
„40 Jahre Erziehungsberatung, das bedeutet 40 Jahre qualifizierte und kontinuierliche Unterstützung von Eltern, Kindern und Jugendlichen in allen denkbaren Fragen und Situationen in einem Familiensystem. Darauf sind wir stolz.“ Mit diesen Worten eröffnete der Vorsitzende des Kreiscaritasverbandes, Johannes Simon, den Fachtag zum Thema „Herausforderung Schulverweigerung“ der „Beratungsstelle für Familien, Kinder, Jugendliche und Eltern“.
Wie er mitteilte, waren 1974 Landrat Walter Keller, der Vorsitzende der Kreiscaritas, Martin Braterschofsky, der Geschäftsführer Klaus Diedering und Albrecht Fürst Castell zu Castell für den Ökumenischen Dienst die Wegbereiter für eine „Ökumenische Beratungsstelle für Erziehungs- und Familienfragen“. 1994 übernahm der Kreiscaritasverband die alleinige Trägerschaft der „Erziehungsberatungsstelle“, die seit 2008 die Bezeichnung „Beratungsstelle für Familien, Kinder, Jugendliche und Eltern“ trägt. Dank sagte Johannes Simon dem Landkreis Haßberge für die lange vertrauensvolle Zusammenarbeit. Dank richtete der Vorsitzende an den Freistaat Bayern für die freiwillige Bezuschussung, an die vielen Netzwerkpartner und vor allem an die Ratsuchenden. „Es ist keine Schande, sondern eine Chance, sich Beratung und Unterstützung zu holen“, erklärte er.
„Eltern müssen für ihre Erziehungsaufgaben und -verantwortung stark gemacht werden“, betonte Landrat Wilhelm Schneider. Denn die Anforderungen an die Kindererziehung hätten sich gegenüber früheren Zeiten vollkommen gewandelt. Erziehungsberatung sei eine Kernaufgabe der Jugendhilfe und die Beratungsstelle der Caritas somit ein wesentlicher Teil der Grundversorgung bei Krisen in und im Umfeld von Familien im Landkreis. „Auch das Thema des Fachtages trägt den Präventionsgedanken in sich: Kein Kind darf verloren gehen“, so Schneider. Schulverweigerung sei ein Symptom, hinter dem sich ungelöste Konflikte wie individuelle, familiäre, soziale oder schulstrukturelle Probleme verbergen würden.
„Um ein Kind zu erziehen, braucht es ein ganzes Dorf“, sagt ein afrikanisches Sprichwort. Das bedeutet, dass Eltern Unterstützung bei der Erziehung ihrer Kinder benötigen. Auch die Referenten kamen zu dem Schluss: „Das Wichtigste, um der Schulverweigerung zu begegnen, sind Netzwerke, die auf Beziehungen beruhen, wachsen und sich bewähren müssen.“
„Schulverweigerung ist ein längerfristiges, wiederholtes Fernbleiben von der Schule ohne ausreichende Begründung“, hatte Thorsten Bührmann, Akademischer Rat am Institut für Erziehungswissenschaft der Universität Paderborn, in seinem Fachreferat erklärt. Diplom-Psychologe Martin Lemme vom Systemischen Institut für Neue Autorität in Bramsche sagte: „Autorität muss man sich durch eine klare Position erarbeiten, während man gleichzeitig mit seinem Kind in Beziehung bleiben und sein Vorgehen transparent darstellen muss. Es ist wichtig, dass Eltern ihren Protest gegenüber der Schulverweigerung ihrem Kind mitteilen und sich Unterstützung holen.“