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HAßFURT
Gericht: War keine Fahrerflucht
Aus dem Amtsgericht Haßfurt von Manfred Wagner
 |  aktualisiert: 15.12.2020 15:13 Uhr

Die Einlassung des beschuldigten Lkw-Fahrers (62) konnte nicht widerlegt werden: Beim Wegfahren mit seinem 40-Tonner hatte er einen neben ihm parkenden Sattelzug gestreift und – da er dies nicht bemerkte – war weitergefahren. Den hohen Sachschaden von rund 27 000 Euro, der bei dem angefahrenen Fahrzeug entstand, übernahm die Vollkaskoversicherung. Nach der Beweisaufnahme und nachdem verschiedene Zeugen gehört worden waren, kassierte das Hohe Gericht den vom Staatsanwalt verschickten Strafbefehl über 2400 Euro und eine zwölfmonatige Führerscheinsperre und stellte das Verfahren wegen angeblicher Fahrerflucht ohne Auflagen ein.

Das Arbeitsverhältnis des Angeklagten mit der Speditionsfirma im nördlichen Bereich der Haßberge war schon gekündigt, als am 11. April dieses Jahres kurz nach Mitternacht das Malheur passierte. Der in Südthüringen beheimatete Mann erhielt an diesem Tag einen nagelneuen Sattelschlepper zugeteilt, den er zum ersten Mal steuern sollte. Auf dem Betriebsgelände parkten mehrere dicke Brummis dicht nebeneinander. Offensichtlich schätzte der Fahrer die Ausmaße des Anhängers falsch ein, denn er bog zu früh ein und erwischte dadurch den anderen Lkw gerade noch am Führerhaus.

Sowohl der Firmenchef als auch der ermittelnde Polizeibeamte aus Ebern wurden im Zeugenstand ausführlich dazu befragt, wo sich der Unfall genau abspielte. Das ist juristisch insofern von zentraler Bedeutung, als es auf einem Firmengelände, wo es normalerweise keinen öffentlichen Verkehr gibt, kein Delikt der Unfallflucht geben kann. Anders verhält es sich bei Privatgrund, wo es ein ständiges Verkehrsgeschehen gibt: Im Umfeld einer Tankstelle etwa oder auf dem großen Parkplatz eines Supermarktes muss man im Falle eines Falles anhalten und seine Personalien offenlegen.

Denn Sinn und Zweck dieses Paragraphen besteht darin, einen Unfallverursacher dingfest zu machen, um etwaige zivilrechtliche Ansprüche wie Schadensersatz geltend machen zu können. Bei dem Parkgelände verhält es sich so, dass im vorderen Bereich tagsüber immer wieder mal Friedhofsbesucher parken, während im hinteren Teil, wo die Firmenfahrzeuge stehen, eigentlich kein öffentlicher Verkehr herrscht. Von daher war für die Juristen fraglich, ob die entsprechende Strafvorschrift überhaupt greift.

Zudem war die Strafanzeige des Spediteurs, also des damaligen Arbeitgebers des Beschuldigten, zu einem Zeitpunkt erfolgt, als sich die beiden Parteien bereits in einem Rechtsstreit über das beendete Arbeitsverhältnis befanden. Da der hohe Sachschaden von der Versicherung übernommen worden war, gibt es keine offenen Ansprüche mehr. Mit Zustimmung des Staatsanwalts Peter Bauer und der Rechtsanwältin Petra Opitz wurde das Verfahren eingestellt, womit der Strafbefehl hinfällig ist. Die Staatskasse übernimmt sowohl die Gerichtskosten als auch die Auslagen des Angeklagten für seine Verteidigung. Sichtlich erfreut nahm der Mann von Amtsrichterin Ilona Conver noch im Gerichtssaal seinen Führerschein entgegen.

 
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