Gesund alt werden – wer wünscht sich das nicht? Um dieses Ziel zu erreichen, haben Elke und Ruthard Fella einen ganz besonderen Weg eingeschlagen. Jedes Jahr im Herbst verlassen sie ihr idyllisch am Ortsrand von Nassach gelegenes Anwesen und begeben sich für sechs Wochen in ein Ayurveda-Gesundheitszentrum in Südindien.
Ein Vortrag in Bad Königshofen hatte 2006 das Interesse des Ehepaars geweckt: Dr. Jobin Jacob Madukkakuzhy, ein indischer Arzt auf Vortragsreise durch Deutschland, hatte damals die heilende Wirkung von Ayurveda und das Gesundheitszentrum im Bundesstaat Kerala, Südindien, vorgestellt.
Sein Leben lang war Ruthard Fella erfolglos auf der Suche nach Hilfe durch die Schulmedizin: „Von Kindheit an litt ich Woche für Woche unter einer vererbten Migräne.“ Auch seine Frau Elke hatte gesundheitliche Probleme. „Tinnitus, Arthrose, Schlafstörungen ... – uns tat so vieles weh“, erinnert sie sich.
Gleich im Anschluss an den Vortrag unterhielten sie sich ausführlich mit dem Arzt. Denn auch eine Kulturreise in den Süden Indiens vor 25 Jahren hatten die Fellas in guter Erinnerung behalten – und vor allem die überaus freundlichen und kontaktfreudigen Menschen dort. Das erleichterte die Entscheidung: Noch im selben Jahr flogen sie zur Ayurveda-Behandlung nach Indien. „Einen Versuch war es allemal wert“, sagt Elke Fella, „was hatten wir schon zu verlieren?“
In Indien tauche man in eine vollkommen andere Welt ein, beschreibt Ruthard Fella seine Eindrücke. „Es ist laut und staubig, und der Verkehr ist unbegreiflich.“ Vor jeder Kurve, vor jedem Überholen und auch danach werde gehupt, gehupt und nochmals gehupt. „Man steht vor einem Mischmasch an Gegensätzen. Die Kontraste sind unglaublich.“ Arm neben reich, Villen neben Hütten.
Das Madukkakuzhy-Health-Center liegt am Fuße des Kardamomgebirges, eingebettet in eine grüne Hügellandschaft. Betrieben wird es von Chefarzt Dr. Joy Mathew und seinen Söhnen Dr. Robin Jacob und Dr. Jobin Jacob Madukkakuzhy. In der Familie Madukkakuzhy wird das traditionelle Wissen seit acht Generationen weitergereicht und gelebt. Die maximal 16 Gäste sind in dem Familienunternehmen in Appartements in kleinen Bungalows untergebracht.
Weder Wellness noch Kur
„Beim ersten Mal ist einfach alles überwältigend“, erinnert sich Elke Fella. Der exotische Garten mit Muskatbäumen und Kokospalmen, die Begrüßung mit Blumenketten und Kerzen, auch der rote Punkt auf der Stirn darf nicht fehlen – „obwohl der mit dem vielen Schweiß gleich wieder verläuft“, lacht Elke Fella.
„Es braucht einige Zeit, bis man mental angekommen ist.“ Nach einer ersten Konsultation legen die drei Ärzte die Behandlungsmethoden fest: individuelle Ernährungsumstellung, verschiedene Massagen, Schwitzkasten, Güsse und ayurvedische Medikamente. Die rein vegetarischen Mahlzeiten werden in der eigenen Küche zubereitet. „Das Essen ist traumhaft. Durch die vielen verschiedenen Gewürze hat es eine Geschmacksfülle, die wir so gar nicht kennen“, schwärmt Ruthard Fella.
Doch der Aufenthalt sei kein Wellness-Urlaub und nicht vergleichbar mit einer Kur bei uns. „Die Ganzkörpermassagen, Einläufe, spezielle Kopfbehandlungen und Güsse sind sehr anstrengend“, warnt Fella. Gegen Elke Fellas Arthrose half eine Panchakarma-Kur. Sieben Tage lang bekam sie jeden Morgen mit Medizin gekochtes Ghee (geklärte Butter) zum Trinken, wobei die Dosis täglich erhöht wurde. „Das kostet schon einige Überwindung, und man muss sich vorher innerlich gut darauf vorbereiten“, sagt sie.
Nach einigen Tagen sei der Körper damit so gesättigt, dass das Fett aus allen Poren dringe. Mit dieser Methode werde der Körper entschlackt, Giftstoffe werden abtransportiert.
Für Elke und Ruthard Fella lohnte sich die weite Reise: Die quälende Migräne war weg, die Gelenkschmerzen waren erträglich geworden, Schlafstörungen und Tinnitus verschwunden. „Da war klar: Wir kommen wieder“, sagt Elke Fella mit strahlenden Augen.
Projekt „HANS“ initiiert
„Der Erfolg war so überwältigend, dass wir nach einer Möglichkeit suchten, uns zu revanchieren“, schildert Ruthard Fella ihre Dankbarkeit. Zufällig lernten sie eine Mutter mit zwei Kindern kennen, deren Mann an Leukämie gestorben war. Nun konnte die Familie das Schulgeld für den Besuch der Privatschule der Kinder nicht mehr bezahlen. Spontan entschlossen sich die Nassacher, das Schulgeld für diese beiden Kinder zu übernehmen. Die Ausbildung an den staatlichen Schulen sei sehr mangelhaft und die Eltern würden alles versuchen, um ihre Kinder auf Privatschulen zu bekommen. Mittlerweile entwickelte sich aus der impulsiven Hilfsaktion das Projekt „HANS“ (Helping Aid for Needed Students).
Zwischen der Ayurveda-Klinik und zahlreichen privaten Schulen in der ganzen Region wurde ein enges Netzwerk geknüpft. Bedürftige Eltern können bei der Schule ihrer Wahl einen Antrag auf Unterstützung stellen. Die Schule wählt die infrage kommenden Kinder aus und reicht die Anträge an die Klinik weiter.
Die Fellas erarbeiteten eine Infomappe für die Gäste der Ayurveda-Klinik und erzählten Freunden und Bekannten von dieser Möglichkeit zu helfen. „Für die jüngeren Kinder kostet die Schule rund 100 Euro im Jahr, für die größeren etwas mehr“, sagt Ruthard Fella. Die Beteiligung an der Hilfsmaßnahme ist inzwischen so gewachsen, dass 100 Kinder gefördert werden können.
„Das Geld, das wir einsammeln, liefern wir direkt eins zu eins an den jeweiligen Schulen ab“, berichtet Fella stolz. Dabei lernen die Fellas die Kinder kennen, für die das Schulgeld gezahlt wird. „Das ist so anrührend, da fließen bei uns jedes Mal die Tränen“, sagt Elke Fella. „Die Kinder strengen sich total an, um in der Schule bleiben zu dürfen, und sind meist die Klassenbesten“, freut sie sich.
Eine zweite Heimat geworden
Manche Spender haben eine Art Patenschaft für ein bestimmtes Kind übernommen. Sie stehen mit ihm in Kontakt, bekommen Fotos geschickt und sogar die Zeugnisse. Andere wiederum fördern das Projekt allgemein mit einem Geldbetrag. „Auch die Eltern selbst müssen einen kleinen Teil des Schulgeldes übernehmen“, erläutert Ruthard Fella. Und es werden Schulen ganz unterschiedlicher Träger unterstützt, egal ob Christen, Moslems oder Hindus. „Wir wollen nicht, dass Zorn aufeinander entsteht.“
Im Herbst dieses Jahres reisen Elke und Ruthard Fella zum neunten Mal nach Indien. „Wir leben hier sehr bescheiden und sparen das ganze Jahr für die Reise.“ Die Klinik ist ihnen im Laufe der Jahre zu einer Art zweite Heimat geworden. Ein Ort der Gesundung.
„Langeweile gibt es dort nicht. Wir lesen viel, und mein Mann malt häufig“, sagt Elke Fella. „Überall in den Behandlungsräumen, den Appartements und den Wohnungen der Ärzte hängen mittlerweile Bilder von meinem Mann“, lacht sie. Auch eine Bibliothek wurde inzwischen aufgebaut. „Die Gäste lassen ihre mitgebrachten Bücher da und füllen die freien Stellen im Koffer bei der Rückreise lieber mit den herrlichen Gewürzen.“
Für sie sei Indien ein faszinierendes Land mit besonders gastfreundlichen und aufgeschlossenen Menschen, schwärmen die Fellas. „Entweder man mag Indien oder man mag es nicht – wir lieben es.“
Ayurveda
Ayurveda ist eine jahrtausendealte indische Heilkunst. Das Wort setzt sich aus „Ayur“ (Leben) und „Veda“ (Wissen) zusammen.
Die Wissenschaft vom langen gesunden Leben konzentriert sich auf die Harmonisierung von Körper, Geist und Seele. So beschreibt es ein Prospekt des Madukkakuzhy-Health-Centers im südindischen Kottayam.
Informationen über das Ayurveda-Center findet man im Internet auf www.Ayurmahc.com oder können bei Ruthard Fella per E-Mail an ruthard.fella@web.de erfragt werden.