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BAMBERG
Farbenprächtig, fabelhaft, fantastisch
Beeindruckende Kulisse, aufwendige Produktion: Im Bamberger Stadttheater wirkten 24 Schauspielern bei „Der Mann von La Mancha“ mit.
Foto: Thomas Bachmann | Beeindruckende Kulisse, aufwendige Produktion: Im Bamberger Stadttheater wirkten 24 Schauspielern bei „Der Mann von La Mancha“ mit.
Von unserer Mitarbeiterin LAURA BERGER
 |  aktualisiert: 15.12.2020 15:33 Uhr

Düster ist das Bühnenbild, beinahe schwarz. Gitterstäbe säumen das, was ein wenig wie ein Kerker im Schiffsbauch aussieht. Tatsächlich handelt es sich um das Gefängnis der spanischen Inquisition. Diese tobte über drei Jahrhunderte lang in Spanien. Chaos, Elend und rohe Gewalt bestimmten die Zustände in den überfüllten Zuchthäusern.

Vor dieser Kulisse spielen sich in den nächsten zwei Stunden Szenen ab, die bis an den Wahnsinn grenzen. Aussprüche wie „Tatsachen sind die Feinde der Wahrheit“ verdeutlichen die Narrheit. Im Musical von Dale Wasserman, Joe Darion und Mitch Leigh greifen gleich zwei Erzählebenen ineinander. Die Rahmenhandlung bildet das Schicksal von Cervantes, der verhaftet wird. Die darunterliegende Ebene umfasst den Stoff vom verrückten Ritter „Don Quixote“, der bis ins Spanien zu Beginn des 17. Jahrhunderts zurückreicht.

Beide Erzählstränge sind im Musical so miteinander verwoben, dass sie ein verrücktes, unterhaltsames und äußerst lebendiges Stück gleichsam dem Leben des „Don Quixote“-Autoren Cervantes selbst abgeben. Im Stück wird er selbst zur Hauptfigur.

Gleich zu Beginn landet der Steuerbetrüger Miguel de Cervantes im Verlies. Dieser entpuppt sich als Dichter, Schauspieler und Theaterautor. Es soll bald eine Gerichtsverhandlung geben. Doch Recht wird nicht nur außerhalb der Mauern gesprochen – auch unter den Gefangenen existiert ein Tribunal. Zwielichtige Gestalten stürzen sich auf ihn, entreißen ihm all seine Theaterkostüme sowie auch das Manuskript vom Ritter „Don Quixote“. Um es zu retten, muss er beweisen, dass er der Autor des Werks ist.

Ab diesem Zeitpunkt beginnen die Grenzen zwischen Wirklichkeit und Fantasie zu verwischen. Die Insassen spielen mit dem Dichter Szenen aus seinem unveröffentlichten Roman nach. Auf dem Feldzug des Ritters werden Halunken zu Patern, Schenken zu Schlössern, Prostituierte zu Edeldamen und Windmühlen zu Riesen. „Ich bin Don Quixote, der Mann von La Mancha“, singt der Protagonist (Volker J. Ringe) voller Inbrunst mit tiefer, angenehmer Stimme. Im Lied „Der Ruf“ (im Engl.: „The Quest“) singt er von seinem himmlischen Ziel, den unmöglichen Traum zu träumen, den unschlagbaren Feind zu schlagen. Die Figur des Don Quixote steht für Idealismus und den unerschütterlichen Glauben an das Gute. Sie verdrängt die traurige Realität und erkennt ihre eigene Identität nicht an. Überzeugt vertritt er die Rittertugenden Freiheit, Gerechtigkeit und Ehre. Mittelpunkt seiner Illusionen stellt die Prostituierte Aldonza dar, in der er die Prinzessin Dulcinea erkennt. Schließlich schlägt man ihn aufgrund seiner ehrwürdigen Verdienste zum „Ritter von der traurigen Gestalt“.

Gerade die erste Hälfte steckt voller Witz, Lacher sind garantiert. Der zweite Teil schlägt gleich zu Beginn ins Dramatische um. Iris Hochberger in der Rolle der Aldonza gelingt die mutige Herausforderung, die Gewaltszenen täuschend echt aussehen zu lassen. Überhaupt überzeugen die drei Protagonisten Aldonza, Don Quixote/Cervantes (Volker J. Ringe), Sancho/Diener (Patrick L. Schmitz) durch ihre überragende schauspielerische Leistung. Bis auf Hochbergers eher schwache Stimme harmonieren die, teils mehrstimmigen, Gesangseinlagen von Cervantes, Sancho, Antonia (Nadine Panjas), der Haushälterin (Aline Joers) und dem Padre (Ulrich Bosch) gut miteinander.

Der Band „ensambleKONTRASTE“ aus Nürnberg gelang es, unter der musikalischen Leitung Manfred Knaak eine teils mitreißende, teils gefühlvolle Atmosphäre mit spanisch-anmutenden Klängen zu kreieren. Doch nicht nur die Musik allein macht den besonderen Zauber der Inszenierung von Regisseur Ernö Weil aus: Die farbenprächtige, ausgewählte Ausstattung und das variable Bühnenbild (Karin Fritz), die fein durchdachte Dramaturgie (Ulrike Kitta) und die Requisite verstärken den Effekt des chaotisch Fantastischen. Besonders die Spiegel-Szene wirkt ästhetisch und lässt die Hauptfigur in mehrere Teil-Identitäten zu zerfallen scheinen. Zudem untermalen die Choreografien (Daniela Rüger) der Schauspieler den Witz und das Groteske des Stückes sehr trefflich.

Der Stoff begeistert das Publikum nach wie vor. Der Stoff, aus dem „Der Mann von La Mancha“ gemacht ist, lädt auch noch heute zum Träumen ein.

Weitere Vorstellungen

An diesen Tagen wird das Musical „Der Mann von La Mancha“ erneut aufgeführt: 12., 15. bis 17. Mai, 1. und 2. sowie 7. bis 9. Juni, 13. und 14. Juni, jeweils im Großen Haus. Eine halbe Stunde vor Beginn ist Einführung im Treff oder Gewölbe.

 
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