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Bamberg
Fragile und kuriose Glasbläserkunst aus Lauscha
Museumsdirektorin Kristin Knebel (links) und Kuratorin Eleonora Cagol mit Christbaumschmuck aus Lauscha.
Foto: Marion Krüger-Hundrup | Museumsdirektorin Kristin Knebel (links) und Kuratorin Eleonora Cagol mit Christbaumschmuck aus Lauscha.
Marion Krüger-Hundrup
 |  aktualisiert: 08.12.2023 02:57 Uhr

Wer jetzt im Advent von einer "Besinnung" zur nächsten hetzt, hat im Historischen Museum Bamberg in der Alten Hofhaltung (Domplatz 7) die einmalige Chance, tatsächlich zur Ruhe zu kommen. Und zwar im eigens eingerichteten Raum mit runden, stimmungsvoll beleuchteten Hängesesseln, "in dem Besucher selbst zur Kugel werden können", sagt Eleonora Cagol lachend. Und während sich die Besucher kuschelig einigeln, erfahren sie in dieser Audiostation etwas über die Erfinder der Weihnachtskugel: Über die Glasbläser im südthüringischen Städtchen Lauscha, das sprachlich schon zum Fränkischen zählt.

Eleonora Cagol, wissenschaftliche Volontärin der Museen der Stadt Bamberg, hat mit Sachkenntnis und Herzblut die Weihnachtsausstellung kuratiert. Zwar steht hinter dem Titel dieser Präsentation ein Fragezeichen: "Eine runde Sache? Wie Lauscha die Weihnachtskugel erfand". Doch nach einem Erkundungsgang durch die Schauräume muss ein Ausrufzeichen gesetzt werden.

Kunstform wird heute weltweit bewundet

Diese Ausstellung über eine sich seit über 170 Jahren entwickelnde Kunstform, die heute weltweit bewundert wird und seit 2021 zum immateriellen Kulturerbe der Unesco gehört, ist eine durch und durch runde Sache! Obendrein mit engen Bezügen zu Weihnachtsbräuchen in Bamberg, zu denen von der Decke hängende Christbäume in den engen Gärtner- und Häckerhäusern oder Baumschmuck aus Wassermarzipan zählen.

Exponate aus dem Museum für Glaskunst in Lauscha und von anderen Leihgebern laden dazu ein, einzutauchen in eine Welt aus leuchtenden Farben, filigranen Formen und funkelndem Glanz. Die Objekte – das älteste Stück ist eine kleine braune Glaskugel aus dem Jahr 1850 – zeigen die Vielfalt der Techniken, die die Lauschaer Kunsthandwerker beherrschen – vom traditionellen Glasbläserhandwerk bis hin zur kunstvollen Verzierung und Bemalung von Hand. Jedes Exponat erzählt seine eigene Geschichte, Geschichten von Kreativität, von Erfolg in aller Exportwelt, aber auch von Armut und Not. Sozialgeschichtliche Aspekte wie Frauen- und Kinderarbeit werden thematisiert, eindrucksvoll illustriert durch großformatige Bilder.

Ein Foto aus dem Jahr 1920 berührt besonders: Die betagte Botenfrau Ida Sorge transportiert auf dem Rücken einen Lieferkorb samt Dutzenden aufgetürmter Schachteln, in denen die Glaskugeln verpackt sind. Zwanzig Kilometer läuft die Frau damit auf Feldwegen nach Sonneberg zum Zwischenhändler.

Die Lauschaer Glasbläser stellen aber nicht nur Kugeln für den Christbaum her, sondern auch Glöckchen, Zapfen, Glaskristalle, Vögel, Fische. Dank eines Videofilms können die Ausstellungsbesucher dem Glasbläser Michael Haberland beim Herstellungsprozess von mundgeblasenen Formen über die Schultern schauen.

Neue Traditionen aus verschiedenen Kulturen

Obwohl Weihnachten seinen Ursprung im Christentum hat, wird es heute von vielen als weltliches und kommerzialisiertes Fest gefeiert. Neue Traditionen aus verschiedenen Kulturen ergänzen dies, wie die Dekoration des Weihnachtsbaumes verdeutlicht. Kuratorin Cagol verschmilzt zu guter Letzt die althergebrachten Schmuckstücke mit kuriosen aus der mechanischen Herstellung. Der Betrachter kann nur verwundert auf Bierdosen, Handys, Schreibmaschinen, Klopapier, Erdmännchen, Vibratoren schauen, die heutzutage auch als Baumanhänger gefragt sind.

Museumsdirektorin Kristin Knebel hatte nach einem Aufenthalt in Lauscha die Idee, den gläsernen Christbaumschmuck als wertvolle kulturhistorische Quelle in Bamberg sprudeln zu lassen. Die Präsentation, gefördert vom Bezirk Oberfranken, ist für sie ein "leichter Ausklang eines anspruchsvollen Ausstellungsjahres in den Museen der Stadt Bamberg."

Die "runde Sache" ist bis zum 28. Januar 2024 zu sehen, Dienstag bis Sonntag und feiertags von 10 bis 17 Uhr, am 24. Dezember von 11 bis 16 Uhr, Neujahr von 13 bis 17 Uhr. Das Begleitprogramm findet man unter www.museum.bamberg.de

Vögel sind beliebte Formen, die Lauschaer Glasbläser traditionell herstellen.
Foto: Marion Krüger-Hundrup | Vögel sind beliebte Formen, die Lauschaer Glasbläser traditionell herstellen.
 
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