„Bis März wird es keine Entlastung geben“, hat Landrat Wilhelm Schneider am Dienstag im Kreisausschuss mit Blick auf die Flüchtlingssituation vorausgesagt. Etwa 900 Männer, Frauen und Kinder werden es jetzt Ende Oktober sein, die beim Kreissozialamt als Leistungsempfänger nach dem Asylgesetz registriert sind. Und Schneider rechnet mit 500 bis 600 weiteren Personen bis zum Frühjahr, „soweit wir das überhaupt vorhersagen können“.
Seit Mitte September bekommt der Landkreis 25 Flüchtlinge pro Woche zugewiesen, erläuterte Sozialamtsleiter Dieter Sauer dem Kreisparlament. Die Masse der rund 900 Leistungsberechtigten (die Zahl ist nicht exakt gleichbedeutend mit der Anzahl der Asylbewerber) stamme aus Syrien und Afghanistan sowie untergeordnet aus der Ukraine.
Vordringlichste Aufgabe seiner Behörde sei es, die Asylbewerber aus den Notunterkünften herauszubringen und ihnen dezentralen Wohnraum zu beschaffen. Derzeit befinden sich knapp 300 Personen in den diversen Notunterkünften im Landkreis – diese Zahl an Plätzen muss der Kreis gemäß Notfallplan auch vorhalten und „eher aufstocken als reduzieren“, wie Landrat Schneider mit Blick auf die kommenden Wochen meinte.
Dieter Sauer erklärte, er habe aktuell etwa 550 dezentrale Wohnungen im Angebot, darunter auch Ferienwohnungen und Häuser. Man prüfe die Angebote und versuche dann zum Abschluss der Mietverträge zu kommen. Nach einer gerade veröffentlichten Studie des Pestel-Instituts mangelt es dem Haßbergkreis an geeignetem Wohnraum (wir berichteten), eine Einschätzung, die Sauer zufolge durchaus einen wahren Kern haben könnte: Und zwar, weil man ja einerseits im Falle vieler Flüchtlinge mit einer späteren Familienzusammenführung rechnen müsse. Aber auch, „weil niemand weiß, was da noch auf uns zurollt“, wie sich Sauer ausdrückte. Gegenwärtig ist vorgesehen, dass weniger als ein Drittel der hier „gestrandeten“ Flüchtlinge auf längere Sicht im Landkreis bleibt. Der Anteil der „neuen Haßbergler“ könnte aber weitaus höher liegen, wenn sich die Flüchtlingssituation weiter zuspitzt.
Kreisrätin Susanne Kastner (Maroldsweisach, SPD) hakte nach, warum denn viele Flüchtlinge „zusammengekarrt“ und nach Haßfurt gefahren werden müssten, um hier ihr Geld ausbezahlt zu bekommen. Das könnten doch auch die Kommunen erledigen. Diesem Gedanken erteilte Dieter Sauer aber eine klare Absage: Zum einen verfüge das Landratsamt über genügend Dolmetscher, um die Sprachbarrieren zu beseitigen. Zum anderen hätten viele Flüchtlinge nicht nur einen Behördengang, sondern mehrere – etwa auch zum Jugend- oder Ausländeramt – zu erledigen und müssten ohnehin am Herrenhof erscheinen. Und: „Viele Kommunen hätten dann das Problem der Kassensicherheit. Denn in Orten wie Zeil mit vielen Asylbewerbern kommen schnell 30 000 oder 40 000 Euro zusammen“, erläuterte der Experte. „Wegen dieser Synergieeffekte haben wir uns für die zentrale Lösung entschieden“, fasste es Landrat Schneider zusammen.
Jürgen Hennemann, Bürgermeister von Ebern (SPD), stellte die Befürchtung in den Raum, dass es mittlerweile vor allem viele Sprachkurse für Flüchtlinge gibt, die den Betroffenen nicht wirklich helfen. „Da ist eine Goldgräberstimmung unter den Trägern ausgebrochen“, behauptete Hennemann und bezog sich dabei auf gewerbliche Anbieter. Der Landrat versicherte ihm, dass man in diesem Bereich die ehrenamtlichen Strukturen nicht zerschlagen werde. Und die Volkshochschule im Landkreis werde diesbezüglich den Hut aufhaben. Dieter Sauer ergänzte aus seiner Erfahrung, dass Sprachkurse sehr genau koordiniert werden sollen. Denn auf der einen Seite gebe es Analphabeten, die unterrichtet werden wollen, auf der anderen aber Akademiker, die Englisch können und unsere Schriftzeichen bereits beherrschen. „Die zusammen in einen Kurs zu stecken macht keinen Sinn“, sagte Sauer.