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UNTERSCHLEICHACH
Fall Janina: „Es kommt wieder alles hoch“
Ausdruck der Trauer: An der Stelle in Unterschleichach, wo das tödliche Projektil Janina traf, steht ein Gedenkkreuz und Kerzen.
Foto: Alois Wohlfahrt | Ausdruck der Trauer: An der Stelle in Unterschleichach, wo das tödliche Projektil Janina traf, steht ein Gedenkkreuz und Kerzen.
Alois Wohlfahrt
Alois Wohlfahrt
 |  aktualisiert: 22.06.2022 09:31 Uhr

Es herrscht vorweihnachtliche Normalität in der Küche der jungen Frau. Weihnachtsschmuck an den Wänden, Adventskerzen, Vorbereitungen für das Mittagessen. Aber von Normalität ist die junge Frau in Unterschleichach (Lkr. Haßberge) weit entfernt. Wie wohl die meisten Menschen im Ort an diesem Tag. Während sie am Küchentisch sitzt, wird rund 30 Kilometer entfernt im Bamberger Landgericht die Nacht aufgearbeitet, die das Leben im Ort so sehr verändert hat, dass Normalität an vielen Tagen dieses Jahres allenfalls ein Wunsch war. „Es kommt jetzt einfach wieder alles hoch“, sagt die junge Frau, die nicht mit Namen genannt sein will. Ja, auch beinahe ein Jahr danach ist ihr „unbegreiflich“ wie es zum Tod der kleinen Janina in der Silvesternacht kommen konnte.

„Die Situation ist belastend für alle Betroffenen, auch für die Familie des Täters.“

Sie kennt den Schützen, seine Familie, den Sohn. Ihr tut der Junge „unendlich leid. Ich hoffe für ihn, dass er eine gute Betreuung hat.

“ Für viele Menschen im Ort stand schon kurz nach der Ermittlung des 53-jährigen mutmaßlichen Täters fest: Janina, ihre Angehörigen und Freunde wurden durch die Tat zu Opfern – aber auch die Angehörigen des Mannes, der die Schüsse gestanden hat, dessen Eltern und dessen ehemalige Lebensgefährtin mit dem gemeinsamen Sohn. Umso wichtiger ist, dass der Prozess begonnen hat, dass das Urteil gesprochen wird, sagt die Frau.

Unverständlich, „wie der einfach drauflosschießen kann“

Ähnlich die Meinung eines älteren Mannes. Er ist aus einem Nachbarort. Den mutmaßlichen Schützen kennt er nicht, aber auch fast ein Jahr nach Tat ist für ihn unverständlich, „wie der einfach drauflosschießen kann“. Für ihn ist wichtig, „dass der Prozess bald vorüber ist, dass es eine gerechte Strafe gibt. Dass das alles nun einmal ein Ende hat.“

Auf einen schnellen Abschluss des Prozesses hofft auch Oberaurachs Bürgermeister Thomas Sechser. Unterschleichach mit seinen rund 400 Einwohnern ist ein Ortsteil von Oberaurach. Bei den Menschen gebe es nach den den vielen Ausnahmesituationen in den vergangenen Monaten verständlicherweise eine „Sehnsucht nach Normalität“. Sechser hofft, dass der Prozess vor Weihnachten zu Ende geht, denn „die Situation ist belastend für alle Betroffenen, auch für die Familie des Täters“.

„Es geht mir zu nahe“

Die Gedanken von Sabine Weinbeer kreisen an diesem Vormittag ebenfalls um den Prozess in Bamberg. „Ich habe mir lange überlegt, ob ich hingehe, mich dann aber dagegen entschieden, weil es mir einfach zu nahe geht“, sagt die Unterschleichacherin. Sie ist Dritte Bürgermeisterin von Oberaurach. Dass der Prozess nun in der Vorweihnachtszeit stattfindet, sieht sie für alle als eine zusätzliche Belastung.

Belastende, schlimme Tage

Belastende, schlimme Tage haben alle in diesem Jahr durchlebt. Der Tod der kleinen Janina in der Silvesternacht, dann die Tatsache, dass sie durch eine Kugel getötet wurde und dann das Ermittlungsergebnis, „dass es jemand war, den du von klein auf kennst“.

Während die Polizei ihre Ermittlungsarbeit tat, waren diese Tage und Wochen für viele Menschen beängstigend. Insbesondere die ersten Wochen des Jahres, bis dann der mutmaßliche Schütze ermittelt werden konnte. Eine Hundertschaft der Polizei war im Ort, Verdächtigungen wurden laut, es gab Hausdurchsuchungen, erinnert sich Bürgermeister Sechser.

Der Ort kam nicht zur Ruhe

Auch nachdem der mutmaßliche Schütze ermittelt worden war, gab es Situationen, die nicht dazu beitrugen, dass der Ort zur Ruhe kommen konnte, so Weinbeer, und erinnert sich an einen Einsatz der Polizei, als „gefühlt stundenlang“ vom Hubschrauber aus der Ort für die Beweisführung gescannt wurde.

Es war eine schwierige Zeit, so Weinbeer, besonders als noch niemand wusste, wer geschossen hatte oder warum.

„Damit das Geschehene zumindest vernarben kann“

Sie glaubt, dass sich in dieser Zeit auch die Dorfgemeinschaft bewährt hat. Eine Andacht wurde angeboten, „damit die Menschen spüren, dass sie nicht allein gelassen werden“. In den ersten Wochen hatten zudem Notfallseelsorger im Ort wichtige Arbeit geleistet. Weinbeer hofft, wenn das Urteil gefallen ist, dass sich die betroffenen Familien einen neuen Alltag aufbauen können, „dass das Geschehene zumindest vernarben kann“. Dennoch ist sie realistisch: „Es wird aber wohl immer wieder aufbrechen.“

„Sonst gehst Du daran kaputt“

Auf ein Ende des Prozesses hofft auch die junge Unterschleichacherin, die in ihrer Küche sitzt. Damit die Menschen ein wenig zu einer Normalität zurückkehren können. „Sonst gehst du daran kaputt.“

 
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