Dass ein 22-jähriger Arbeiter aus Haßfurt am Mittwoch „nur“ wegen gefährlicher Körperverletzung vor dem Schöffengericht saß und sich nicht wegen versuchten Totschlags vor dem Schwurgericht des Bamberger Landgerichts verantworten musste, lag daran, dass die Verletzungen seines Opfers nicht allzu schwerwiegend waren.
Doch der 23-jährige Geschädigte hätte durchaus auch tot sein können an jenem frühen Morgen des 26. Oktober vergangenen Jahres. Gegen vier Uhr morgens verließ der junge Mann eine Diskothek in Knetzgau. Er forderte eine ihm bekannte junge Dame auf, mit ihm den Nachhauseweg anzutreten.
Dies missfiel dem 22-jährigen Angeklagten, der sich gerade mit der Frau unterhielt. Es kam zu einer Rangelei, bei der der Geschädigte zunächst seinen Gegner in den Schwitzkasten nahm und mit der Hand schlug. Nach dem die beiden Streithähne getrennt waren, schlug der 23-Jährige laut Anklageschrift mehrmals seinem Gegner mit der Faust ins Gesicht, sodass der zu Boden ging.
Dann nahm der Angeklagte zwei bis drei Schritte Anlauf und trat seinem noch am Boden liegenden Opfer mit Wucht ins Gesicht. Dabei brach das Jochbein des Geschädigten, er erlitt eine Platzwunde am Kinn und eine Nasenprellung. Er blutete sofort stark und wurde mit dem Krankenwagen in die Notaufnahme des Haßfurter Krankenhauses gefahren. Dort wurde die Wunde genäht und die Blutung gestillt.
Glücklicherweise waren die Verletzungen nicht so schwer, sodass der 23-Jährige nach wenigen Stunden die Klinik verlassen konnte. Er war sechs Wochen lang krank geschrieben, trug aber – außer zwei Narben – nach eigener Aussage keine Folgeschäden davon. Das Gericht verurteilte den Angeklagten zu einer Freiheitsstrafe von 22 Monaten, die es für vier Jahre zur Bewährung aussetzte. Als Auflage muss er 2500 Euro an den Weißen Ring und weitere 500 Euro an sein Opfer zahlen. Außerdem muss er zehn Stunden gemeinnützige Arbeit ableisten, ein Anti-Gewalttraining absolvieren und regelmäßig Drogenscreenings vorlegen.
Obwohl der Fußtritt gegen einen Wehrlosen eine lebensgefährdende Handlung darstellt, wertete das Gericht die Tat als einen „minder schweren Fall“: denn der Täter sei zum einen provoziert worden, zum anderen war er stark alkoholisiert.
Fünf Bier, fünf große Gläser Wodka-Energy und zwei Flaschen Wodka zu Fünft habe er intus gehabt, meinte er vor Gericht. Jetzt, im nüchternen Zustand, bereute er die Tat. Per Handschlag entschuldigte er sich im Gerichtssaal bei dem Geschädigten und überreichte ihm 500 Euro Schmerzensgeld in einem Briefumschlag.
Den Vorwurf der Faustschläge stellte das Gericht ein, da der Geschädigte angab, dabei nicht getroffen worden zu sein. Lediglich seine Brille sei dabei zerbrochen. Bei ihm wurde im Krankenhaus ein Alkoholpegel von 0,62 Promille festgestellt.
Durch das Geständnis des Angeklagten blieb zwölf erschienenen Zeugen eine Aussage erspart. Sechs weitere Zeugen kamen nicht. Der Angeklagte wurde durch einen Pflichtverteidiger und einen Wahlverteidiger vertreten. Sie forderten eine Bewährungsstrafe von 18 Monaten. Staatsanwalt Stefan Jäger hatte zuvor zwei Jahre auf Bewährung gefordert. Die Situation sei eigentlich schon geklärt gewesen.
Dann sei der „große Auftritt“ des Angeklagten gekommen, der schon in der einmonatigen Untersuchungshaft erleben musste, was ein Freiheitsentzug bedeutet. Der drohe ihm beim nächsten Vergehen wieder, drohte ihm sowohl der Anklagevertreter, als auch die Vorsitzende. „Irgendwann ist Schicht im Schacht“, meinte sie abschließend.