Ganz spannende Einblicke in das „Labor Wald“ bekam MdL Hans-Jürgen Fahn (FW) bei seinem jüngsten Besuch im Steigerwald, der ihn vor allem zur ökologischen Außenstation der Universität Würzburg nach Fabrikschleichach führte. Simon Thorn als Leiter der Station und Ulrich Mergner, Leiter des Staatsforstbetriebs Ebrach, erläuterten dort, wie Forstbetrieb und Forschung Hand in Hand arbeiten, um den Lebensraum Wald weiter zu erforschen.
Hans-Jürgen Fahn engagiert sich seit Jahrzehnten als Naturschützer und ist daher sehr interessiert an der zukunftsweisenden Naturschutzarbeit des Forstbetriebs Ebrach. Mindestens einmal jährlich informiert er sich vor Ort. Dieses Mal war er zunächst etwas enttäuscht, weil der Beschluss des Umweltausschusses im Bayerischen Landtag zum Trittsteinkonzept noch nicht umgesetzt wird. „Eigentlich sind die Ämter für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten jetzt gefordert, ein Gesamtnaturschutzkonzept zu erstellen“, erklärte der Abgeordnete, „da müssen wir nochmal nachhaken.“
Fahn ist überzeugt von diesem integrierten Naturschutzkonzept, das die Artenvielfalt im Wirtschaftswald enorm voranbringe. Gerade in einem dicht besiedelten Land wie Deutschland, das gleichzeitig auf nachwachsende Rohstoffe setzt, sieht er hier den passenderen Ansatz für Waldnaturschutz als in Großschutzgebieten, die von der Fläche her oft gar nicht vorhanden sind, wie die Nationalpark-Diskussion zeigt.
Welche Faktoren sich auf die Artenvielfalt im Wirtschaftswald positiv auswirken, erforschen die Biologen, die im ehemaligen Forsthaus in Fabrikschleichach unter Prof. Dr. Jörg Müller forschen. Für die Staatsforsten sei das eine ganz wichtige Einrichtung, erklärte Ulrich Mergner. Zudem sei mit Müller die Zusammenarbeit nochmals intensiviert worden.
Neben der Forschung finden hier auch Block-Kurse für Biologie- und Lehramtsstudenten statt. „Da müssen wir aber manchmal bei der Bestimmung von Singvogelarten beginnen“, erklärte Dr. Thorn schmunzelnd beim Rundgang. Immer wieder sei ein solcher Unterricht wie in Fabrikschleichach für einzelne Studenten der erste echte Kontakt mit der Natur.
Neben Thorn sind hier derzeit vier, ab Herbst fünf Doktoranden mit Forschungsarbeiten beschäftigt. Fahn zeigte sich beeindruckt von der kleinen aber feinen Forschungseinrichtung. Sehr stolz ist Thorn auf das neue Labor, das derzeit eingerichtet wird, denn dann werden die Forscher in Fabrikschleichach auch DNA-Analysen erstellen können, bis auf den allerletzten Schritt der Sequenzierung. „Dann haben wir hier das gleiche Niveau wie in Würzburg.“
Modernste Bedingungen
Auch hat die Forschungsstation seit vielen Jahren einen direkten Glasfaseranschluss. So vereint das historische Gebäude modernste wissenschaftliche Rahmenbedingungen mit dem idealen Standort mitten im Forschungsgebiet.
Schon im Garten der ökologischen Station gibt es jede Menge Anschauungsmaterial: liegendes und stehendes Totholz, Steinlesehaufen und Versuchsanordnungen wie die von Doktorand Sebastian Vogel. Sein Forschungsprojekt lautet „Licht und Schatten – Optimierung von Naturschutzmaßnahmen für xylobionte Käfer“.
Es gibt 145 Holzkäferarten, dazu rund 80 Spinnen und 28 Pilzarten mit Fruchtkörpern, die ebenfalls von Holz leben. Die meisten totholzbewohnenden Arten sind vom Aussterben bedroht. Einiges konnte schon erreicht werden. Beispielsweise kommt der „Ästige Stachelbart“ im Steigerwald wieder großflächig vor – auch in einem Wirtschaftswald.
„Wir kennen die Habitatstrukturen,“, erklärte Ulrich Mergner. Dass der Stachelbart starkes Totholz braucht, weil er in der Verwertungskette ziemlich spät an die Reihe kommt, ist bekannt. Seit mehr starkes Totholz liegen bleibt, gibt es auch den Stachelbart wieder öfter.
Den ersten Nachweis im Wirtschaftswald hatte die Gemeinde Rauhenebrach, wie Bürgermeister Matthias Bäuerlein nicht ohne Stolz betonte. Auch er nutzte gerne die Gelegenheit, den Forschern über die Schulter zu schauen.
Sebastian Vogel erforscht nun über einen Zeitraum von fünf Jahren, wie sich die gleiche Habitatstruktur entwickelt, je nachdem, wo sie sich befindet.
Seine Versuchsanordnungen bestehen aus jeweils sechs Stämmen verschiedener Baumarten. Sie liegen jeweils auf einer sonnigen Wiese, auf der gleichen Wiese, aber beschattet und einmal im benachbarten Wald. Um auch das Kleinklima zu berücksichtigen, gibt es den gleichen Aufbau mehrmals an verschiedenen Stellen im Steigerwald rund um Fabrikschleichach.
Für Ulrich Mergner ist das eine sehr spannende Situation. „In der Entwicklung des Trittsteinkonzepts haben wir nur beobachtet was passiert, wenn wir dieses oder jenes anbieten.
Der weltweit älteste Versuch
Hier werden jetzt gezielt künstliche Verfallssituationen hergestellt und erforscht.“ Erste Unterschiede sind schon jetzt nach einem Jahr gut erkennbar. Fahn zeigte sich beeindruckt und bat Thorn, ihn auch weiter auf dem Laufenden zu halten.
Umgekehrt waren die Forscher durchaus beeindruckt, als Ulrich Mergner die Gruppe in die Waldabteilung „Kapelle“ führte. Hier gibt es den weltweit ältesten Buchendurchforstungsversuch, der schon 1870 begann. Der Bestand ist aus Naturverjüngung hervorgegangen und war zu Versuchsbeginn 48 Jahre alt.
Die Königlich Bayerische Forstliche Forschungsanstalt wollte damals herausfinden, wie sich der Grad der Durchforstung auf den Wald und die einzelnen Bäume auswirkt. Je nach Intensität der Durchforstung sind die Flächen in A-, B- und C-Grade eingeteilt. Es zeigt sich, dass beim höchsten Durchforstungsgrad die einzelnen Bäume dicker und sehr gerade werden, der Holzvorrat ist jedoch geringer.
Alle zehn Jahre werden auch heute noch Daten erhoben, die wertvolle Erkenntnisse für die moderne Waldwirtschaft, aber auch für den Waldnaturschutz bringen. An Stelle der Königlich Bayerischen Forschungsanstalt liegt die Fläche oberhalb von Fabrikschleichach jetzt in der Verantwortung der Technischen Universität München, die Staatsforsten werden auf deren Anordnung hin tätig.
Fahn dankte für den detaillierten Einblick in ein hoch spannendes Thema. Gerade in Zeiten der Energiewende, des Bemühens um CO2-Einsparung und der Diskussion um einen dritten Bayerischen Nationalpark. Ganz vom Thema Nationalpark abgesehen steht für Fahn allerdings fest, dass das Trittsteinkonzept ein Instrument des Waldnaturschutzes ist, das jede Unterstützung und begleitende Forschung verdient. „Wir können inzwischen nachweisen, dass im bewirtschafteten Wald mehr für die Artenvielfalt zu machen ist, als auf einer Stilllegungsfläche“, so Mergner.