Einspielung des Saxophonisten und Klarinettisten Sidney Bechet zu verzeichnen hatte. Ein Paradestück für Hubert Winter am Sopransaxophon, dessen fantasievolles und technisch versiertes Spiel den ganzen Abend lang faszinierte. Weiter ging es in der Geschichte des Labels, dessen Inhaber aufgrund ihrer Nachnamen oft als die „Animal connection“ bezeichnet wurden. Denn Lion und Wolff waren immer auf der Suche nach neuen Musikern und als der Bepop aufkam, machten sie Aufnahmen mit Bud Powell, dem Begründer des modernen Jazzklaviers. Ihm zu Ehren spielten die Jazzmusiker „Bouncing with Bud“. Durch den Talentscout Ike Quebec kamen auch Thelonious Monk und der Pianist und Komponist Horace Silver zum Blue Note Records. Von Horace Silver interpretierten die Musiker den „Senor Blues“ die Ballade „Peace“. Wie Bernhard Pichl erzählte, stellte das Label seine Produktion 1952 auf Vinyl um, wurde in den 1950er und 60er Jahren eines der renommiertesten Jazz-Labels und veröffentlichte eine große Zahl an einflussreichen, stilprägenden Jazzalben, größtenteils von sehr talentierten Musikern der damaligen Zeit. Immer nach dem Motto von Alfred Lion: „It must schwing!“
„Große Bedeutung hatte Blue Note Records auch deshalb, weil es fast ausschließlich afro-amerikanische Künstler engagierte und ihnen sehr viel Freiraum gab, weil es Wert auf Qualität bei den Aufnahmen legte, einen transparenten, lebensnahen Klang erzeugte, für den ,Blue Note Sound‘ berühmt wurde und weil es ganz besondere Plattencover – unter anderem von Andy Warhol – gestaltete“, so Pichl. Mit dem ursprünglichen „Pausensignal“, „Moanin‘“, von Bobby Timmons, das für die LP noch mit einem Mittelteil versehen und 1958 bei Blue Note Records von Art Blakey aufgenommen wurde, endete das erste Set.
Im zweiten kamen Kompositionen von Hank Mobley, einem der Zugpferde des Labels, von Herbie Hancock, Joe Henderson, Wayne Shorter und Chick Corea zu Gehör. Sie alle spielten eine Rolle in der Geschichte von Blue Note Records und in der Entwicklung des Jazz. Dabei bewiesen die Musiker des Stammtrios nicht nur ihre technischen und musikalischen Fähigkeiten im Zusammenspiel mit den Gästen, sondern auch ihre solistischen Begabungen. Glanzlichter setzten Hubert Winter und Sebastian Strempel mit ihrem technisch brillanten, improvisationsfreudigen, sensiblen und ausdrucksstarken Spiel. Das Publikum, das mit Zwischenapplaus nicht geizte und seine Begeisterung am Ende mit rhythmischem Klatschen ausdrückte, bekam als Zugabe den Soul-Jazzhit „Alligator Bogaloo“ von Lou Donaldson mit auf den swingenden und groovenden Nachhauseweg. (ger)
Das nächste Konzert der Reihe findet am Samstag, 16. November, um 20 Uhr in der Rathaushalle unter dem Titel „Brasilian Affairs“ statt. Als Gäste werden Sängerin Marcia Bittencourt und Gitarrist Michael Arlt erwartet.