
Im Juli vergangenen Jahres hat das Hauptzollamt Duisburg 14 Postsendungen mit berauschendem Inhalt mit einem Gewicht von über vier Kilogramm sichergestellt. Eine davon war an die Wohnanschrift eines 44-jährigen Arbeiters aus dem Maintal adressiert. Bei einer Wohnungsdurchsuchung im Januar dieses Jahres fanden Beamte der Kriminalpolizei Schweinfurt jedoch weder Drogen noch Hinweise auf ein Handeltreiben, wie eine Feinwaage oder Handy-Kontakte. Dennoch klagte die Staatsanwalt den 44-Jährigen wegen des "unerlaubten Handels mit Betäubungsmitteln" an. Am Dienstag musste sich der Arbeiter vor dem Schöffengericht am Amtsgericht verantworten, das ihn mangels Beweisen freisprach.
Den Stoff angeblich im Darknet bestellt
184 Gramm Amphetamin ("Speed") und zehn Gramm der Partydroge MDMA ("Ecstasy") soll der Angeklagte laut Anklage über das Darknet bestellt haben. Vor Gericht ließ er über seinen Anwalt Alexander Wessel verlauten, dass er den Vorwurf bestreitet und keine Angaben zur Sache machen wird. Ganz unbescholten ist er nicht. Vor vier Jahren wurde er vom Amtsgericht Bamberg wegen Drogenerwerbs in 17 Fällen und unerlaubten Waffenbesitzes zu einer Geldstrafe in Höhe von 2400 Euro verurteilt.
Laut dem ermittelnden Kripo-Beamten besteht eine Konsumeinheit aus 0,2 bis 1,0 Gramm der Drogen. Dies legte die Vermutung nahe, dass die bestellten Drogen zum Weiterverkauf bestimmt waren. Auch die Wohnung der Schwiegermutter des Angeklagten wurde durchsucht, da ihr Name auf dem Briefkasten an der Wohnung des Angeklagten stand. Gefunden wurde dort ebenfalls nichts.
Das Ehepaar soll viele Feinde im Drogenmilieu haben
Die Frau des Angeklagten gab an, dass sie und ihr Ehemann zwar beide im Drogenmilieu in Norddeutschland unterwegs waren, jedoch nie konsumiert haben. Sie habe bereits viele Bekannte durch den Drogenkonsum verloren. Ihr Mann habe den Ermittlungsbehörden Namen aus der Drogenszene genannt, wonach die Staatsanwaltschaft rund ein halbes Dutzend Verfahren einleiten konnte. "Wir haben viele Feinde", gab die Ehefrau zu Protokoll. Sie seien bereits mehrmals umgezogen "aus Angst vor diesen Leuten". Als sie vor Gericht in deren Beisein aussagen musste, habe sie "Todesängste" durchgestanden, sagte sie im Zeugenstand.
Ihr Briefkasten sei im August oder September letzten Jahres aufgebrochen worden. Vermutlich habe ein Dritter die Drogen bestellt und an die Lieferadresse ihres Mannes liefern lassen, um selbst nicht erwischt zu werden und ihm gleichzeitig ein Verfahren anzuhängen. Anschließend habe der Unbekannte den Briefkasten aufgebrochen, um die Drogen zu entnehmen.
Richter kritisiert die Wohnungsdurchsuchung
Diese Theorie schlossen sowohl die Staatsanwältin als auch der Verteidiger nicht aus. Beide beantragten einen Freispruch, dem das Schöffengericht folgte. Darüberhinaus sprach der Vorsitzende Richter Christoph Gillot dem Angeklagten eine Entschädigung für die Wohnungsdurchsuchung zu. "Man hätte das auch anders machen können", sagte der Vorsitzende in der Urteilsbegründung. Die Ermittler hätten Haare abschneiden können um einen Drogentest zu machen. Auch die Mobiltelefone hätten die Beamten mitnehmen können, um sie genauer auszuwerten, ebenso wie den Briefkasten. "So haben wir nichts", stellte er fest.
Dennoch sei die Theorie durchaus glaubhaft, dass die Drogen an eine Adresse geliefert wurden, "wo oft niemand da ist". Denn sowohl der Angeklagte als auch seine Ehefrau würden ab 7 Uhr morgens arbeiten. Dieses Vorgehen sei "nicht unüblich", meinte der Richter. Das Urteil wurde noch im Gerichtssaal rechtskräftig.