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HASSFURT
„Geburtshilfe kann bestehen bleiben“
War der Kampf um die Geburtshilfe in Haßfurt (im Bild im Jahr 2016) am Ende erfolgreich? Jetzt hat die Staatsregierung ein Förderprogramm auf den Weg gebracht, das kleinen Geburtshilfestationen den Fortbestand sichern soll.
Foto: Peter Schmieder | War der Kampf um die Geburtshilfe in Haßfurt (im Bild im Jahr 2016) am Ende erfolgreich? Jetzt hat die Staatsregierung ein Förderprogramm auf den Weg gebracht, das kleinen Geburtshilfestationen den Fortbestand ...
Alois Wohlfahrt
Alois Wohlfahrt
 |  aktualisiert: 03.12.2019 10:08 Uhr

Es kommt Bewegung in den möglichen Fortbestand der Geburtshilfe in Haßfurt. „Die Geburtshilfe in Haßfurt kann erhalten werden“, ist sich Landtagsabgeordneter Steffen Vogel sicher. Allerdings kommt in seiner Einschätzung ganz bewusst das Wörtchen „kann“ vor.

Worauf mit Spannung insbesondere in Haßfurt gewartet wurde: Nun hat die Staatsregierung die Eckpunkte des Förderprogramms beschlossen. Wie Steffen Vogel, Mitglied im Ausschuss für Gesundheit und Pflege des Bayerischen Landtags, berichtet, soll es zwei Säulen der Förderung geben. Zum einen erhalten die Landkreise und kreisfreien Städte pro Geburt pauschal 40 Euro, die sie zur Verbesserung und Stärkung der Versorgung mit Hebammenhilfe einsetzen können. Insgesamt wird das Programm ein Volumen von fünf Millionen Euro jährlich umfassen.

25 Millionen im Jahr

Essentiell allerdings für die Haßfurter Geburtshilfe ist die zweite Fördersäule des Programms. Dieses zielt darauf ab, die Landkreise unter bestimmten Voraussetzungen bei der Finanzierung defizitärer Geburtshilfestationen an Krankenhäusern im ländlichen Raum, wie Haßfurt, zu unterstützen. Laut Vogel sollen dafür 25 Millionen Euro pro Jahr zur Verfügung gestellt werden.

Wie MdL Steffen Vogel erläutert, werden ab 2018 die Landkreise und kreisfreien Städte mit einem staatlichen Zuschuss unterstützt, wenn der Landkreis das Defizit in der Geburtshilfestation ausgleicht. Die Geburtsstation müsse mangels ausreichender Fallzahlen nicht kostendeckend wirtschaften, sich aber gleichzeitig als Hauptversorger in der Region etabliert haben. Dies ist eines von sechs Kriterien, die Vogel in seiner Mitteilung aufzählt. Und dieses Kriterium erfüllt die Haßfurter Geburtshilfe. Auch vier weitere Kriterien dürften den Haßbergkliniken keine Schwierigkeiten bereiten.

Nur 46 Prozent aus dem Landkreis

Eine weitere Vorgabe allerdings umso mehr: Mindestens die Hälfte aller Neugeborenen aus dem Landkreis müssen in Haßfurt geboren und versorgt werden, so Vogel. Das ist derzeit im Landkreis nicht der Fall, wie Vogel und Stephan Kolck, Vorstandsvorsitzender bei den Haßbergkliniken, auf Anfrage bestätigen: Nur 46 Prozent aller Neugeborenen im Landkreis wurden im Jahr 2016 in Haßfurt entbunden, so Kolck. Von den 765 neuen Erdenbürgern im Landkreis kamen 351 in der Haßfurter Geburtshilfe auf die Welt. Insgesamt gab es im vergangenen Jahr 421 Geburten an den Haßbergkliniken.

Vogel: „Mit der Wahl für die Geburtsstation in Haßfurt entscheiden damit die werdenden Mütter aus dem Landkreis, ob es die Geburtsstation weitergeben wird oder nicht“.

Paradigmenwechsel

Vogel, wie auch Kolck sprechen mit dieser Unterstützung von einem Systemwechsel, denn der Freistaat steige nun ein in die Förderung der laufenden Kosten, was bislang Sache der Krankenkassen war. „Die Fördersumme von bis zu einer Million Euro pro Geburtsstation ist ein deutliches Signal, dass der Freistaat Bayern gerade kleine Geburtsstationen auf dem Land erhalten will“, so Vogel weiter.

Mindestens 15 Prozent des Defizites müssten die Landkreise aber trotzdem tragen, um so einen Anreiz für eine wirtschaftliche Führung der Häuser zu setzen. Die Förderung wird damit nicht pauschal pro Geburt erfolgen, sondern orientiert sich am Defizit der Geburtshilfestation.

„Haßfurt hat das Ganze ja auch mit angestoßen“.

Was könnte dies für Haßfurt bedeuten, wenn alle Kriterien erfüllt wären? Auf rund 800 000 Euro wird das Defizit der Geburtshilfe beziffert, wenngleich dieser Betrag heftig umstritten ist, weil die Geburtshilfe keine eigene Abteilung ist, sondern zum Beispiel die Hebammen auch in der Pflege mitarbeiten. Käme Haßfurt in den Genuss der Förderung, „hätten wir bis zu 680 000 Euro“, so Steffen Vogel. Und er sieht keinen Grund, „warum wir nicht an die Spitze kommen sollen“, an die Spitze der zu fördernden Standorte. Schon deshalb, „weil Haßfurt das Ganze ja auch mit angestoßen hat“. Am Beispiel Haßfurts sei das Programm ja auch entstanden.

Vogel wertet diesen Systemwechsel, – er nennt es einen „Paradigmenwechsel“, als Vorteil für Haßfurt, weil mit lediglich um die 400 Geburten eine höhere Förderung des Freistaats erfolgen könne, als wenn eine pauschale Förderung pro Geburt erfolgen würde. Vogel rechnet damit, dass die jährliche Förderung für die Geburtshilfe in Haßfurt deutlich über 500 000 Euro liegen werde – wenn denn die Kriterien erfüllt würden.

Kriterien erfüllen

Und diese Vorgabe dürfte auch der Grund sein, warum am Telefon bei Landrat Wilhelm Schneider eher Realismus denn Euphorie zu spüren ist. „Wir müssen erst die Kriterien erfüllen. Und die erfüllen wir noch nicht. Aber wir haben eine positive Grundlage“. Ähnlich wenig später die Stellungnahme aus dem Landratsamt: Grundsätzlich begrüße man eine durch den Freistaat finanzierte Strukturhilfe.

Er würdigte insbesondere Vogels Unterstützung, der wichtige Überzeugungsarbeit geleistet habe. Mit dem Förderprogramm haben man eine neue Basis, auf der der Verwaltungsrat die Situation neu bewerten könne, „aber Grund zur Freude haben wir zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht, denn damit ist die Geburtsstation leider noch nicht gerettet. Denn, um in den Genuss der Förderung zu kommen, müssen auch die festgelegten Kriterien erfüllt werden“. Warum Schneider den Blick auf die Kriterien richtet: Diese müssen im Jahr 2018 erfüllt werden. Denn geltend gemacht werden könne erst das Defizit des Jahres 2018, so Steffen Vogel. Dementsprechend könne die Förderung erst nach Ablauf dieses Jahres gezahlt werden.

Antrag im Verwaltungsrat

Angesichts der neuen Entwicklung will Vogel zusammen mit Landrat Wilhelm Schneider einen Antrag im Verwaltungsrat einbringen, mit dem Ziel, den Beschluss, die Geburtshilfe zum 31. Dezember 2018 zu schließen, aufzuheben. Er gehe davon aus, so Vogel, dass dies vom gesamten Verwaltungsrat mitgetragen werde, da es parteiübergreifend keinem der Verwaltungsräte leichtgefallen sei, für die Schließung der Geburtshilfe zu stimmen.

Zudem ist Eile geboten, so Vogel, denn es müsse für alle Beteiligten ein starkes Aufbruchsignal ausgehen. Verbündete dürfte er dabei auf jeden Fall bei den Hebammen haben. So erklärte Hebamme Carola Lutsch (Bundorf) auf Anfrage: „Wir haben für Haßfurt gekämpft und werden dies auch weiterhin tun.“ Für Lutsch bedeutet die Entscheidung in München, „dass eine Tür aufgegangen ist. Und dass es der Kampf wert war“. Sie freut sich über die Entwicklung.

 
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Kommentare
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  • AndrewHOH
    Warum löst man den Landkreis Haßberge nicht ganz einfach auf? Man braucht ihn nicht mehr, seihe Sparkasse usw. Krankenhäuser kann man sich nicht mehr leisten im Kreis. Landrat schneider und Steffen Vogel müssen den Tatsachen ins Auge sehen und überlegen, welche Teile zu welchen Nachbarkreisen kommen können!
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  • wandelhandel
    Es muss sich jeder im Klaren darüber sein: Der Bestand der Geburtshilfeabteilung in Hassfurt hat die Existenz des Krankenhauses Hofheim gekostet.

    Der Fortbestand der Geburtshilfeabteilung in Hassfurt wird die Existenz des Krankenhauses Ebern kosten.

    Der Fortbestand der Geburtshilfeabteilung in Hassfurt kann man als Luxus bezeichnen, weil die Versorgung mit Geburtshilfeabteilungen auch ohne HAS gewährleistet ist.

    Schweinfurt, Coburg, Bamberg, Lichtenfels decken den gesamten Kreis Hassberge ab.
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