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ELTMANN
Expertin erklärt, warum Palmöl aus ihrer Sicht Dilemma ist
Es steckt in jedem zweiten Supermarkt-Produkt: Palmöl. Seine Produktion bedeutet aber für die Natur und die betroffenen Menschen oft eine Katastrophe.
Anhand von Verpackungen machte Ulrike Hartmann-Mitz deutlich, wie allgegenwärtig Palmöl im Supermarkt ist. Die Massenproduktion von Palmöl macht aber in Papua-Neuguinea massive Probleme.
Foto: Sabine Weinbeer | Anhand von Verpackungen machte Ulrike Hartmann-Mitz deutlich, wie allgegenwärtig Palmöl im Supermarkt ist. Die Massenproduktion von Palmöl macht aber in Papua-Neuguinea massive Probleme.
Sabine Weinbeer
 |  aktualisiert: 29.03.2021 10:44 Uhr

Fast jedes zweite Produkt im Supermarkt enthält Palmöl. Warum das nicht nur gesundheitlich bedenklich ist, sondern in Indonesien und Papua-Neuguinea eine ökologische und soziale Katastrophe heraufbeschwört, darüber informierte am Freitag in Eltmann Ulrike Hartmann-Mitz auf Einladung des Umweltbildungszentrums in Oberschleichach und der Fair-Trade-Stadt Eltmann sowie des Weltladens. Die Agrar-Ingenieurin lebte und arbeitete acht Jahre lang in Papua-Neuguinea für die Mission „Eine Welt“ der evangelischen Kirche.

Eröffnet wurde der Vortrag mit dem „Welt-Spiel“, bei dem sich die Zuhörer unter verschiedenen Kriterien auf die Kontinente verteilen sollten. Dass Asien die meiste Bevölkerung hat, erstaunte noch die Wenigsten, aber dass sich dort auch der größte Reichtum konzentriert – und am meisten Kohlenstoffdioxid ausgestoßen wird, das überraschte doch viele. Dieses CO2 kommt zu einem großen Teil von brennenden Regenwäldern und Mooren, die praktisch nicht zu löschen sind.

Ölpalme eigentlich in jedem Garten...

Die Ölpalme sei in Indonesien eine wertvolle Nahrungspflanze und sie stehe praktisch in jedem Garten, „wie bei uns der Apfelbaum“. Das Öl aus dem Fruchtfleisch, an der roten Farbe zu erkennen, sei auch sehr gesund mit 41 Prozent ungesättigter Fettsäuren. Industriell genutzt werde aber das Öl aus den Kernen, das praktisch nur aus gesättigten Fettsäuren besteht – aber fast endlos haltbar ist und großtechnisch hervorragend verarbeitet werden kann.

Dass immer öfter Rohöl als Rohstoff etwa in der Kosmetikindustrie durch Pflanzenöl ersetzt wird, sei einerseits ja gut, war sich Ulrike Hartmann-Mitz mit ihren Zuhörern einig; dass es aber immer öfter Palmöl ist, das hat Gründe und Folgen. Der Grund ist der Preis. Die Ölpalme ist enorm produktiv. Sie liefert auf den Hektar Anbaufläche sechs bis zehnmal mehr Öl als Raps, Soja, Olive oder Sonnenblume. „Und da wir hier in Europa eine Flut von Produkten erzeugen, die eigentlich niemand braucht, könnte der Bedarf an Pflanzenöl hier gar nicht erzeugt werden, auch wenn alle Flächen nur noch mit Raps bebaut würden“, so die Agrar-Ingenieurin.

Anbau von EU gefördert

So fördere die EU sogar noch den Palmölanbau. Wie Regenwald durch Palmölplantagen ersetzt wird, zeigten beim Vortrag Luftbilder beispielsweise von Borneo. In Afrika gebe es wenigstens noch Bio-Palmöl-Anbau, doch in Indonesien „wird da alles totgespritzt, da leben nur noch Ratten“. Und wenn nach 20 Jahren die Ölpalme keine Früchte mehr liefert, bleibe tote Erde zurück.

Großkonzerne und „Sklaven“

Das Geschäft mit dem Palmöl machen vorwiegend malaiische Großkonzerne, gestützt von Regierungen, oftmals sogar dem Militär. Die Bevölkerung werde manchmal mit Gewalt umgesiedelt, andernorts mit falschen Versprechen überredet, ihr Land aufzugeben. „Entweder werden sie dann Plantagenarbeiter, was fast schon einer Versklavung gleich kommt, oder sie landen in einem Slum der nächsten größeren Stadt“, berichtete die Referentin.

Wer nun diesen Prozess nicht unterstützen und Palmöl vermeiden möchte, der habe es nicht ganz leicht, gestand die Referentin ein. „Man muss lesen, sich informieren und dann Entscheidungen treffen“, stellte sie klar. Auf den meisten Produkten steht Palmöl nicht explizit in der Zutatenliste, sondern nur die chemischen Bestandteile. „Aber gehen Sie davon aus, dass in 80 Prozent aller Fertigprodukte, Süßigkeiten und fast in jedem Knabberzeug Palmöl drin ist“, erklärte Ulrike Hartmann-Mitz. Selber kochen sei ein guter Ausweg, oder bestimmte Waren im Weltladen oder im Bioladen zu kaufen. „Gepa setzt sich schon lange mit dem Thema auseinander, da ist in der Schokolade kein Palmöl drin - oder sie benutzen Serengi-Palm, das in Westafrika konventionell angebaut wird“.

Zwickmühle für Verbraucher

Auf Palmöl-Kerzen sollte man hingegen verzichten. An diesem Beispiel zeigte sie aber auch das Verbraucher-Dilemma auf: Stearin-Kerzen sind aus Erdöl, Bienenwachskerzen die einzige wirklich ökologische und soziale Alternative, aber verhältnismäßig teuer. „Man muss aber ja auch nicht auf alles verzichten“, betonte die Referentin. Wer in den Nahrungsmitteln Palmöl vermeide, könne sich auch für die Kerze entscheiden oder für die Creme, denn „bei Kosmetika wird es ganz schwierig, auszuweichen“, gestand sie ein. Allerdings konnten Zuhörer Alternativen ganz in der Nähe aufzeigen, Seifen und Kosmetika einer Knetzgauer Manufaktur beispielsweise.

Eine rege Diskussion schloss sich an. Eigentlich sei Palmöl ein regenerativer Energieträger, meinte Günter Lieberth, Energieberater am UBIZ. Dem stimmte Ulrike Hartmann-Mitz zu: „Regenerativ ja, aber ungerecht und brutal erzeugt“. Mit ihren Vorträgen wolle sie erreichen, dass das Augenmerk auf Papua-Neuguinea und Indonesien gerichtet wird, das zur Spielweise von Rohstoffkonzernen geworden ist, nicht nur beim Palmöl, sondern auch bei der Ausbeutung von Rohstoffen vom Meeresboden. „Ich möchte Achtsamkeit erreichen. Prüfen Sie, was Sie wirklich kaufen wollen und müssen und dann entscheiden Sie mit Kopf und Herz, was man tut und was man lässt“, das wolle sie beim Verbraucher erreichen.

 
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