Die Windkraft und eine Beteiligung an der Bürgerenergiegenossenschaft „Sailershäuser Wald“ war das beherrschende Thema der Stettfelder Gemeinderatssitzung. Siegmund Kerker war eigens nach Stettfeld gekommen, um für das Projekt zu werben. Aufgrund der unklaren Zahlenlage erteilte ihm der Gemeinderat eine vorläufige Absage.
Kerker nutzte die Möglichkeit, um den Stettfelder Räten das Konzept des Bürgerwindparks vorzustellen. 75 Prozent der Investitionssumme von 45 Millionen Euro werden über Fremdkapital finanziert, die übrigen zwölf Millionen sollen aus Eigenmitteln bereitgestellt werden. Hier sind die Einlagen des Landkreises (eine Million), der Städtischen Betriebe Haßfurt (1,5 Millionen), der ÜZ Lülsfeld, der Planet Energie GmbH (einer Greenpeace Tochter) aus Hamburg (je drei Millionen) gesichert. Hinzu kommt noch die Einlage der Bürgerenergiegenossenschaft und die Beteiligungen der Städte und Gemeinden des Landkreises. Diese sah Kerker auf einem guten Weg: „Das ist ein guter Stand. Ich hätte nicht gedacht, dass wir zu dem Zeitpunkt so viel haben.“
Die Grundidee hinter dem Windpark sei vor allem auch, die Wertschöpfung im Landkreis zu halten, betonte Kerker. Das Argument, dass die Vergabe der Bauarbeiten an eine Firma aus dem Raum Münster dem entgegen spreche, wollte er nicht gelten lassen. „Als das Wort geprägt wurde, ging es eher um die Erträge“, an den Bau habe dabei niemand gedacht, gab er zu. „Wenn die beiden Geschäftsführer bereits einmal fähig waren, die Wertschöpfung nach außen zu tragen, was lässt uns glauben, dass es in Zukunft nicht wieder genauso passiert?“, wollte Nicole Meyer wissen. Man habe Wert darauf gelegt, eine kommunale Firma mit kommunalen Betrieben zu schaffen, die die Mehrheit der Gesellschaft hält, erklärte Kerker.
Die Wirtschaftlichkeitsberechnung, die Kerker im Anschluss vorstellte, warf bei den Räten einige Fragen auf. „Die Windgeschwindigkeit wurde mit 5,9 Metern pro Sekunde gemessen. Das ist ein erträglicher Wert“, berichtete Kerker. Man gehe deshalb von einer Leistung der Anlage in Höhe von rund 55 Millionen Kilowattstunden aus. Als Einlagenverzinsung rechnet die Bürgerenergiegenossenschaft mit einer Eigenkapitalrendite von 4,5 Prozent. „Das klingt zwar bei den aktuellen Kapitalmarktzinsen gut, der Gemeinde bringt es aus kaufmännischer Sicht aber gar nichts und sie geht dabei ein wirtschaftliches Totalrisiko ein“, betonte Bürgermeister Hartlieb. Vielmehr stünde der psychologische Aspekt, etwas für die Energiewende zu tun, im Vordergrund.
Gerald Simon, sprach sich dafür aus, den Verantwortlichen Vertrauen zu schenken. „Ich finde es super, dass es sich um eine kommunale Sache handelt. Und Aspekte wie Rentabilität oder Beteiligung sind eigentlich nachrangige Dinge. Warum soll man das nicht machen, wenn es sich einigermaßen rechnet?“ Auch Johann Müller vertrat diesen Standpunkt. „Ob die Anlage jetzt das Nonplusultra ist, weiß ich nicht, das wird sich weisen. Aber sie bietet uns die Möglichkeit jetzt vor Ort einen großen Ertrag an Strom zu produzieren.“ Gerade hinsichtlich des steigenden Energiebedarfs sei dies ein wichtiger Schritt.
Walfried Spath war die Zahlenlage deutlich zu dünn. „Wenn ich Erträge habe, muss ich ja auch damit umgehen. Wann wird etwas ausbezahlt? Wie werden die Darlehen zurückbezahlt? Wie sind die Sicherheiten?“ Seine Nachfrage nach einem Fünf- oder Zehnjahresplan musste Kerker verneinen. „Unser Geschäftsführer von der BNG ist gerade dabei, die zu machen. Das sind Zahlen, die interessieren sonst niemanden.“ Auch Helmut Schöpplein war die Zahlenlage zu unsicher. „Im Juni haben wir uns über Photovoltaik auf der Kläranlage unterhalten und abgelehnt. Das wäre sinnvoller gewesen als die wackligen Zahlen. Da wäre für jeden Bürger was dabei rausgesprungen“, sagte er.
Doris Simon sah die Investitionssumme als Hürde. „Eine Beteiligung von 50 000 Euro ist mir persönlich zu viel“, erklärte sie. Schließlich müsse man dann andere Projekte zurückstellen. So sei zum Beispiel das Problem mit dem Kanal schon ewig bekannt. „Wenn dann da was passiert und den Leuten die Kacke ins Haus läuft, heißt es: Da schaut ihr, dass ihr 50 000 Euro rein pumpt und bei uns ist es dann so!“. Wichtig war allen Räten aber auch klarzustellen, dass es nicht um eine generelle Verweigerungshaltung ging. Vielmehr sah sich die Mehrheit mit dem vorliegenden Zahlenmaterial nicht ausreichend informiert, um eine Entscheidung zu treffen. Walfried Spath brachte es auf den Punkt: „Für mich hieße das die Katze im Sack zu kaufen und das ist nicht in Ordnung, schließlich geht es um das Geld der Bürger.“
Johann Müller stellte den Antrag, sich mit 50.000 Euro zu beteiligen. Dieser wurde mit 10 zu 3 Stimmen abgelehnt. Stattdessen entschied sich der Rat einstimmig, weitere Zahlen einzufordern und diese in einem Gespräch mit Siegmund Kerker, dem Bürgermeister und je einem Vertreter der Fraktionen zu klären. In der Dezembersitzung werde dann erneut über das Thema abgestimmt und eine endgültige Entscheidung getroffen.
Robert Pfab hatte den Antrag gestellt, den Teil eines Grundstücks am „Hinteren Graben“ als Holzplatz von der Gemeinde zu pachten. Das Grundstück wird derzeit von Christian Wilhelm genutzt und gepflegt. Dies geht auf eine Vereinbarung zurück, die noch unter dem damaligen Bürgermeister Hermann Schlund getroffen worden war. Der Gemeinderat beschloss deshalb einstimmig, einen Pachtsatz von 20 Euro im Jahr festzulegen und Wilhelm wegen der Länge der Nutzung ein Vorpachtrecht zu gewähren. Ebenfalls den „Hinteren Graben“ betraf der Vorschlag, auf Teilen des Wegs eine Asphaltdecke von vier bis sechs Zentimetern aufzutragen. Eine ältere Planung war dabei von Kosten zwischen 9000 und 10 000 Euro ausgegangen.
Alfons Hartlieb machte den Vorschlag, die Gemeinde solle die Hälfte der zu erwartenden Kosten tragen, die fünf betroffenen Anlieger die andere Hälfte. Hartlieb stellte ebenfalls klar, dass, sollte es nicht zu einer Einigung mit den Anliegern kommen, das Projekt gestorben sei. „Dann wird da gar nichts mehr gemacht!“ Auch müssten sich alle fünf Anlieger daran beteiligen. „In welcher Form, das sollen sie untereinander ausmachen.“ Johann Müller äußerte Unverständnis, warum die Gemeinde sich hier so hoch beteiligen sollte. „Normalerweise sind 90 Prozent Eigenanteil und zehn Prozent werden von der Gemeinde getragen.“ Schließlich hätten die Anwohner dort auch keinerlei Erschließungskosten gezahlt. Dem Antrag wurde mit 9 zu 4 Stimmen zugestimmt.
Kurz notiert
• Doris Simon und Gerald Simon erhielten für 18 jährige Gemeinderatstätigkeit eine Ehrungsurkunde des Innenministeriums. Günther Fösel wurde für seine 24 jährige Tätigkeit geehrt.
• Die Gemeinde war von der überörtlichen Rechnungsprüfung gerügt worden, da im Abwasserbereich eine Unterdeckung vorlag. Aus diesem Grund kündigte Hartlieb an, dass sich die Räte über eine Abwassergrundgebühr pro Einleiter Gedanken machen sollten. Gleiches gelte für die Anhebung der Hebesätze für Gewerbe- und Grundsteuer. „Die Hebesätze sind seit Jahrzehnten unverändert und wir müssen schauen, dass wir eine freie Finanzspanne haben.“
• Für die Holzwurmbehandlung in der Stettfelder Pfarrkirche war eine zweite Behandlung des Turms notwendig geworden. Aus diesem Grund hatte sich der Rechnungsbetrag auf 32 230 Euro erhöht. Damit erhöht sich auch der von der Gemeinde beschlossene Zuschuss von zehn Prozent. „Die Mehrkosten werden wir natürlich übernehmen“, berichtete Hartlieb. Doris Simon bat darum, den Pfarrer darauf hinzuweisen, dass das Geld, das von der Gemeinde kommt, von allen Bürger Stettfelds bezahlt wird. „Dann sollte bei Beerdigungen von evangelischen Bürgern die Möglichkeit bestehen, dass sich die Angehörigen in die Kirche setzen.“ Es sei heuer schon zweimal vorgekommen, dass dies nicht der Fall gewesen sei. Der Bürgermeister versprach dies beim Pfarrer anzusprechen.
• Nicole Meyer bat den Bürgermeister darum, Bürger anzusprechen, Plätze für eine dezentrale Flüchtlingsunterbringung bereitzustellen. „Vielleicht wäre es möglich, Leerstände zu nutzen.“ Auch die Nutzung von Fremdenzimmern für alleinreisende Frauen oder die Aufnahme von unbegleiteten Kindern und Jugendlichen in Familien könne man ansprechen. Hartlieb rief seine Kollegen zur Mithilfe auf: „Da bin ich gerne dabei. Aber wir sind alle gefordert. Ich mache das nicht allein.“