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HASSFURT
Familienfehde landet vor Gericht: Wegen einer Gießkanne
Martin Schweiger
 |  aktualisiert: 11.12.2019 18:49 Uhr

Satte 800 Euro sollte ein 59-jähriger Arbeiter aus dem nordöstlichen Landkreis für drei Kraftausdrücke zahlen, die er laut Strafbefehl seiner 78-jährigen Mutter und seiner Schwester an den Kopf geworfen hatte.

Er weigerte sich aber zu zahlen, legte Einspruch ein und musste daher am vergangenen Freitag mit seinem Anwalt vor dem Amtsgericht erscheinen, wo sich das heillose Familiendrama entfaltete.

Er lebe mit seiner Mutter in einem Haus. Seit Jahren werde er selbst von seiner Mutter beleidigt, gab er auf der Anklagebank den „schwarzen Peter“ weiter. Dass er selbst verbal zurückgeschlagen hatte, leugnete er dabei nicht.

Auch seine Ehefrau sei von seiner Mutter schon als „faule Sau“ beschimpft worden, obwohl die doch nach einer Krebs-Operation arbeitsunfähig sei.

Fliegende Gießkanne

Im Juni diesen Jahres erreichte der Kleinkrieg seinen Höhepunkt, als der Angeklagte im Garten vor dem Haus gegen eine Gießkanne mit dem Fuß kickte und dabei seine Mutter traf.

Sie erstattete Anzeige wegen Beleidigung und Körperverletzung. Die Körperverletzung wurde allerdings nicht angeklagt. Auch die Schwester des Angeklagten zeigte den Angeklagten wegen Beleidigung an. Auch das Verhältnis zu ihr sei seit Jahren zerrüttet.

Mit der Mutter kommuniziere der Angeklagte nur noch per Anwalt, erfuhr man im Prozess. Als er eine Tiefkühltruhe vorübergehend in ihren Teil der Garage stellen wollte, sei ihm dies per Anwaltsschreiben verboten worden.

Als die Heizung einmal ausfiel, habe sie sogar die Polizei angerufen. Er selbst sei nie auf die Idee gekommen, seine Mutter anzuzeigen. „Ich bin dazu geraten worn“, gab der 59-Jährige zu Protokoll.

Die Mutter, die acht Kinder aufzog und ihren Ehemann früh verlor, wolle das Haus, das sie ihrem Sohn überschrieb, wieder zurückhaben. Vor drei Jahren starb ihr Lebensgefährte. Seitdem gebe es Streit.

Bei Schwester entschuldigt

Doch die Nachbarn, denen der Familienzwist nicht verborgen blieb, wollen nicht gegen die Mutter aussagen.

Auch die 58-jährige Schwester ist nicht gut auf ihren Bruder zu sprechen. Jedes Mal, wenn sie die Mutter besuche, werde sie von ihm beschimpft. Dies sei „traurig“. Sie wünsche sich, dass man „mit offenen Karten redet“.

Die Mutter selbst erschien nicht vor Gericht. Sie soll einen Tag vor der Gerichtsverhandlung in Urlaub gefahren sein, will der Angeklagte erfahren haben.

Richterin Ilona Conver klärte die Prozessbeteiligten darüber auf, dass das Amtsgericht „kein Therapie-Institut“ sei. Es sei ein „kostspieliges Hobby“, seine Konflikte über die Judikative auszutragen.

Da der Angeklagte strafrechtlich noch nie in Erscheinung trat, stellte das Gericht das Verfahren ohne Geldauflage ein. Der Angeklagte hatte sich zuvor bei seiner Schwester entschuldigt.

 
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