"Wenn ich auf diesen Wagen schau, sehe ich die Fahne gelb und blau. Mit Sorge und ernster Miene, denke ich an die Ukraine. Wer von Hass und Gewalt ist übersät, Friedensgespräche keine will, scheinbar alles zu spät. Deshalb kommt uns Jesus, der Herr, heute entgegen. Er tut es bestimmt des Friedens wegen." Mit diesen Worten eröffnete Diakon Joachim Stapf am Faschingssonntag den Gottesdienst in Ebelsbach unter dem Motto "Frieden für alle – jetzt! Make love – not war". Die Forderung der Bergpredigt sei für viele anscheinend nur etwas für Narren.
"Zur frohen Botschaft passend, Leute, habe ich mich auch etwas verkleidet heute. Als Hippie komme ich, als Friedensaktivist ganz klar. Das passt zur Predigt gut fürwahr", zog Stapf mit einem Bollerwagen in die Kirche ein und meinte, "leistet dem, der euch etwas Böses antut, keinen Widerstand. Wenn dich einer auf die rechte Wange schlägt, dann halte ihm auch die andere hin!"
Da konnte Kirchenclown Claudia Reinwand nur lachen und fragte: "Das soll Frieden bringen?" "Das darf man nicht so wörtlich nehmen, aber das Evangelium wird noch präziser: Liebet eure Feinde und betet für alle, die euch verfolgen", antwortet Stapf. Sie trafen auf zwei junge Kerle, die sich gestritten hatten. "So ein blöder Kerl. Dem haue ich am besten gleich eine runter." Sofort trat der Clown dazwischen, zeigte auf seine Wange und lächelte. Der eine staunte: "Damit habe ich nicht gerechnet. Ich habe mir gedacht, er schlägt zurück." Und der andere meinte: "Ja, der Narr hat sich nicht reizen lassen. Der hat wirklich Frieden gestiftet."
Krieg und Kirche waren Themen der Büttenpredigt
"An Fasching wird ganz viel gelacht und viel Unsinn auch gemacht. Doch die Freude ist getrübt, ein Blick nach Osten hier genügt. Der Putin hat uns angelogen, so dass sich die Balken bogen. Reden, dies sei ihm sehr wichtig, alle Versprechen sind aber nichtig", reimte Stapf.
"An Weihnacht sieht man jedes Jahr, wie er im Kreml betet, wie einst Rußlands Zar. Doch wie kann man nur als Christen schießen auf Frauen, Kinder und Zivilisten? Nicht nur Schiffe er versenkt. Auch noch Gasleitungen er sprengt. Was da geschieht – ich sag's ganz ehrlich, halte ich für brandgefährlich. Droht der Welt – das ist schon klar – durch die Blume auch nuklear." Noch mehr verurteilte er dabei den russisch-orthodoxen Patriarchen Kyrill, der zu Gebet und Spenden für die russische Armee aufruft. "Patriarch Kyrill predigt Hass statt Frieden. Das ist nicht heilig, sondern völlig durchtrieben."
"Nicht die Nato ist für Kriegsherrn Putin das Problem, wie wir an vielen Fakten sehn, sondern die Freiheit und Demokratie. Ja Diktatoren in der Welt – das fürchten sie. Und auch China, ihr wisst es schon, überwacht uns mit einem Spionageballon. Und nach dessen Abschuss bleibt jetzt nur zu hoffen, um einen guten Ausgang, doch das End ist offen", so Stapf. "Jesus sagt: Sogar die Feinde soll'n wir lieben, doch das ist schwer, man muss es üben. Nicht Aug für Aug und Zahn für Zahn, sonst fängt wieder neues Unrecht an!"
Die Narren sind die, die neue Ideen haben
Von der Politik spannte Stapf den Bogen bis zu Vorgängen und Entwicklungen in der Kirche. "In Frankfurt war dazu eine Synode und man redete sich fast zu Tode, wie man die Kirche erneuern kann und zwar recht bald, nicht irgendwann. Der Zölibat wurde hier kritisiert, die Macht für viele diskutiert."
Mit der frohen Botschaft habe Jesus den Spieß umgedreht. "Stört dich der andere fürchterlich, dann zeig doch zuerst auf dich. Du bist ja auch nicht nur ein Engel, sondern oft auch ein rotzfrecher Bengel. Leidest du an kurzer Sicht und hast du eine Brille nicht, wahrscheinlich nur ein Mittel tauge, zieh den Balken aus deinem Auge."
"Drum in diesen Narrentagen, die Menschen helle Freude wagen, wo oft das Böse diese Welt, so fest in seinen Fängen hält. Es ist nicht leicht, grad so zu leben, wie Jesus es uns vorgegeben. Doch wenn wir redlich uns bemüh`n, führt Gott uns zu dem Himmel hin", so Stapf, der für seine Büttenpredigt tosenden Applaus bekam.
Gerade Narren seien die, die neue Ideen hätten. Feinden die Hand zur Versöhnung entgegenstrecken, dürfe nicht nur etwas für Narren sein. Es mache die Welt besser. Deswegen ließen die Buben und Mädchen Luftballons mit guten Wünschen an die Kirchendecke und zum Himmel hochsteigen. Die Blaskapelle der Harmonie umrahmte den Faschingsgottesdienst, nach dem alle Kirchenbesucher zu einem kleinen Friedensfest eingeladen waren, bei dem auch für das leibliche Wohl gesorgt war.