Kreisbäuerin Cäcilie Werner ist normalerweise sehr aufgeräumt, zumal wenn sie zum Landfrauentag eingeladen hat. Diesmal aber war sie richtig sauer und gab ihre Verärgerung auch gleich als Auftrag an die Festrednerin, Landtagspräsidentin Barbara Stamm, weiter. Anlass war die am Vorabend vorgestellte neue „Werbeaktion“ von Bundes-Umweltministerin Barbara Hendricks. Nicht nur Cäcilie Werner sieht mit den „Neuen Bauernregeln“ ihren gesamten Berufsstand von höchster Stelle verunglimpft.
„Steht das Schwein auf einem Bein, ist der Schweinestall zu klein“, in diesem Stile lauten diese Bauernregeln aus dem Umweltministerium. „Das trägt zur weiteren Diskriminierung der Landwirtschaft bei. Das ist kein staatsmännisches Verhalten, da sollte man mit der Frau nochmal reden“, erklärte Cäcilie Werner. Barbara Stamm nahm das als Auftrag mit, sie trifft schon heute in Berlin den Bundeslandwirtschaftsminister und die Kanzlerin. Auch Landrat Wilhelm Schneider meinte, das einzig Gute an diesen Sprüchen sei, dass sie sich reimen.
Das Thema pauschale Diffamierung der Landwirtschaft wurde mehrfach an diesem Nachmittag angesprochen, auch von BBV-Kreisobmann Klaus Merkel. Mit Fakten komme man kaum noch an die Öffentlichkeit, erklärte er, und so sei es für den Bürger auch schwierig, sich neutral zu informieren. Als Beispiel führte er an, dass ein Abgeordneter nach einem Gespräch im Wasserwirtschaftsamt mit völlig verdrehten Schlussfolgerungen zur Nitratbelastung in Unterfranken an die Presse gegangen sei. Die Richtigstellung des Wasserwirtschaftsamtes jedoch hätten die Zeitungen schlichtweg verweigert.
Cäcilie Werner wie auch Klaus Merkel erklärten jedoch, dass die heimische Landwirtschaft von nachhaltigen Strukturen geprägt sei. „Bei uns gibt es keine Massentierhaltung und auch kein Nitratproblem“, betonte Werner. „Landfrauen tragen Verantwortung“ war der Landfrauentag überschrieben. Verantwortung habe aber auch der Einzelhandel, der ständig neue Forderungen aufstellt, ohne Blick auf die Realitäten. Die Preise für Ferkel, Milch und Getreide deckten inzwischen nicht einmal mehr die Gestehungskosten, was in den bäuerlichen Betrieben innovative Investitionen verhindere.
Dieter Köpf als 2. Bürgermeister der gastgebenden Stadt Zeil betonte die Bedeutung von Menschen wie den Landfrauen, die Verantwortung übernehmen, für die Freiheit. Diese sei nicht selbstverständlich, mahnte er, auch wenn das heute gerne in Vergessenheit gerate.
BBV-Kreisobmann Klaus Merkel bezeichnete das Motto als wichtiger denn je, denn die Landfrauen unterstützten auch die politische Arbeit des Bauernverbandes vortrefflich. Der Verband sehe sich vor so vielen neuen Aufgaben, dass sich auch die Vorstandschaft neu aufstellen müsse, noch stärker Schwerpunkte für einzelne Vorstandsmitglieder herausarbeiten müsse. Nach zehn Jahren als Kreisobmann kündigte er an, sich im März nicht mehr zur Wiederwahl zu stellen, sich aber einigen solcher Kernthemen intensiver widmen zu wollen. Die Kampagne der Umweltministerin sah er als symptomatisch für den Umgang mit der Landwirtschaft in Deutschland. „Wir produzieren hier mit den weltweit höchsten Standards, die auch weltweit anerkannt sind, aber unsere überregionalen Medien vermitteln das Gegenteil“, erklärter er. Das gelte auch für das Thema Nationalpark „ob im Steigerwald, im Spessart oder sonstwo: Wenn man die Fakten beleuchtet, bleibt nicht ein einziger positiver Effekt übrig“. Das gelte für den vielbeschworenen Tourismus ebenso wie für die Artenvielfalt, sei von Biologen belegt. „Nur eine verantwortungsvolle Bewirtschaftung garantiert eine höchstmögliche Artenvielfalt“ im Wald wie in der Flur, erklärte der Diplom-Landwirt.
Klaudia Schwarz für das Landwirtschaftsamt und Bezirksbäuerin Astrid Baum betonten, welche Rolle die Landfrauen in der Gesellschaft spielen, indem sie sich und andere fortbilden, selbstbewusst auftreten, sich vernetzen, sich kümmern. Dabei würden viele meinen, sie könnten keine Leitungsfunktionen übernehmen, meinte Klaudia Schwarz: „Aber wir können und wir tun es.“
Dem schloss sich auch Barbara Stamm in ihrer Rede an. Auch sie wandte sich gegen Pauschalurteile. Wenn man mit den Fakten nicht durchdringe, sei das frustrierend, das kenne sie auch aus ihrer langjährigen politischen Tätigkeit. Sie forderte eine vernünftige Streitkultur, doch auch diese mit Verantwortung. Verantwortung bedeute laut Lexikon „Die Pflicht, das Notwendige und Richtige zu tun und Schaden zu verhindern“. Die Landfrauen jedoch täten mehr als ihre Pflicht, sondern auch die Kür „und dabei ist auch viel Freude spürbar“. Ein lebendiges und lebenswertes Land brauche den Einsatz von Menschen für Menschen.
Viele Menschen seien heute verunsichert, „umso wichtiger ist es, dass wir zusammenstehen und gerade auf dem Dorf ist gelebte Solidarität entscheidend“. Stamm forderte eine Rückbesinnung auf das Prinzip der Sozialen Marktwirtschaft, dass der Staat nur die Rahmenbedingungen schafft und sich erst einmischt, wenn Angelegenheiten nicht mehr vor Ort gelöst werden können. Manche Herausforderung sei vom Einzelnen, der Familie nicht mehr zu schaffen, dann brauche es größere Gruppen. Die Landrauen zeigten, was entstehen kann, wenn man sich zusammenschließt. Das Projekt „Landfrauen machen Schule“ sei grandios und Stamm ermutigte die Landfrauen auch dazu, das Thema „Alltagsbewältigung“ als Lerninhalt an den Schulen weiterzuverfolgen.
Verantwortung zu übernehmen, das bedeute auch, Dinge zu Ende zu denken. In der Schule nicht nur Wissen zu vermitteln, sondern auch Herz und Charakter zu bilden. Wenn nun angesichts des Flüchtlingszustroms über die sogenannte Leitkultur geredet werde, sei das doch ein guter Anlass, sich einmal über die eigene Werteordnung Gedanken zu machen. Barbara Stamm bat dringend, nicht immer nur über das zu reden, was nicht so gut gelaufen ist, sondern auch über das viele Gute im Lande. Manche Vorhaben erwiesen sich im Nachhinein als nicht gelungen, doch müsse man denen, die sie angeschoben haben, doch immer zugestehen, dass sie in bester Absicht handelten. „Wir müssen wieder differenziert diskutieren“, bat sie dringend, statt Pauschalurteile zu fällen. Die Bezeichnung „Herdprämie“ sei ein solches Pauschalurteil. Es habe sie sehr getroffen, dass im Zusammenhang mit dem Erziehungsgeld der Vorwurf kam, man wolle Kinder von Bildung fernhalten. Schließlich handle es sich um Kinder im Alter von einem und zwei Jahren: „Diese Kinder brauchen Liebe, Geborgenheit und verlässliche Strukturen, das ist die altersgerechte Bildung.“
Trotz vieler Frustrationen gebe es viele, die Verantwortung übernehmen. Diesen Menschen auch die gebührende Wertschätzung zu schenken und sich selbst ebenfalls einzubringen, dazu forderte Barbara Stamm abschließend auf.