
Manfred Schmitt war als Biobauer in den 80er Jahren ein Pionier, heute ist sein Kuhstall schräg gegenüber der Wallfahrtskirche Maria Limbach ein Vorzeigebetrieb, der zum Bioregio-Betriebsnetz gehört. „Bioregio 2020“, das ist die Strategie, mit der Landwirtschaftsminister Helmut Brunners ehrgeiziges Ziel umgesetzt werden soll, die Erzeugung bayerischer Ökoprodukte bis 2020 zu verdoppeln, um weniger auf importierte Öko-Produkte angewiesen zu sein.
Um das Programm vorzustellen, trafen sich am Dienstag auf dem Hof Schmitt der Leiter des Amtes für Landwirtschaft, Herbert Lang, der Leiter des Fachzentrums Ökologischer Landbau vom Landwirtschaftamt Bamberg, Bernhard Schwab, vom Bauernverband Kreisobmann Klaus Merkel und Imelda Hetterich sowie Melanie Wild von der Landesanstalt, die das Programm koordiniert, zu einem Pressegespräch.
Manfred Schmitt ist quasi die wandelnde Geschichte der ökologischen Landwirtschaft und wenn er erzählt, merkt man, dass er Landwirt ist mit Leib und Seele, mit einem engen Bezug zu seinen Tieren, fernab jeder ideologischen Verblendung. Ökologie, Ökonomie, die Belange der Familie, das alles muss für ihn zusammenspielen. Nicht immer ging alles wie geplant, doch wirklich hadern will Manfred Schmitt nicht einmal mit der Bürokratie, „die uns das Leben aber wirklich schwer macht“.
75 Hektar Land bewirtschaftet Manfred Schmitt, 30 Kühe tummeln sich auf der Weide und im Laufstall. In den 70er Jahren absolvierte er eine klassische Landwirtschaftsausbildung, auf der Meisterfortbildung kam er dann erstmals mit dem Thema biologische Landwirtschaft in Berührung. Weit und breit gab es damals einen Beispielsbetrieb, auf dem man sich hätte informieren können. Zudem gab es damals ausschließlich Demeter, „aber der Zugang zur Anthroposophie ist mir dann doch schwer gefallen“, erklärt er im Gespräch. 1978 wurde Bioland gegründet, der Bio-Verband, dem er heute angehört. 1982 lernte er seine Frau Luitgard kennen, 1984 übernahmen sie den Hof, auf dem Manfred Schmitt schon seit einigen Jahren auf geringer Fläche mit ökologischem Landbau experimentierte. „Mit wechselndem Erfolg, natürlich gab es wesentlich mehr Handarbeit.“
1985 entschloss er sich dann doch zur Umstellung, schloss sich der Bamberger Bioland-Gruppe an. Hier gab es im Kollegenkreis Information und Unterstützung. Auch wegen dieser Erfahrungen stellte sich Manfred Schmitt gerne als Bioregio-Betrieb zur Verfügung, übernahm die Aufgabe, in Bauer-zu-Bauer-Gesprächen umstellungswillige Kollegen zu beraten. „Die meisten Umstellungen finden am Stammtisch statt, wir Wissenschaftler finden weit weniger Gehör als ein erfahrener Landwirtschaftsmeister“, da macht sich Dr. Melanie Wild keine Illusionen. Deshalb ist das flächendeckende Netz an Beispielbetrieben der unterschiedlichsten Ausrichtungen so wichtig für das Gelingen des Bioregio 2020-Programms. Auf diese Betriebe kommen auch die Landwirtschaftsschulen zu, denn Ökolandbau hat jetzt auch verbindlich Eingang in die Ausbildung gefunden.
Etwas wehmütig blickt Manfred Schmitt auf die Anfangsjahre zurück, auf die Zeit des politischen Umbruchs, in der die Biobauern viel Schulterklopfen erhielten – sich aber ihren Markt auch selbst schaffen mussten. Jeder Biobauer war damals auch gleichzeitig Selbstvermarkter. Da traf es sich bestens, dass sich Luitgard Schmitt von der Käserei faszinieren ließ. „Plötzlich war sie drei Tage bei einer Bäuerin in Oberbayern“, erinnert sich Manfred Schmitt. Zurück kam sie mit dem Entschluss: „Wir machen aus der Waschküche eine Hofkäserei.“ Fortan gab es in Limbach, wo bald auch ein Hofladen eingerichtet war, nicht mehr nur den typisch fränkischen „Ziebeleskäs“ und Kochkäse, sondern auch einen in einem Felsenkeller gereiften Schnittkäse und einen Rohmilchcamembert, für den die Kunden lange Wege in Kauf nahmen. Über 80 Prozent der produzierten Milch verarbeiteten und vermarkteten die Schmitts damals selbst, mehrmals die Woche ging es auf die Märkte der Umgebung. „Die Molkerei Ehinger in Trossenfurt gab sich auch mit kleinen Liefermengen zufrieden – aber wir hatten über die Molkerei trotzdem unsere Untersuchungen“, blickt Manfred Schmitt zurück. Nicht nur die immer umfangreicheren Untersuchungen, sondern bürokratische Anforderungen machten die Arbeit immer komplizierter. „Als Selbstvermarkter bis du ja alles: Landwirt, Gewerbetreibender, als Käserei wurde man plötzlich als Molkerei eingestuft und weil wir keine Plastikdöschen verkaufen wollten, sondern in Pfandgläser abgefüllt haben, waren wir auch noch Abpackbetrieb.“ Und jeder Beamte will Dokumentationen, Formulare, Berichte und Belege. Als sich später Nachwuchs bei den Schmitts einstellte, ein Pflegefall in der Familie betreut werden musste und Ehefrau Luitgards Gesundheit angeschlagen war, stellten die Schmitts die Selbstvermarktung ein.
Für die Käseliebhaber war das ein herber Verlust, für Manfred Schmitt aber auch die Gelegenheit, wieder mehr Landwirt sein zu können. Er widmete sich intensiver seinen Kühen, und wer seinen offenen Laufstall betritt, ihn erzählen hört, der merkt, dass hier ein Mann seine Profession gefunden hat. Alle Kühe in Schmitts Herde haben Hörner. Auch wenn die Berufsgenossenschaft das nicht gerne sieht: Weder er selbst noch die Kühe würden sich ernsthaft verletzen – auch weil es im ausgelagerten Stall der Schmitts nicht an Platz mangelt. Hätte er sich damals nicht entschlossen, den Stall außerhalb des Dorfes zu bauen, wäre ihm heute ökologische Landwirtschaft gar nicht mehr möglich, weil mittlerweile der Anbindestall nicht mehr zulässig ist. Dazu noch in der Zucht eine Selektion in Richtung Friedfertigkeit und auch behornte Kühe sind nicht gefährlich. Gelegentlich kommt es zu Rangkämpfen, wozu aber nie die Hörner eingesetzt werden, berichtete Manfred Schmitt.
Seine Milch liefert er heute an die Molkerei Coburg, die Biomilch abnimmt. Dank dieser Entwicklung auch bei den Molkereien und dem Einzug der Ökoprodukte in die Supermärkte muss heute eben nicht mehr jeder Ökolandwirt auch Selbstvermarkter sein, was die Umstellung manchem leichter macht.
Im abschließenden Gespräch der Fachleute wurde deutlich, dass das Ziel von Minister Brunner ehrgeizig, aber erreichbar ist. Im Landkreis Haßberge gibt es derzeit 60 Ökobauern, in ganz Unterfranken 510. Klaus Merkel als Bauernobmann unterstützt das Bioregio-Konzept gern, schließlich dürfe es keinen Keil zwischen Biobauern und konventionell wirtschaftenden Kollegen geben.
Alle Landwirte wünschen sich aufgeklärtere Verbraucher, die genau hinschauen und überlegen, ob sie den Apfel aus Franken oder die Biokirschen aus Venezuela kaufen.


