Das Pausenklingeln ertönt, die Türen der Klassenzimmer öffnen sich. Keineswegs stürmen nun ungeordnet die Schüler hinaus in den Schulhof. Im Gegenteil! Gemächlich schlendern die Kinder zwischen sieben und fünfzehn Jahren durch den Flur und die Treppe hinab. Und erst an der frischen Luft bricht sich fröhliches Lachen Bahn.
Einer der 48 Schüler – darunter lediglich zwei Mädchen – ist Hannes. Ein aufgeweckter zehnjähriger Bub, der fachmännisch den Fotoapparat der Reporterin kommentiert. „Eine gute Kamera“, meint Hannes und gesellt sich zu seinen Kameraden. Nur kurz winkt er seiner Mutter Ute Maier zu, die ihm wohlwollend hinterherschaut. „Ich bin sehr dankbar, dass es diese Schule gibt, wir hatten einen steinigen Weg in der Regelschule hinter uns“, beginnt die Frau, die im Elternbeirat aktiv ist, zu erzählen.
Diese Schule – das ist die Bartolomeo-Garelli-Schule in der Hornthalstraße, eine Private Schule zur Erziehungshilfe in Trägerschaft des Don Bosco-Jugendwerks, und einziges Förderzentrum für emotionale und soziale Entwicklung in Stadt und Landkreis Bamberg. Hier finden Schüler von der 1. bis zur 9. Jahrgangsstufe mit attestiertem sonderpädagogischen Förderbedarf in diesem Bereich eine schulische Heimat. Und „unbegrenzte Zuneigung und zugeneigte Begrenzung“, umschreibt Jugendwerk-Gesamtleiter Emil Hartmann die Haltung der 19 Lehrer und heilpädagogischen Erzieher. Rektorin Gabriele Dengler-Schaible ergänzt: „Wir fördern individuell in Liebe, Geduld und Klarheit, die Kinder müssen lernen, Regeln einzuhalten“, zumal wenn Eltern sich schwer damit täten, Grenzen zu setzen.
Fehlende Kontakte durch Corona
80 Prozent der Bartolomeo-Garelli-Schüler, die aus unterschiedlichen Familien kommen, sind nach den Worten der Rektorin verhaltensauffällig, leiden unter ADHS, haben früher die Schule geschwänzt. Gerade die Corona-Jahre mit ihren Beschränkungen haben dazu beigetragen, dass „Kinder auffällig werden und im Lernen runterfallen, weil ihnen soziale Kontakte fehlen“, so Dengler-Schaible. Emil Hartmann spricht – ganz im Sinne von Don Bosco – von „verhaltensoriginellen Kindern mit Schwierigkeiten in der emotionalen und sozialen Entwicklung“: „Wir betreuen ganz besondere Menschen, geben ihnen Raum, in dem sie angenommen und Erfolg haben können, vermitteln Wissen“, fasst Hartmann pädagogische Grundsätze der Bartolomeo-Garelli-Schule zusammen.
Schulleiterin Dengler-Schaible kann sich darüber freuen, dass es „in den allermeisten Fällen gut geht und wir Kinder in die Regelschule zurückschicken können – auch wenn wir nicht zaubern!“ lächelt sie. Dankbar ist die Sonderpädagogin auch darüber, dass Bamberger Betriebe ihren Schülern Praktika ermöglichen. Und wer ausbildungsfähig und willig sei, bekäme sogar eine Lehrstelle.
Ute Maier jedenfalls ist sichtlich froh, dass ihr Sohn Hannes „wesentlich entspannter und nicht mehr so gefrustet ist, seit er die Bartolomeo-Garelli-Schule besucht“. Er nehme so „den Druck aus der Familie“, zu der zwei Geschwister gehören. „Hier fühlt sich Hannes verstanden, alle haben ein offenes Ohr, und er geht seinen Weg nicht allein“, weiß seine alleinerziehende Mutter, die an der Leidensgeschichte ihres Jungen an vier Regelschulen fast verzweifelt wäre.
Am starren System gescheitert
Hannes sei am „starren System der Regelschule gescheitert“, beklagt Ute Maier. Umso mehr zeigt sie sich davon überzeugt, dass seine jetzigen multiprofessionellen Lehrer Stärken, Persönlichkeit und Wissbegierde bestmöglich fördern. Zumal „unsere Kinder intelligent sind, sie können ihre kognitiven Fähigkeiten nur nicht nutzen“, erklärt die Lehrerin Angelika Mehlhorn, die zum mobilen sonderpädagogischen Dienst der Bartolomeo-Garelli-Schule gehört.
Dieser Dienst wird im Bedarfsfall mit dem Einverständnis der Eltern von Regelschulen angefordert. Angelika Mehlhorn erstellt dann ein Gutachten über einen Schüler, was in den Übertritt in die Förderschule münden kann. Es sei nicht möglich, so Rektorin Dengler-Schaible, dass Eltern ihr Kind direkt in der Bartolomeo-Garelli-Schule anmelden.
Interdisziplinärer Austausch
Ein weiterer wichtiger Pfeiler der Schule ist die praktisch begleitende Jugendhilfemaßnahme nach dem Unterricht am Nachmittag – Mittagessen, Hausaufgabenbetreuung und sinnvolle Freizeitgestaltung – sowie der enge interdisziplinäre Austausch mit medizinischen und psychologischen Fachdiensten, heilpädagogischen Tagesstätten, Erziehungsberatungsstellen.
Auf Anregung des Jugendamtes der Stadt Bamberg hatte das Don Bosco-Jugendwerk vor 22 Jahren die Bartolomeo-Garelli-Schule im damaligen Canisiusheim eröffnet. Die Räumlichkeiten sind in die Jahre gekommen, die Klassenzimmer zu klein, der Pausenhof zu düster. Die lange Suche nach einem anderen Standort endete nun auf dem Maisel-Gelände, auf dem 2024 ein funktionstüchtiger Schulneubau mit Turnhalle und grünen Außenanlagen entstehen soll. Emil Hartmann weist darauf hin, dass die notwendigen Kosten refinanziert werden, die Grundstückskosten bleiben aber als Eigenanteil beim Schulträger Don Bosco-Jugendwerk.