
An einem Wettbewerb teilzunehmen, das bedeutet normalerweise Anstrengung. Eigentlich gar nicht anstrengen musste sich der Kindergarten Sancta Maria Limbach, um das "Gütesiegel Buchkindergarten für hervorragende Leseförderung" zu erhalten. "Aber es war ein guter Anlass, unser bestehendes Konzept zu reflektieren und neu aufzustellen", erklärt die Leiterin der Kita Elle Steinhäuser. Wie geht Leseförderung mit Kindern, die noch gar nicht lesen können? Darüber sprach sie mit dieser Redaktion.
Leseecken in jedem Raum, die eigene kleine Bibliothek, der Leseführerschein, Besuche in der Bibliothek in Zeil – Leseförderung gehört schon lange zu den Grundprinzipien im Limbacher Kindergarten. Und das liegt nicht nur daran, "dass wir hier im Team alle ausgesprochene Leseratten sind", sagt Elle Steinhäuser und ihre Kollegin Jessica Pickel nickt zustimmend. Beide Erzieherinnen wissen, dass es gar nicht zu früh sein kann, Kinder mit Büchern und deren Inhalten vertraut zu machen. Geschichten vorzulesen, das ist Eltern seit jeher empfohlen, denn das regt bei den Kindern die Phantasie an und schafft gleichzeitig vertraute Momente, Rituale vor dem Einschlafen beispielsweise.
Kinder lesen an ungewöhnlichen Orten
"Die Eltern und wir hier in der Kindertagesstätte vermitteln Vorläufer-Fähigkeiten, von denen jeder Mensch später profitiert: sich konzentrieren, Hörverständnis, Sprachverständnis, Wortschatz, sich im Dialog eine Geschichte erarbeiten", schildern die Erzieherinnen. Und so sind die Leseecken in der Kindertagesstätte ebenso beliebt wie die kleine Bibliothek, die genauso funktioniert wie eine Große. Das mit den Eltern oder Großeltern gelesene Buch wird dann in den Lesepass eingetragen – und dazu auch, wo man gelesen hat.

Immer wieder brechen die Limbacher Kinder nämlich auch auf, um an ungewöhnlichen Orten zu lesen. So war eine Gruppe beispielsweise in der vergangenen Woche anlässlich des Internationalen Lesetages im Wald. Dort überraschte Stadtförster Christian Bartsch mit seiner Fähigkeit, den Kindern die Geschichte vom "Wecker im Wald" sehr lebendig nahe zu bringen. Die Kinder hingen regelrecht an seinen Lippen und hatten auch viel zu lachen. Weil der Kindergarten wegen Corona nun wieder mit festen Gruppen arbeiten muss, konnten nicht alle mit in den Wald, die anderen Gruppen jedoch hatten Besuch von einer ehemaligen Mitarbeiterin und von einer Lese-Oma.
Buch hat weiterhin einen hohen Stellenwert
Ein Sommerfest zum Thema Lesen gab es auch schon und "eigentlich war ein spezieller Elternabend geplant, das geht aber jetzt erstmal nicht", so Elle Steinhäuser. Dafür gibt es weiterhin Buchempfehlungen für die Eltern – auch im Hinblick auf die bevorstehenden Weihnachtsgeschenke.
Sie und ihr Team hatten sich auch auf die Einladung zur Frankfurter Buchmesse gefreut, wo sie den Preis vergangene Woche hätten entgegennehmen sollen. Kinderbuchautor Paul Maar hat sogar ein Gedicht für diese Preisverleihung geschrieben. "Als Normalleser kommt man ja sonst nicht zur Buchmesse, aber die Einladung gilt weiter für das nächste Jahr", freut sich Elle Steinhäuser.
Im Kindergarten Limbach hat das Buch weiterhin einen hohen Stellenwert und bei der Auseinandersetzung mit den Wettbewerbskriterien kam dem Erzieherteam manche neue Idee. "Obwohl wir alle Kriterien auch ohne neue Projekte sofort erfüllen konnten", so Jessica Pickel. Für die Kinder in Limbach gehört die Vorlesegeschichte in der Ruhepause nach dem Mittagessen fest zum Tagesablauf. Hier wird in Fortsetzungen vor allem aus Kinderbuchklassikern wie "Das kleine Gespenst" oder "Ronja Räubertochter" vorgelesen. "Manchmal wählen wir auch ein Hörspiel, halten dann zwischendurch an und fragen die Kinder, wie es denn weitergehen könnte", erzählt Elle Steinhäuser. Trotz ihrer langjährigen Berufserfahrung ist sie oftmals überrascht, welche Phantasie die Kinder dabei entwickeln – manche ahnen den Fortgang entsprechend des Buches, andere entwickeln ganz neue Handlungsstränge.
Positive Rückmeldungen aus der Grundschule
"Die Teilnahme am Wettbewerb hat uns unsere Arbeit bestätigt und damit auch motiviert", erklärt Elle Steinhäuser. Genauso motivierend ist auch die regelmäßige Rückmeldung aus der Grundschule, die ebenfalls bestätigt, dass man die Effekte der Leseförderung im Kindergarten deutlich merkt und zwar nicht nur am Wortschatz, sondern auch kleine Kinder erkennen durch das gemeinsame (Vor-)Lesen Grammatikstrukturen und können den Inhalt von Geschichten gut zusammenfassen und weitergeben. Elle Steinhäuser hat schon viele Generationen von Kindergartenkindern begleitet und sie weiß, dass viele von ihnen bis heute eine enge Beziehung zum Buch haben und das macht sie ein bisschen stolz – wie die Auszeichnung, deren Logo jetzt am Kindergarten angebracht wird.