
Wer ein großes Ziel hat, schießt oft über selbiges hinaus, um für sein Anliegen zu werben. Protagonisten sind oft Fanatiker, was zur Folge hat, dass sie nicht besonders sympathisch rüberkommen. Das gilt auch für den Atomausstieg.
Es geht aber auch anders. Das Stadtwerk Haßfurt bastelt und bastelt an der Energiewende, und man möchte sagen: Es tut dies in aller Seelenruhe. Vielleicht nach dem Motto: In der Ruhe liegt die Kraft. Kraft hat der kleine Haßfurter Versorger in jedem Fall, er gehört bundesweit in Sachen regenerative Energien zu den ganz Großen. „Stadtwerk der Zukunft“, „Vorreiter der Energiewende“, „Energie-Kommune des Monats“, die Liste der Auszeichnungen ist lang.
Wer mit Norbert Zösch spricht, ist überrascht, dass der Stadtwerkchef immer sachlich und nüchtern bleibt, ob es sich nun um die intelligenten Stromzähler für seine Kunden oder die ultramoderne Power-to-Gas-Anlage im Hafen handelt. Freude am Experimentieren und Begeisterung für das Machbare ja, von Besessenheit keine Spur. Ganz deutscher Ingenieur, möchte man sagen. Das gilt auch für Markus Eichhorn, von Seiten des Stadtwerks verantwortlicher Projektingenieur für das bundesweit erste Wasserstoff-Blockheizkraftwerk im Realbetrieb, das im Herbst neben der Power-to-Gas-Anlage anlaufen soll. Eichhorn sieht aus wie einer, der die Ärmel hochkrempelt und viel eher „Packen wir's an“ sagt als groß zu philosophieren. Aber täuschen darf man sich nicht: Das Stadtwerk ist vernetzt mit Hochschulen und arbeitet aufs Engste mit Wissenschaftlern und Forschern zusammen.
Natürlich haben auch Zösch und seine Mitstreiter mit Kritikern zu tun. Mit Zeitgenossen, die der Windkraft jeden Nutzen absprechen, die die Power-to-Gas-Technologie als lächerlich abtun oder überzeugt sind, dass Fotovoltaik in unseren Breiten niemals einen entscheidenden Beitrag zur Netzstabilität leisten wird. Norbert Zösch könnte da vermutlich weit ausholen und große Energiewende-Visionen aufzeigen. Aber das tut er nicht: Er bleibt stets sachlich und nüchtern auf der Ebene seines Wirkungsbereiches: Seht her, bei uns geht es. Und was wir schaffen, können andere nachmachen. Nicht die großen Ideologien schaffen Vertrauen in die Energiewende, sondern die gelebte, für den Bürger greifbare Realität.