(mr) 18 Jahre lang hat er den Bischof von Würzburg gefahren: erst Paul-Werner Scheele, dann Friedhelm Hofmann. Umgerechnet etwa 15 Mal hat er in dieser Zeit die Erde umrundet. Die Fahrten führten unter anderem zu 120 Altarweihen im gesamten Bistum oder zur einzigen Einweihung einer Kirche in seiner Amtszeit, damals in Maroldsweisach; und zu unzähligen Terminen wie Firmungen oder Pfarreijubiläen. Praktisch jede noch so kleine Ortschaft in Mainfranken hat er in dieser Zeit gesehen. Dass ihn trotzdem nur wenige Leute im Bistum kennen, freut Baumann. „Ich war zwar immer dabei, aber im Hintergrund“, sagt der 62-Jährige aus Würzburg. Am 24. Juni hat er seinen letzten Arbeitstag, berichtet der Pressedienst des Bischöflichen Ordinariats.
Zur Tätigkeit als Chauffeur kam Baumann auf Umwegen. Nach der Ausbildung zum Kraftfahrzeug-Elektriker spezialisierte er sich auf Nutzfahrzeuge wie Baumaschinen sowie Binnenschiffe und war er für seinen damaligen Arbeitgeber im Außendienst unterwegs. „60 000 Kilometer pro Jahr waren für mich ganz normal.“ Zur rechten Zeit am richtigen Ort anzukommen, und das ganz ohne ein Navigationsgerät – das habe er damals gelernt.
Später schulte Baumann aus gesundheitlichen Gründen zum Büromaschinen-Mechaniker um. Als der Arbeitgeber in Konkurs ging, musste er sich neu orientieren. Fortan vertrieb Baumann im Außendienst für die Steyler Missionare Zeitschriften. Schließlich erfuhr er von der freien Stelle als Bischofsfahrer. „Der damalige Bischofssekretär Matthias Türk kannte mich von seiner Kaplanszeit in Heidingsfeld und empfahl mich dem Bischof. Der Rest ist bekannt.“ An seinen ersten Arbeitstag erinnert sich Baumann noch genau: Es war die Segnung des Siebold-Museums auf dem Gelände der früheren Würzburger Bürgerbräu.
Otto Baumann Fahrer des Bischofs
Die Herausforderung an seiner neuen Tätigkeit sei für ihn gewesen, sich das notwendige Wissen anzueignen, um als so genannter Zeremoniar für den liturgisch korrekten Ablauf der verschiedenen Gottesdienste sorgen zu können. „Ich habe in meiner Kindheit nicht besonders lange ministriert“, erzählt Baumann mit einem Schmunzeln. Eine große Hilfe seien ihm Spickzettel gewesen, die er in einer Mappe mitführte und auf denen er alles Wichtige aufgeschrieben hatte. „Bischof Scheele hat mich notfalls behutsam geführt, indem er mir diskret ein Zeichen gab.“ Auch unterwegs unterstützte der Bischof seinen Fahrer so gut es ging. Zum Beispiel, wenn plötzlich ein Umweg nötig wurde, weil eine Straße gesperrt oder auf der Autobahn ein Stau gemeldet war: „Als Beifahrer hatte er mit dem Atlas in der Hand immer schnell eine Alternativroute parat.“
Dabei ist Baumann selbst ein Mann, der nicht um eine clevere Lösung für knifflige Probleme verlegen ist. Das bewies er unter anderem, als die Medien das Exerzitienhaus Himmelspforten belagerten. Hinter den Mauern beratschlagte die Deutsche Bischofskonferenz zur Schwangerenkonfliktberatung. Der Bischofsfahrer kümmerte sich mit anderen darum, dass kein Unbefugter auf das Gelände kam und den tagenden Bischöfen unangenehme Fragen erspart blieben: „Ich habe am Ende der Tagung einfach das Tor des benachbarten Karmelitinnenklosters aufgemacht. Als die Kamerateams daraufhin hektisch ihren Standort wechselten, habe ich die Bischöfe in ihren Autos zum anderen Tor hinausgeschickt“, berichtet er verschmitzt.
Ebenfalls viel Nervenstärke war gefragt, als es 1998 auf Vermittlung der Gemeinschaft Sant'Egidio in Himmelspforten Friedensgespräche zwischen Vertretern von Rebellengruppen und der kolumbianischen Regierung gab. „Das fand alles unter größter Geheimhaltung und mit einem großen Aufgebot an Polizei statt.“ Baumann organisierte unter anderem die gesamte Konferenztechnik, die notwendig war. „Die Redekultur, die sowohl auf Seiten der Guerilleros wie auf Seiten der Regierungsvertreter herrschte, hat mich schwer beeindruckt.“ Ganz stressfrei war die Veranstaltung, bei der auch das Auswärtige Amt mitmischte, aber – zumindest für Baumann – nicht. „Drei Kilo habe ich in dieser Zeit abgenommen.“
Mit Bischof Hofmann hat er in den vergangenen Jahren viele Pfarreien bei den Visitationen bereist. Auch die ein oder andere fränkische Weisheit habe der gebürtige Rheinländer von ihm gelernt, berichtet Baumann: Sätze wie „Nix g'redt is‘ genuch gelobt", welche die Zurückhaltung der Franken in Sachen Anerkennung erklären