Ein Kind stürzt, es stützt sich ab, bricht sich das Handgelenk, wird ärztlich versorgt, am nächsten Tag kann es bereits wieder in die Schule. Auch ein 40-Jähriger verkraftet solch ein Malheur recht schnell. Anders sieht dies bei alten Menschen aus. Ein Krankenhausaufenthalt folgt.
Und dort treffen sie nicht nur mit ihrem Knochenbruch ein, sondern Ärzte und Pflegepersonal sind mit einer ganzen Reihe von weiteren Erkrankungen konfrontiert – Bluthochdruck und Diabetes sind nur zwei dieser Diagnosen. Entsprechend groß sind die Anforderungen, um älteren Patienten helfen zu können.
Das Beispiel, das die Gäste beim Festakt zur Eröffnung der Akutgeriatrie am Haus Haßfurt der Haßbergkliniken vorgestellt bekamen, veranschaulichte deutlich, warum diese Einrichtung nicht nur nötig, sondern zugleich zukunftsweisend ist, wie auch die bayerische Gesundheitsministerin Melanie Huml erklärte. Denn ältere Menschen brauchen im Krankenhaus besondere Fürsorge und Pflege. Nicht der einzelne Mensch, sondern der Mensch als Ganzes müsse im Fokus stehen, so die Gesundheitsministerin. Deshalb seien auch psychische und soziale Aspekte zu berücksichtigen.
Und auch dafür steht die Akutgeriatrie: Es ist ein Angebot, das es bisher im Landkreis noch nicht gab, erklärte Landrat Rudolf Handwerker und es werde in Zukunft immer wichtiger. Denn auch im Landkreis werden die Menschen immer älter. Eine erfreuliche Entwicklung, so Vorstand Stephan Kolck von den Haßbergkliniken, aber zugleich auch eine große Herausforderung für die medizinische Versorgung, insbesondere für die stationäre Krankenversorgung.
Wobei die Beschreibung „stationäre Krankenversorgung“ längst nicht das abbildet, was denn die Akutgeriatrie leisten will. Wie hoch ihr Stellenwert angesiedelt ist, zeigt schon, dass es eine Hauptabteilung an den Haßbergkliniken ist. Chefarzt ist Frank Schröder. Während seiner Ausbildung legte der Mediziner auch seine Habilitation ab. Eine Tatsache, die für die Haßbergkliniken noch sehr interessant werden könnte, wie Landrat Handwerker berichtete, denn Schröder verfügt über die Voraussetzung Studenten auszubilden. Wenn an der Universität Würzburg der Lehrstuhl für Allgemeinmedizin etabliert sei, könnten die Haßbergkliniken Lehrkrankenhaus für angehende Allgemeinmediziner werden.
Warum er sich für Haßfurt entschieden hatte? Zum einen, weil er und seine Kollegen von Anfang an mitbestimmen konnten, wie Räume und Ausstattung zu gestalten sind, weil die Zusammenarbeit im therapeutischen Team einmalig ist und vor allem: „Weil die Haßfurter genau wussten, wo sie hin wollen“.
Denn die demografische Entwicklung stelle nun mal Medizin und Pflege vor neue Herausforderungen, so der Geriater. Und die Versorgung älterer Menschen erfordere Teamarbeit, eine ganzheitliche Behandlung will die neue Hauptabteilung leisten, bei der der Mensch im Mittelpunkt steht.
Wie berichtet, wurden die Weichen bereits im Jahr 2010 gestellt. Mit mehr als 1,3 Millionen Euro beteiligte sich der Freistaat an den Gesamtkosten von rund zwei Millionen Euro. Ohne die Unterstützung des Freistaats wäre denn das „Leuchtturm“-Projekt für den Landkreis auch nicht realisierbar gewesen, richtete Landrat Handwerker seinen Dank an die Gesundheitsministerin. Und auch Haßfurts Bürgermeister Rudi Eck freute sich, dass mit der Akutgeriatrie heimatnahe Versorgung gewährleistet sei.
Dank für die Unterstützung bei der Realisierung der neuen Hauptabteilung und zugleich stolz darüber, dass die Akutgeriatrie ihre Türen geöffnet hat, zeigten sich auch der ärztliche Leiter der Haßbergkliniken, Chefarzt Winfried Schorb, die stellvertretende Personalratsvorsitzende Ulrike Heinrich und Marika Windgassen, Stationsleitung der Akutgeriatrie. Den kirchlichen Segen sprachen Dekan Jürgen Blechschmidt und Diakon Manfred Griebel. Musikalisch umrahmt wurde der Festakt von Judith Hutzel (Harfe und Gesang).
Stichwort: Akutgeriatrie
Die neue Abteilung soll eine möglichst weitgehende Selbstständigkeit der Lebensführung der Patienten erhalten beziehungsweise wieder herstellen und damit auch Pflegebedürftigkeit und Heimeinweisung vermeiden, beschreibt das Kommunalunternehmen Haßberg-Kliniken das Ziel der Akutgeriatrie.
In Haßfurt kümmert sich ein interdisziplinäres Team, bestehend aus geriatrisch geschulten Ärzten, Pflegekräften, Physiotherapeuten, Ergotherapeuten, Logopäden, Psychotherapeuten und Sozialpädagogen, um die Patienten.
Die Zusammenarbeit reicht über das Krankenhaus hinaus. Auch die Praxen für Ergotherapie und Logopädie sind in das Konzept mit eingebunden. Thomas Ringel, der mit seiner Praxis für Psychiatrie im Ärztehaus II zu Hause ist, übernimmt die Aufgaben des stellvertretenden Chefarztes.
Im Süden des Haßfurter Krankenhauses ist in den vergangenen elf Monaten auf gut 750 Quadratmetern ein Anbau für die Pflege von älteren Patienten entstanden. Sechs barrierefreie Zwei-Bett-Zimmer von 26 Quadratmetern samt einer knapp acht Quadratmeter großen Nasszelle wurden gebaut. Hinzu kommen noch zwei Ein-Bett-Zimmer und drei Zweibett-Zimmer im neuen Anbau des Bettenhauses. 20 Patienten können in der neuen Hauptabteilung des Krankenhauses betreut werden.