
„Manchmal ist es ehrlicher, einen Baum gleich zu fällen, als ihn so herzurichten“. Wie die Einschätzung eines Hofheimers, der nicht genannt sein will, gab es in den vergangenen Tagen immer wieder Kommentare zum Rückschnitt der Platane am Goßmannsdorfer Tor. „Es steht ja nur noch ein Gerippe“, lautet ein weiterer. Nach einem ersten Pflegeschnitt (wir berichteten), waren kurz darauf viele der starken Äste gekappt worden. Nicht ohne Grund, verteidigt Hofheims Bürgermeister Wolfgang Borst den Rückschnitt: Wäre man nicht aktiv geworden, wäre die Krone innerhalb weniger Jahre zusammengebrochen.
„Er schaut alles andere als schön aus, aber Hauptsache, er ist erhalten geblieben“ – sagt der Hofheimer Harald Kaspar. Er ist fasziniert von alten Bäumen. Solche Riesen mit Laubkleid hat er weit über die Region hinaus besucht und dokumentiert. Aber um den seiner Einschätzung nach wohl größten Laubbaum der Haßberge zu sehen, musste er bislang nicht einmal ins Auto steigen: Die Platane am Goßmannsdorfer Tor. Das war einmal. Kaspar kann den Rückschnitt nicht verstehen, denn auch die Naturschutzbehörde am Landratsamt habe ihm gegenüber erklärt, dass die besonders schöne Platane in einem sehr guten Gesundheitszustand sei. „Er machte einen vitalen Eindruck“, aber genauere Untersuchungen habe es von der Unteren Naturschutzbehörde nicht gegeben, sagt Bernd Janik von der Behörde in Haßfurt.
Gewissermaßen eine Altlast
Genau hingesehen wurde aber offenbar beim ersten Rückschnitt im Februar. Wie Borst berichtet, wurden dabei „zwei massive Faulstellen an den beiden Hauptstämmen“ entdeckt. Die waren die Folge des wohl eher unsachgemäßen Rückschnitts in den 1990er Jahren. Borst: Man könne von Glück reden, dass man jetzt darangegangen sei, sonst wäre die Krone wohl in wenigen Jahren auseinandergefallen. Borst wandte sich auch gegen Gerüchte, dass die Kappung erfolgt sei, weil er den Neubau eines Hauses in diesem Bereich beeinträchtige. Mit dem Hausbau habe es nichts zu tun, in Baum-Nähe entstünden eh nur die Garagen. Außerdem: Um den Baum zu schützen, habe man in diesem Bereich auch den Kanal entsprechend verlegt.
Auf die Einzigartigkeit der Platane für die Region und ihren Stadtbild prägenden Charakter am Goßmannsdorfer Tor in Hofheim hatte Harald Kaspar bereits vor rund einem Jahr in einem Schreiben an die Naturschutzbehörde hingewiesen und gleichzeitig gefordert, dass der Baum als Naturdenkmal unter Schutz gestellt werde.
Seiner Einschätzung nach stehen in den Haßbergen nur noch zwei große ältere Platanen. Ein Exemplar in Haßfurt am Stadtrand oberhalb vom Bahnhof – und der Baum in Hofheim am Goßmannsdorfer Tor. In seinem Antrag an die Naturschutzbehörde hatte Kaspar daran erinnert, dass die Hofheimer Platane einen vollkommen natürlichen Wuchs habe, der Baum sei lediglich einmal saniert und die Krone eingekürzt worden, Ende der 1990er Jahre.
Mit rund 100 Jahren sei die Platane von Hofheim nicht wirklich alt, die Baumart erreiche in Deutschland ein Alter von 250 bis 300 Jahren, wenn nicht noch mehr. Sie könnte also noch 100 bis 200 Jahre an ihrem Platz stehen. Zudem sei der Baum auch aus Sicht des Artenschutzes ein wertvoller Biotopbaum. Seiner Ansicht nach, so Kaspar im Schreiben an die Naturschutzbehörde, erfülle die Platane alle Voraussetzungen für die Anerkennung als Naturdenkmal.
Naturschutzbeirat
Wie berichtet, wurde dem allerdings nicht stattgegeben. Denn, so Bernd Janik, der Naturschutzbeirat des Landkreises habe sich letztendlich dagegen entschieden, wenngleich es an der Behörde „unterschiedliche Auffassungen“, also auch Befürworter für eine Unterschutzstellung gegeben habe. Der Naturschutzbeirat ist ein fünfköpfiges Gremium, das das Landratsamt als Untere Naturschutzbehörde beraten soll. Der Beirat setzt sich aus Fachleuten in den Bereichen Landschaftspflege, Biologie, Vegetationskunde oder dem Agrar- und Forstbereich zusammen.
Dass es die Platane in Hofheim nicht als Naturdenkmal geschafft hat, dürfte auch Kostengründe haben. Denn: Wird ein solcher Baum vom Landkreis als Naturdenkmal eingestuft, dann hat der Landkreis auch die Kosten zu tragen, die mit dem Schutz einhergehen. So muss etwa unter anderem der Verkehrssicherungspflicht Genüge getan werden. Was bedeutet, dass regelmäßige Untersuchungen getätigt werden müssten – überhaupt dann, wenn in der Nähe des Baums viel Verkehr zu verzeichnen ist, so Janik.
Was allerdings bei der Hofheimer Platane ebenfalls eine Rolle gespielt hat, dass sie es nicht zum Denkmal schaffte: „Aus der Historie ist es nicht begründbar“, so Bernd Janik – also, dass der Baum am Tor historische Bedeutung hat.
„Haben Wort gehalten“
Außerdem: Dem Landratsamt sei von der Stadt Hofheim zugesagt worden, dass der Baum nicht gefällt werde und „man hat ja auch Wort gehalten“.
Und dass nun nach dem ersten Pflegeschnitt noch eine Kappung großer Äste stattgefunden habe? Das starke Beschneiden des Baums sei mit dem Landratsamt nicht abgestimmt gewesen, aber dazu sei die Stadt auch nicht verpflichtet gewesen. Janik weiter: Auch bei einigen Naturdenkmalen habe man schon so verfahren müssen. „Der Baum geht nicht kaputt, aber er ist halt nicht mehr schön.“