Am Gedenktag der Reformation hatte das Evang.-Luth. Dekanat – wie schon seit Jahrzehnten üblich – zu einem Festabend eingeladen, der einen Gottesdienst mit Referat und einen Empfang mit Grußworten und Ehrungen verdienter Mitarbeitenden beinhaltet.
Musikalisch wurde der Gottesdienst ausgestaltet durch den Kleinen Bezirksposaunenchor unter der Leitung von Matthias Wolf und von Dekanatskantor Matthias Göttemann an der Orgel. Den liturgischen Teil übernahmen neben Dekan Jürgen Blechschmidt die beiden Synodalpräsidenten Charlotte Seitz und Gerhard Koch.
In seinem geistlichen Impuls ging Blechschmidt auf die während des Dritten Reiches und auch in jüngster Zeit wieder einseitig benutzten Begriffe „Führer – Volk – Vaterland“ ein und setzte sich mit der Thematik anhand entsprechender Bibelzitate und Liedtexten aus dem Evangelischen Gesangbuch auseinander.
„Geführt werden wir von Gott selber durch seinen Heiligen Geist. Christen gehören durch die Taufe zu Gottes Volk. Wir streben zu einem Vaterland, das im Himmel zu finden ist (Herbräerbrief)“, so der Dekan in seinen Ausführungen.
Hubert Böse, der Referent des Abends und Bürgermeister der Stadt Themar, stellte sein Referat unter den Titel „Vergessen wir die Vergangenheit?“
Eine Frage, die gleichzeitig einen Weckruf beinhaltete. Zu Beginn seiner Ausführungen stand die provokative Frage: „Wie kommt man als südthüringische Kleinstadt dazu, in einer denkbar kurzen Zeit innerhalb weniger Wochen von einem wenig bekannten Ort zu einer im gesamten Bundesgebiet in Verruf geratenen Gemeinde aufzusteigen und mit dem wohl unangenehmsten Makel befeuert zu werden, den man sich überhaupt vorstellen kann?“
Böse erläuterte in seinen Ausführungen den politischen Wandel, wie er sich in der Bundesrepublik, aber auch und insbesondere in Thüringen vollzogen hat. Der Einzug der AfD in den Thüringer Landtag vor fünf Jahren ließ noch nicht ahnen, dass diese Partei „sich als Sammelbecken für rechtsgerichtete Strömungen entwickeln“ würde.
Anhand mancherlei beklemmender Beispiele erläuterte der Referent den Zeitraum von 2014 bis heute. Durch unglückliche Zufälle oder bewusste Steuerungen gelang es den Rechtsradikalen, Konzerte oder Liederabende abzuhalten, die allesamt dazu dienten, „ein heterogen auftretendes Klientel zusammenzuführen und an sich zu binden“.
Den „linken“ Stempel aufgedrückt
Die Bürger Themars verfolgten die Entwicklung mit großer Sorge, bewiesen aber auch Mut und Durchhaltevermögen, als es darum ging, Engagement zu zeigen, was sich in einigen Köpfen als „Linksextremismus“ etablierte.
Erfreulicherweise hatten auch Landespolitiker, Gewerkschaften sowie Vertreter der Kommunalpolitik erkannt, dass es wichtig ist, solidarisch und gemeinsam gegen einen Ungeist Position zu beziehen, der in Deutschland eigentlich nie wieder Einzug halten sollte.
Abschließend stellte Hubert Böse die Frage in den Raum, ob sich ein „Niemals wieder!“ zu einem „Wieder möglich!“ wandeln wird.
Die Ausführungen Hubert Böses ergänzte Thomas Jakob, Ansprechpartner vom Aktionsbündnis „Demokratie und Weltoffenheit Kloster Veßra“, der schon seit Jahren mit an der Spitze dieser Gegenbewegung steht. Dieses Bündnis wurde vor zwei Monaten mit dem Julius-Rumpf-Preis ausgezeichnet und damit für sein demokratisches zivilgesellschaftliches Engagement entsprechend gewürdigt.
Nach dem Gottesdienst versammelten sich die Gäste im Martin-Luther-Haus, um Grußworte zu hören und der Ehrung verdienter Mitarbeitenden beizuwohnen. Eingangs hieß Dekan Blechschmidt wieder alle anwesenden Vertreter aus Politik, Schule, Gesellschaft, Diakonie und Kirche willkommen.
Landrat Wilhelm Schneider und Hofheims Bürgermeister Wolfgang Borst nahmen das Referat zum Anlass ihrer Ausführungen. Sie bedauerten einmütig, dass sich in unserer Gesellschaft fremdenfeindliche und rechtsextremistische Einstellungen nach wie vor verbreiten.
Sie beteuerten, dass es richtig und wichtig ist, dass gerade auch wir Christen, in unseren Kirchengemeinden und kirchlichen Einrichtungen immer wieder deutlich machen, für welche Werte wir mit unserem Glauben einstehen. „Wir dürfen nicht nachlassen, um für Mitmenschlichkeit und Toleranz zu werben und uns gleichzeitig gegen Rechtsextremismus, Antisemitismus und Menschenfeindlichkeit zu stellen“, so ihre einhellige Meinung.
Beispiel für Katholiken
Von der katholischen Seite bezog Dekanatsratsvorsitzende Klaudia Schwarz die Frage nach dem Vergessen in ihr Grußwort ein und meinte wörtlich: „Gerade führen wir bei uns Diskussionen um die Pastoral der Zukunft mit neuer Aufteilung der Räume und insbesondere diskutieren wir über die Aufarbeitung des Missbrauchs und den Herausforderungen der heutigen Zeit, den die katholische Kirche in Deutschland auf einem synodalen Weg angehen will.“
Im Mittelpunkt des Dekanatsempfangs stehen traditionell die Ehrungen verdienter und langjähriger Mitarbeiter. Gerade diejenigen, die 25 oder 50 Jahre im Dienste der Kirche ehrenamtlich tätig sind, sollen bei dieser Gelegenheit ausgezeichnet werden. Zwölf Personen standen zur Ehrung an, welche die jeweilige Urkunde sowie eine Tontafel mit dem Segenswunsch des Dekanats und dem Siegel des Lammes erhielten.
Jede Menge Ehrungen
Ein Vierteljahrhundert im Kirchenvorstand tätig sind Armin Bogendörfer (Rentweinsdorf), Günter Denninger (Rügheim), Ulla Herold (Ermershausen), Thomas Link (Rügheim), Ute Köttler (Hofheim-Lendershausen) und Anneliese Scharpf (Ebern).
Waltraud Müller und Hiltrud Denninger sind in ihren Kirchengemeinden Ebern beziehungsweise Rügheim seit 25 Jahren im Leitungsteam des Seniorenkreises tätig, Walter Schmidt übt in der Kirchengemeinde Hofheim-Lendershausen genauso lange die Hausmeistertätigkeit aus; Elke Holzheid wird ebenfalls seit 25 Jahren als Organistin in Ditterswind und Ueschersdorf eingesetzt, und Margarete Widmann wurde für den gleichen Zeitraum als Notopfersammlerin ausgezeichnet.
Als „Dienstältesten“ bezeichnete Dekan Blechschmidt den Leselektor Eberhard Laesch, der diesen Dienst seit nunmehr 50 Jahren ausübt.