Knetzgau, Industriegebiet, Discothek Rainbow, Samstag, 21.00 Uhr: Wo in knapp einer Stunde die ersten feierwütigen Gäste eintreffen, stellt man sich auf die bevorstehende Partynacht ein: Das Personal bespricht sich, die Theken werden vorbereitet und auch ich begebe mich zu meinem Arbeitsplatz: dem DJ Pult. Als „DJ Justus“ wird es heute meine Aufgabe sein, mit meiner Musik den Leuten einen Hammer-Abend zu ermöglichen.
Knapp eine Stunde vor Eröffnung bin ich an diesem Abend im „Rainbow“. Zeit genug, um mein Equipment aufzubauen, einen kurzen Soundcheck zu machen, mich „aufzuwärmen“ und kurz wieder herunter zu kommen und für ein paar Momente zu entspannen, bevor die ersten Gäste eintreffen und so langsam „aufgedreht“ wird.
Seit meinem 17. Lebensjahr, also knapp vier Jahre, beschäftige ich mich mit dem „DJing“. Zuerst nur daheim in meinem Zimmer mit kleinem und einfachem Equipment. Dieses habe ich dann aber recht schnell erweitert, je mehr ich in die Materie eingetaucht bin. Den Sprung von meinem Zimmer ins DJ-Pult habe ich 2014 geschafft: Damals richtete das Rainbow einen Newcomer-Contest aus. Ich wusste sofort, dass ich da unbedingt dabei sein musste. Nach einer Vorrunde und dem Halbfinale konnte ich mich schließlich auch noch am Finalabend durchsetzen. Seitdem lege ich von Zeit zu Zeit immer im Rainbow, wo ich sonst gerne selbst feiern gehe, auf. Und jedes Mal ist es ein kleiner Adrenalinrausch, Routine sieht anders aus.
Es ist jetzt kurz vor 23.00 Uhr, die Discothek füllt sich. Bisher lief einfach etwas vom „Band“, damit ist nun aber Schluss. Wenige Minuten noch, dann beginnt mein Abend. Die Aufregung steigt abermals. Treffe ich den Geschmack der Leute? Habe ich mich richtig vorbereitet?
Kleiner Zeitsprung: Etwa eine Woche vor meinen Abenden durchforste ich noch einmal die Charts verschiedener Seiten, um alle Lieder zu finden, die bei den Leuten im Moment gut ankommen, und um sicherzugehen, sie am Wochenende auf meinem Laptop zu haben. In manchen Wochen dominieren Partysongs die Charts, in anderen sind es ruhigere Lieder, die nicht wirklich in den Club passen. Den Großteil meiner Musik bekomme von einer Record-Pool-Seite. Eine Internetplattform, speziell für DJs, die den Labels dazu dient, ihre neue Musik bekannt zu machen. Die Lieder, die ich dort nicht bekomme, kaufe ich beispielsweise im iTunes-Store.
Unabhängig davon, ob ich auflege, oder nicht, feile ich einige Stunden in der Woche an meinen Fähigkeiten: Zum Beispiel „Scratchen“, eine Sache, die man wohl direkt mit DJs verbindet.
Mein Lieblingsgenre ist Hip-Hop, ganz einfach weil mir die ruhigen Beats gefallen, in die man sich entspannt „hineinlegen“ kann. Wichtig es es jedoch, den Spagat zu schaffen zwischen dem, was ich gerne auflege und dem, was die Leute unbedingt hören wollen. Bei meiner Musikauswahl ist es mir wichtig, „auffällige“ Lieder zu spielen. Also Songs, die man zwar kennt, aber nicht erwartet und sich trotzdem freut, wenn sie kommen. Eines dieser Lieder ist für mich „Stayin? Alive“ von den Bee Gees. Er ist zwar sehr alt, aber selbst meine Generation kennt ihn noch und der Refrain kommt auch immer noch an. Ähnlich ist es bei „I Love Rock N' Roll“ von Joan Jett & The Blackhearts, den Refrain kann fast jeder mitsingen.
Knetzgau, Samstag Abend, 23.00 Uhr: Ich starte meinen ersten Song. Im Vorfeld lege ich mir ein paar Songs zurecht, um erst einmal etwas Sicherheit zu bekommen. Danach ist offen, was ich spiele. An diesem Abend sind es die ersten paar Takte von „Rock Around The Clock“, auch ein Klassiker, und der Titel ist in meinen Augen perfekt für den Einstieg in eine Partynacht. Danach eine Neuauflage von Bobby Darins „Dream Lover“. Da als Musik an diesem Abend Allmix, also etwas von jeder Richtung, angekündigt ist, geht es dann einmal quer durch alle Genres.
Außerdem möchte ich die Leute „kennenlernen“ und schauen, welche Richtungen an diesem Abend besonders gut ankommt. „Everybody“ ist in dieser Nacht der „Eisbrecher“. Ab jetzt ist die Tanzfläche fast dauerhaft voll, sei es bei Ushers Klassiker „Yeah“ oder Eva Simmons aktuellem Hit „Policeman“. Was will ich als DJ mehr? So geht es einige Stunden lang.
Zum Ende spiele ich einige ruhigere Songs, zum Beispiel „Hold On We're Going Home“ von Drake, um die Energie etwas herauszunehmen. Nach etwa sechs Stunden hinter dem DJ-Pult geht es um kurz nach 5.00 Uhr ans Abbauen. Eine halbe Stunde später verlasse ich den Club mit dem Gefühl, einen erfolgreichen Abend hinter mir zu haben.
Justus Eller stammt aus Haßfurt und studiert in Bamberg Kommunikationswissenschaft und Politikwissenschaft. Im August und September hat Justus Eller ein Praktikum in der Redaktion der Heimatzeitung absolviert.