Für die Kunden klang es mehr als vielversprechend. Ihnen wurden sogenannte "gesponserte" Lebensversicherungsverträge angeboten, die nach der Laufzeit ausbezahlt werden würden und die ohne Beitragszahlung ablaufen sollten. Finanziert werden sollte dieses Konstrukt mit den spekulativ angelegten Provisionen, die der Versicherungsagent von der Versicherungsgesellschaft erhalten sollte. Vor dem Amtsgericht der Kreisstadt stellte sich nun heraus, dass dieses System nicht funktionierte und dass die Versicherungsgesellschaft betrogen worden war.
Das System war – zumindest in der Theorie – so aufgebaut, dass der Versicherungsagent die Provision, die er für den Abschluss der Verträge erhielt, in eine profitable Anlage stecken sollte. Von dem daraus erzielten Spekulationsgewinn mit einer 17-prozentigen Rendite sollten alle – die Agenten wie auch die Kunden – profitieren. Die Quittung für fünf derart fingierte Lebensversicherungen kassierte ein Mann (49) aus dem nördlichen Haßbergkreis. Weil der inzwischen arbeitslos gewordene verheiratete Familienvater die Versicherung, bei der er angestellt war, um rund 15 000 Euro betrogen hatte, verurteilte ihn das Amtsgericht Haßfurt zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu je 25 Euro, also zu 2250 Euro.
Die Kunden hätten es so gewollt
Bei der von der Oberstaatsanwältin verlesenen Anklageschrift ging es um Vorgänge aus dem Jahr 2016. Damals war der Angeklagte als "Generalagent" bei einer Versicherung angestellt. Verteidiger Ronald Lubas, der in Würzburg bereits ähnliche Prozesse als Strafverteidiger erlebt hat, sprach von sogenannten "Robin-Hood-Verträgen". Gemeint ist damit, dass sich ein Versicherungsagent potentielle Kunden sucht und diesen verspricht, dass deren Beiträge durch eine geschickte Anlage der Provision "ausgeglichen" werden. Der Anwalt bezeichnete dieses Konstrukt als "Humbug".
Nach langem Hin und Her räumte der Angeklagte sein Fehlverhalten ein. Zu seiner Entlastung gab er unter anderem mehrfach an, dass die Kunden die "gesponserten Verträge" unbedingt gewollt hätten. Als ihm klargeworden sei, dass die Sache nicht funktionieren würde, habe er seine Kunden dazu gedrängt, sämtliche Verträge zu stornieren. Er selbst habe die erhaltenen Provisionen vollständig zurückbezahlt, sodass der Versicherung kein Schaden entstanden sei. Strafrichterin Kerstin Leitsch machte dem Beschuldigten allerdings klar, dass auch bei einer Wiedergutmachung juristisch gesehen der Betrug bestehen bleibe.
Eine typische "Täuschung im Rechtsverkehr"
Die Vertreterin der Anklage erläuterte in ihrem Plädoyer ausführlich, worin bei diesem Fall der Betrug besteht. Beim Einreichen eines Versicherungsvertrages vertraue die Gesellschaft darauf, dass der Versicherungsnehmer ein ernsthaftes Interesse an der Versicherung habe und dass er die vereinbarten Beiträge pünktlich bezahlten werde. Hier sei genau das nicht der Fall gewesen, denn es seien falsche Tatsachen vorgespiegelt worden, mithin handele es sich um eine typische "Täuschung im Rechtsverkehr". Ob das von Seiten der Kunden als Beihilfe oder Anstiftung zum Betrug zu sehen sei, darum wäre es in diesem Prozess nicht gegangen. Jedenfalls forderte sie für den Angeklagten eine empfindliche Geldstrafe von 130 Tagessätzen á 25 Euro, zusammen also 3250 Euro.
Der Angeklagte hätte das nicht nötig gehabt
Der Verteidiger beantragte eine geringe Geldstrafe, damit sein Mandant in absehbarer Zeit beruflich wieder in der Versicherungsbranche Fuß fassen könne. Er betonte, dass der Angeschuldigte durch diese "dumme Sache" seinen gutbezahlten Job verloren habe. Eigentlich habe sein Mandant durch jahrelange seriöse Arbeit einen festen Kundenstamm gehabt und sei auf derart windige Geschäfte überhaupt nicht angewiesen gewesen. Schuld seien im Grunde andere Leute, die ebenfalls als Versicherungsmakler agierten und das oben beschriebene System "erfunden" hätten. Sein Mandant wäre nicht der "Initiator" der ganzen Chose. Dieser bekannte in seinem Letzten Wort: "Ich habe mehr als genug Lehrgeld bezahlt."
Die Vorsitzende hielt in ihrem Richterspruch dem Verurteilten zugute, dass er geständig gewesen sei und dass die Vorgänge schon einige Jahre zurücklägen. Außerdem wertete sie als mildernde Umstände, dass er keine Vorstrafe habe, den Schaden wiedergutgemacht habe und in Folge der Angelegenheit nun arbeitslos sei. Trotzdem bleibe es ein Betrug. Abschließend erklärten alle Beteiligten, auf die Einlegung von Rechtsmitteln zu verzichten. Dadurch wurde das Urteil sofort rechtskräftig.