Die historische Königsberger Bürgerwehr ist die Seele des Königsberger Traditionsbewusstseins. Über Vereinsgrenzen hinweg ist sie der kleinste gemeinsame Nenner der Königsberger Bürgerschaft, indem sie das städtische Selbstverständnis der ehemaligen Exklave des Herzogtums Sachsen-Coburg und -Gotha in sich trägt. Bürger, die im Kommando an dieser Tradition teilhaben, nehmen nicht nur ein Privileg wahr, sondern sie verpflichten sich dem Erhalt des Brauchs im Besonderen.
Der festliche Auszug der Bürgerwehr am Dienstag nach Pfingsten stellt in jedem Jahr einen feierlichen Höhepunkt für die Bürger Königsbergs und Gäste dar. Um sich auf diesen unter den kritischen Augen vieler Beobachter stattfindenden Ausmarsch vorzubereiten, wird alljährlich am Himmelfahrtstag ein Probeauszug durchgeführt, währenddessen auch neue Ämter in den Reihen des Kommandos durch Wahl vergeben werden.
Eine neue Position musste heuer neu besetzt werden, nachdem Tambour Heinz-Dieter Schmidt im vergangenen Jahr aus gesundheitlichen Gründen aus dem Kommando ausgeschieden war. Johannes Barfuß wurde als sein Nachfolger von der Wehrmannschaft ohne Gegenstimmen akzeptiert.
Der Wahl vorangegangen war eine Dreiviertelstunde Exerzieren auf dem „Bleichdamm“ vor den Toren der Königsberger Altstadt. Geübt wurde nicht nur der Vorbeimarsch am Hauptmann im Stechschritt, sondern auch Drehungen, Wendungen, Gewehrgriffe und alles, was zum guten Gelingen des Aufmarsches am Pfingstdienstag gehört. 88 Männer nahmen am Probeauszug teil, wobei das Regiment diesmal, wegen Erkrankung des Oberleutnants, in drei statt in vier Kompanien aufgeteilt werden musste, was reibungslos gelang.
Abgesehen von ein wenig Übereifer – manches Kommando wurde schon ausgeführt, bevor es überhaupt gegeben war, hatte Hauptmann Barfuß nichts zu bemängeln bei Drehungen, Wendungen und Gewehrgriffen und attestierte „ansonsten beste Leistung“. Bezüglich des Marschierens war der Hauptmann voll des Lobes mit der 1. Kompanie: „Das war ganz hervorragend, erste Sahne.“ Auch mit der 2. Kompanie zeigte er sich zufrieden: „Sie konnte die Anfangsbeschleunigung wieder einfangen!“ Zur 3. Kompanie meinte er schmunzelnd: „Ich weise doch darauf hin, dass der Leutnant beim Marschieren nicht zu überholen ist.“ Sehr zufrieden war er mit den Parademärschen in der Regimentskolonne: „Sie können alle stolz auf diese Leistung sein“. Die Bürgerwehr nutzte den Probeauszug auch, um die Siegerpreise zu übergeben, die Mitglieder der Bürgerwehr bei einem Landesvergleichsschießen des Bundes Historischer Bürger- und Landwehren in Bayern in Bad Staffelstein-Ützing bei den Vorderladerschützen erringen konnte. Das Schießen wurde in den Disziplinen „Königsschuss mit Vorderlader“, „Pistolenkönigsschuss mit Revolver“ und „Einzel- und Mannschaftsschüsse mit 98K“ abgehalten.
Die Bürgerwehr nahm zum ersten Mal an diesem Schießen teil und das mit sehr gutem Erfolg. So wurde Geschützführer Detlef Bartesch Schützenkönig mit dem Vorderlader. In der Mannschaftswertung belegte die „Mannschaft Königsberg II“ mit Sappeur Udo Merz, Tambour Dominik Blümmert und Bürger Werner Sauter den 1. Platz und errang den Wanderpokal des Hauses Wittelsbach.
Der 1. Platz in der Einzelwertung ging dabei an Werner Sauter, auf dem 2. Rang landete Fahnenbegleiter Manfred Michalowicz. Auch bei der Wertung „Bester Schuss“ belegten Mitglieder der Bürgerwehr vordere Plätze. Bürger Werner Sauter den 3. Rang, Geschützführer Detlef Bartesch Rang 7 und Fahnenbegleiter Michalowicz Platz 10.
Auf dem abschließenden Weg durch die Königsberger Altstadt passierte die Wehr im Stechschritt Bürgermeister Claus Bittenbrünn, um sodann unter den Klängen der Musikkapelle Buch auf dem Marktplatz einzutreffen. Nachdem Hauptmann Manfred Barfuß der Abordnung der Coburger Schülerverbindung Casimiriana für ihre Teilnahme am Himmelfahrteinzug gedankt hatte, entließ er seine Wehrmannschaft zum gemütlichen Ausklang auf dem Marktplatz, wo bei schönem Wetter schon bald kein Platz mehr frei war.