Der Betrieb in der Seniorenresidenz Schloss Gleusdorf (Lkr. Haßberge) geht unter den Argusaugen der Heimaufsicht aus dem Landratsamt Haßberge weiter. Derweil weitet sich der Skandal weiter aus.
Jetzt gibt es Zeugenhinweise auf einen weiteren mysteriösen Todesfall, es wäre Nummer sechs seit Beginn der Enthüllungen. Demnach wurde einer Seniorin, die die Nahrungsaufnahme verweigerte, vor Jahren das Essen unter Anwendung von Zwang verabreicht. „Ihr wurde die Nase zugehalten und das Essen in den Mund gestopft“ – und zwar von einer Vertrauten der mittlerweile in U-Haft sitzende Geschäftsführerin. Dabei gelangte offenbar Nahrung in die Luftröhre der alten Frau. Pflegerinnen von damals erinnern sich, dass die alte, zierliche Frau, „weil sie aspirierte“, ins Krankenhaus gebracht werden musste, wo sie am Tag darauf aber starb.
Dass es diese Art von „Ernährung“ gab, bestätigen auch andere ehemalige Pflegekräfte. „Die, die schlecht gegessen haben, wurden fett gefüttert. Es gab Puddingsuppe – früh, mittags und abends. Auf den Pudding kam noch Butter drauf – nur wegen der Kalorien. Das war so ekelig. Danach saßen die Leute Stunden lang auf dem Klo.“
Jetzt wurde außerdem bekannt, dass bereits Ende 2002 den Kontrolleuren des Medizinischen Dienstes (MDK) die unzureichende Pflege in der Seniorenresidenz aufgefallen war. In einem internen Protokoll einer Personalbesprechung im Schloss, das der Bamberger Zeitung „Fränkischer Tag“ vorliegt und von Heimleiter und Mitgesellschafter Peter U. unterzeichnet ist, bezeichnete dieser damals das Ergebnis der MDK-Prüfung als „katastrophal“. Der MDK schrieb: „Einige Bewohner wurden ,schwimmend‘ in ihrem Bett vorgefunden.“ Damals wurde vom MDK ein sofortiger Aufnahmestopp für das Haus verhängt.
Der Heimleiter ist im Gegensatz zu seiner Mitgesellschafterin auf freiem Fuß – und noch an verantwortlicher Stelle in der Seniorenresidenz tätig. Dies bestätigte das Landratsamt Haßberge am Freitag. Und: „Bei einer Ortseinsicht aufgrund der aktuellen Gegebenheiten wurde ein normaler Pflegebetrieb wahrgenommen. Der Heimleiter und ein stellvertretender Pflegedienstleiter kümmern sich um den laufenden Betrieb.“
Das Landratsamt geht davon aus, dass die Bewohner in der Einrichtung bleiben können. (Fach-)Personal sei vorhanden, die ärztliche und medikamentöse Versorgung gewährleistet. „Die Heimaufsicht wird die Einrichtung in den kommenden Monaten engmaschig begleiten und kontrollieren“, sagt Pressesprecherin Monika Göhr.
Dass dies in der Vergangenheit nicht immer der Fall war, beklagen viele Pflegekräfte, die an die Öffentlichkeit gingen, sich aber selbst an den Pranger gestellt fühlen. „Wir wurden von den Aufsichtsorganen im Stich gelassen.“ Und auch Angehörige sehen dies so. Eine Tochter, die im Jahr 2010 ihre Mutter wegen eines Hilferufs nachts um 22 Uhr im Rollstuhl aus dem Heim holte, hatte sich danach bei der Heimaufsicht beschwert. Ohne Konsequenzen.