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FRIESENHAUSEN
Gemeinsames Gemüse: Frisch vom Acker in den Topf
Gemeinsames Gemüse Im Verein „Besser gemeinsam leben“ bewirtschaften Frauen und Männer in Friesenhausen gemeinsam ein Feld. Die Ernte an Salat und Gemüse versorgt die Beteiligten so reichlich, dass sie mit dem Verarbeiten kaum hinterherkommen. Mitstreiter sind willkommen.
Ob der Kohl mit gutem Zuspruch besser wächst? Einen Versuch ist es wohl wert.
| Ob der Kohl mit gutem Zuspruch besser wächst? Einen Versuch ist es wohl wert.
Gudrun Klopf
 |  aktualisiert: 27.04.2023 07:11 Uhr

Rot leuchten die Tomaten an üppig behangenen Pflanzen. Wie zum Appell angetreten, stehen dicke Lauchstangen in Reih und Glied. Ansehnliche Salatköpfe laden zum Verzehr ein. Und auch die wuchernden Ranken der Stangenbohnen versprechen in diesem Jahr reichliche Ernte. Nur die diversen Kohlarten schwächeln im Vergleich zum anderen Gemüse etwas.

Mit stolzen Blicken inspizieren die dafür verantwortlichen Gärtner die langen Gemüsereihen. Solch einen Ertrag hatte keiner der am „Gemüseprojekt“ des Vereins „Besser gemeinsam leben“ beteiligten Frauen und Männer erwartet.

Die Idee wurde in der Lichtstube in Friesenhausen, einem wöchentlichen gemütlichen Treff während der Wintermonate, geboren. Ob man nicht einmal gemeinsam ein großes Gemüsebeet anbauen und pflegen wolle, schlug Heidi Kettler vor. Ihr Vorschlag fiel in dem Aidhäuser Ortsteil auf fruchtbaren Boden.

Begeisterte Mitstreiter waren rasch gefunden; auch Heidi Kettlers Ehemann Gerhard und Sohn Jonas mit Lebensgefährtin Isabella Hellfeier sind mit von der Partie. Die Kettlers stellten auch das Feld am Ortsrand von Friesenhausen für den Gemüseanbau bereitwillig zur Verfügung.

„Auf diesem Acker wurde seit sechs Jahren nicht mehr gespritzt“, berichtet Jonas Kettler, der gerade seinen landwirtschaftlichen Betrieb auf biologisch-dynamische Bewirtschaftung nach den Richtlinien von Demeter umstellt.

Bei gemeinsamen Besprechungen kam eine lange Liste von Lieblingsgemüsen der künftigen Hobbygärtner zusammen. „Wir haben einfach ins Blaue hinein losgelegt“, sagt Vereinsvorsitzender Christian Wittmann. „Heuer ist ein Ausprobierjahr – dann sehen wir weiter.“

Als das ökologische Saatgut Anfang des Jahres eingetroffen war, ging es ans Vorziehen der Pflanzen. 96 Tomatenstöcke, 65 Paprikapflanzen, über 40 Zucchini- und Kürbispflanzen, 200-mal Lauch und vieles mehr – da grünte es in manchen Wohnräumen, schon bevor der Frühling draußen in der Natur Einzug hielt.

Etwa 35 verschiedene Gemüse- und Salatarten haben als junge Pflänzchen oder als Samen ihren Weg in die langen Reihen auf dem gemeinsam bewirtschafteten Feld gefunden. „Alles per Hand gesteckt und gelegt“, erinnert sich Christa Lampert an die Mühen des Anfangs. „Mein Lieblingsstück ist allerdings der Blühstreifen.“

Dort summt und brummt in diesen Tagen eine erstaunliche Vielfalt an Insekten. Doch nicht nur die laben sich an der bunten Blumenwiese. „Da sind ganz viele essbare Pflanzen und Gewürze darunter, wie Koriander oder Dill“, schwärmt Christa Lampert. Mit dem strahlenden Gelb der Sonnenblumen konkurriert der farbenprächtige gelbe, grüne und rote Mangold. Unter der Erde treiben es die orangenen Karotten und die tiefroten Roten Beete bunt.

Neben der Fläche von 1200 Quadratmetern mit Gemüse, wachsen auf 1600 Quadratmetern Kartoffeln. Die frühen Sorten unter diesen landeten bereits im Kochtopf. „Ganz wunderbare Exemplare mit herrlichem Geschmack“, loben die Gärtner die Knollen.

Damit alles so gut gedeihen konnte, brauchte es natürlich viel Wasser. „Hitzemäßig haben wir im schlimmsten Jahr angefangen“, fasst Jonas Kettler die Erfahrungen zusammen. Mit dem Fass liefert er das Wasser, das anfangs noch mit der Gießkanne ausgebracht wurde. Auf Dauer war das auf diese Art und Weise nicht zu schaffen. Deshalb kaufte der Verein schließlich eine Pumpe und verlegte in jeder Reihe lange haltbare Tropfschläuche.

Unkraut jäten, Boden lockern, Tomatenstöcke anbinden – jeder arbeitet an dem großen Gemüsebeet, wie er kann. „Wenn ich etwa zwei Stunden auf dem Feld Tomaten ausgeize, dann ist das für mich keine Arbeit, sondern fast wie Meditation“, sagt Christian Wittmann.

Auch Pfarrerin Melanie von Truchseß ist mit ihrem Mann Ferdinand samt ihren fünf Kindern am Feld zugange. „Dass wir als Familie dabei sein können, ist doppelt schön: Wir haben jetzt immer saisonal frisches Gemüse und es kann jeder von uns mitmachen. Säen, pflanzen, Kartoffelkäfer ablesen und ernten – besonders für die Kinder eine ursprüngliche, wichtige und schöne Erfahrung.“

Inzwischen ist die Ernte auf dem Feld in vollem Gange. Um einen Überblick zu bekommen und für die kommenden Jahre besser planen zu können, schreibt jeder auf, was er sich genommen hat. Andreas Meub führt fein säuberlich Buch über jedes gesetzte Pflänzchen und über den Ertrag.

Längst können die Hobbygärtner nicht mehr alles essen, was das Feld abwirft. „Wir sind vollkommen überrascht über die Massen an Gemüse“, stellen sie fest. Der Geschmack: „Fantastisch, unvergleichlich“, schwärmen alle unisono.

Mit Feuereifer und jeder Menge Kreativität kochen sie das Geerntete nun gemeinsam ein beziehungsweise frieren es ein. Schon füllen sich die Kellerregale mit Gläsern randvoll mit Tomatensugo, Bohnenrelish, verschiedenen Ketchups, Chutneys und Suppen.

„Beim Schnippeln herrscht immer eine Mordsgaudi“, freut sich Andreas Meub über die gemeinsamen Aktivitäten. Durch den gemeinsamen Garten habe man viel mehr Kontakt zueinander im Dorf und wachse enger zusammen, sagt Isabelle Hellfeier. Die Wirtschaftsingenieurin studierte in Weihenstephan Agrarmarketing und Management und denkt bereits über eine künftige Vermarktung nach.

Vorerst aber freuen sich alle am leckeren Bio-Gemüse. Sich das ganze Jahr hindurch zumindest ein Stück weit selbst versorgen zu können, „ohne in Plastik verpacktes Gemüse kaufen zu müssen – dieser ökologische Gedanke ist mir besonders wichtig“, sagt Jonas Kettler. „Und alles frisch vom Acker in den Topf, ohne ein Auto zu brauchen“, fügt Christa Lampert hinzu. Für sie sei das Projekt eine gute Möglichkeit, ökologisches Denken in Handeln umzusetzen.

Das Gemüseprojekt ist für alle offen. Wer mitmachen möchte, kann sich über die Internetseite des Vereins informieren unter www.besser-gemeinsam-leben.de oder sich per E-Mail melden, oder bei Jonas Kettler unter Tel. (0 176) 6 38 69 49.

Wer sich selbst vom guten Geschmack des Gemüses überzeugen möchte, kann dies am Sonntag, 23. September, in Friesenhausen. Von 11 bis 18 Uhr öffnet Andreas Meub den historischen Dorfladen. In der Scheune wird der Verein „Besser gemeinsam leben“ seine Erzeugnisse anbieten.

 
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