Militär in der Stadt lässt sich nicht auf Folklore reduzieren. Nicht auf reitende Ulanen und Musikkapellen der Infanterie. Weil Militär in der Stadt stets Fragen staatlicher Macht, exekutiver Handlungsspielräume und gewisse Schutzfunktionen berührt. Militär in der Stadt birgt auch ein bestimmtes Konfliktpotential. Selbst wenn Soldaten die Freiheit der Bürger verteidigten, Teil des lokalen Vereinslebens waren, zahllose Männer und Frauen aus dem Ort oder der Region beschäftigten – und sei es zum Beispiel zur Errichtung von Kasernen, Waffen- und Munitionsdepots, Übungs- und Schießplätzen, Kommando- und Verwaltungsbehörden, Lazaretten, Gefängnissen und Garnisonskirchen.
Spuren bis heute sichtbar
Vieles davon ist bis heute sichtbar – gerade auch in Bamberg. Doch was bedeutete die Stationierung von Soldaten in der Stadt? Wie gestaltete sich das mal freiwillige, mal unfreiwillige, mal harmonische, mal krisenbehaftete Zusammenleben der Bamberger Bürger mit den in den Kasernen ihrer Stadt untergebrachten Offizieren und Soldaten? Wie verläuft die Traditionslinie vom Deutschen Kaiserreich bis in die Zeit des Kalten Krieges und bis zum Abzug der US-Armee 2014? Wie zeigt sich Architektur als Medium US-amerikanischer Kulturdiplomatie in Deutschland nach 1945 am Beispiel der Dominikanerkirche im Sandgebiet?
Fragen, auf die das reich bebilderte und mit Quellen gesättigte Buch „Bamberg. Militär und Stadt“ fundiert antwortet. Die beiden Herausgeberinnen, Professorin Sabine Freitag und Dr. Gabriele Wiesemann, schließen mit dieser Neuerscheinung eine Lücke in der Bamberger Stadtgeschichte, die mit der Konversion eine notwendigerweise zeitgemäße Fortsetzung findet. „Bisher konnte man über die Geschichte Bambergs als Garnisonsstadt und den bedeutenden Wirtschaftsfaktor Militär nichts nachlesen, es gibt nichts Vergleichbares“, sagen die Herausgeberinnen gegenüber dieser Redaktion.
Großes Interesse bei Vorlesung
Sabine Freitag hat den Lehrstuhl für Neuere und Neueste Geschichte unter Einbeziehung der Landesgeschichte an der Otto-Friedrich-Universität Bamberg inne. Gabriele Wiesemann ist promovierte Kunsthistorikerin, Publizistin und Ausstellungskuratorin für Architektur- und Kulturgeschichte. Beide Frauen boten zum Thema Militär in Bamberg im Sommersemester 2014 eine Ringvorlesung an, die auf großes Interesse stieß.
Daraus erwuchs die Idee zu dem Buch, das über die Vorlesung hinaus eine Fülle neuer geschichtlicher Aspekte vorstellt. Sabine Freitag und Gabriele Wiesemann haben weitere Autoren gewonnen, die in dem thematisch breit angelegten Sammelband sowohl kunsthistorische als auch historische Zugänge zur Vergangenheit von Stadt und Militär aufzeigen.
„Das Buch richtet sich an jeden, es ist völlig hürdenfrei zu lesen“, versichert Gabriele Wiesemann. Sie erzählt von einer „sehr guten Aktenlage“, von „fast keinen Kriegsverlusten“, was die akribischen Recherchen zu dem Buch in den einschlägigen Archiven erleichtert habe. Nur in der nationalsozialistischen Zeit sei das Militär ab 1936 von einer aktenkundigen Auskunftspflicht gegenüber der Kommune befreit gewesen. Doch „auf Umwegen sind wir auch zu Auskünften gekommen“, so Wiesemann, die sich schon seit 2010 mit dem Komplex „Militär und Stadt“ beschäftigt und die Initialzündung für die Ringvorlesung und letztlich das Buch lieferte.
Öffentlich vorgestellt
Der Band „Bamberg. Militär und Stadt“ wurde in der Reihe „Veröffentlichungen des Bayerischen Armeemuseums“ Ingolstadt aufgenommen und ist im renommierten Michael Imhof-Verlag erschienen. Das 192-Seiten Buch wurde von den Herausgeberinnen am 20. November öffentlich in einem Hörsaal der Universität vorgestellt.
Den Festvortrag „Stadt und Militär“ hielt Professor Michael Epkenhans, Leitender Wissenschaftler am Zentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr in Potsdam. Er hat auch das Vorwort für das neue Buch verfasst. Darin schreibt Epkenhans, die Studie zeige „die vielen Facetten der Geschichte einer Garnison in mustergültiger Weise auf“. Werke dieser Art, die die Bedeutung von Garnisonen im historischen Längs- oder Querschnitt, aus militärischer, wirtschaftlicher und sozialer Perspektive, aus der Sicht der Soldaten und der der einheimischen Bevölkerung behandeln „sind selten“, schreibt der Wissenschaftler. (mkh)