
Wer in der fränkischen Flur wandert oder Rad fährt, der stößt immer wieder auf Marterl, Bildstöcke und kleine Flurkapellen. Zeugnisse großer Volksfrömmigkeit, die oftmals auch von Familienschicksalen erzählen. Auch in Oberaurach finden sich zahlreicher solcher Kapellen, eine davon, das Trossenfurter Käppela, wurde jetzt ehrenamtlich saniert und zeigt sich in neuem Glanz.
Die Heimat nie vergessen
Die Kapelle wurde aus traurigem Anlass errichtet. Der Unternehmer und Steinmetz Adam Bühl errichtete sie im Andenken an seine Söhne Oscar und Günther, die im Zweiten Weltkrieg in Rußland gefallen waren. Adam Bühl lebte damals längst in Berlin, führte dort mit seiner Frau ein großes Baugeschäft. Seinen Heimatort hat er aber nie vergessen. Viele Trossenfurter arbeiteten bei ihm in Berlin beziehungsweise auf den Baustellen überall in Deutschland und darüber hinaus. Die Kapelle zum Gedenken an seine Söhne ließ er deshalb auch in Trossenfurt errichten: Oben am Berg in Richtung Hummelmarter, mit Blick ins Aurachtal und auf seinen Geburtsort. Der grüne Sandstein kam aus dem Steinbruch in Obersteinbach. Das kleine Gotteshaus wurde mit allem ausgestattet, was für einen Gottesdienst nötig ist, sogar eine Glocke kam in den Turm, früher baumelte hinten in der Kapelle das Glockenseil. Rechts und links der Pieta stehen auf zwei Tafeln die Namen aller Gefallenen aus Trossenfurt und Tretzendorf beider Weltkriege.
Die Familienmitglieder, die heute noch in Trossenfurt leben, kümmern sich um die Kapelle. Vor allem Eduard Bühl wird immer wieder aktiv, wenn etwas zu reparieren ist.
Käppela jetzt rundum saniert
„Das Käppela wurde sehr gut gebaut, aber ab und zu muss halt doch was gemacht werden“, erzählte er im Gespräch mit dieser Redaktion. So war 1997 das Dach undicht. Die Trossenfurter sehen das Käppela als ihres, nicht als das der Familie Bühl und so findet Eduard Bühl immer große Unterstützung, vor allem bei den örtlichen Firmen. So hat die Schlosserei Döll schon das Turmkreuz saniert und die Kugel neu vergoldet. Und auch diesmal, als ein neuer Innenanstrich nötig war, stieß Eduard Bühl auf offene Ohren. Auch die Familie Stappenbacher schätzt das Käppela sehr und so beauftragte der Seniorchef seinen Enkel Lukas, zusammen mit einem Maler-Lehrling der Firma für den neuen Anstrich zu sorgen, einschließlich des Text-Frieses. Nun ist das Käppela wieder rundum saniert. Immer am 1. Mai findet hier eine Maiandacht statt, viele Menschen kommen hierher für ein stilles Gebet oder auch einfach nur, um von der Bank neben der Kapelle die herrliche Aussicht zu genießen.
Familien gibt es oft nicht mehr
Bei vielen der Flurkapellen sind heute die Eigentümer kaum noch zu ermitteln, oder die Familien gibt es nicht mehr. Dann finden sich fast immer aus der Dorfgemeinschaft Menschen, die sich kümmern. So war es beispielsweise mit der kleinen Flurkapelle oberhalb von Unterschleichach am Fatschenbrunner Berg. Sie ist wesentlich kleiner, nicht mit Sitzplätzen wie in Trossenfurt. Aber auch sie braucht Pflege, wenn sie nicht verfallen soll. Das kleine Flurkäppela, das Ziel der Unterschleichacher Bittprozession am letzten Sonntag im Mai ist, wird vom Stammtisch „Wolperdinger“ aus Unterschleichach betreut, mittlerweile ist der Stammtisch sogar Eigentümer. Die Stammtischmitglieder und Vorsitzender Ewald Bühl sorgen immer mal wieder für einen neuen Anstrich, sehen, dass die Dachziegel nicht beschädigt sind – und beteiligen sich in großer Zahl am Bittgang zum dann feierlich geschmückten Kapellchen, das die Muttergottes ehrt.
St. Josef in Kirchaich: Ein junges Beispiel
Eine wesentlich kürzere Geschichte hat die Kapelle St. Josef in Kirchaich. Auch sie steht hoch über dem Ort, ist ein Ort der stillen Einkehr und bietet eine herrliche Aussicht. Oft trifft man hier Josef Heil. Der Steinmetz aus Kirchaich hat diese Kapelle anlässlich seines 50. Geburtstags errichtet und der Öffentlichkeit gewidmet. Er hat damit den vielen älteren, teils sehr alten Kapellen in der Oberauracher Flur eine neue, modernere hinzugefügt und eine lange Tradition weitergeführt.
Was geschah „Anno 1900“?
Ein rätselhaftes und sehr traurig stimmendes Mahnmal am Wegesrand steht zwischen Trossenfurt und Eltmann an einem Flurweg, ein paar Schritte in den Wald hinein. Ein Holzkreuz mit farbigen Verzierungen und der Inschrift „Babymord Anno 1900“. An diesem Kreuz bleibt Georg Hofmann oft stehen – über diesen angeblichen Kindermord konnte er aber nie etwas in Erfahrung bringen. „Aber irgendwer steckt hier immer mal frische Blumen hin. Vielleicht jemand, der auch ein Kind verloren hat“, erzählte er bei einem Treffen mit dieser Redaktion.