Jürgen Hennemann hat in seiner Funktion als Vorsitzender der SPD-Kreistagsfraktion bei Landrat Wilhelm Schneider einen Antrag zur Behandlung im Kreistag eingereicht. Thema des Antrags: Kein Einsatz des krebsverdächtigen Herbizidwirkstoffs Glyphosat im Einflussbereich des Landkreises Haßberge.
Einen ähnlichen Antrag hatte die ÖDP-Kreistagsfraktion bereits im Herbst formuliert, die Grünen sich dem angeschlossen. Über diesen Antrag hat der Kreistag allerdings noch nicht befunden. Auch in einzelnen Gemeindeparlamenten des Landkreises wurde diese Thematik schon diskutiert und entschieden.
Im Stadtrat Hofheim hatte das Thema eine rege Diskussion ausgelöst. Bürgermeister Borst stellte damals einen Gegenantrag, der zwar das gleiche Ziel zum Inhalt hatte, jedoch eine andere Vorgehensweise aufwies und dem sich der Stadtrat mehrheitlich anschloss. In der Gemeindeallianz Hofheimer Land läuft derzeit eine Aktion mit dem Titel „Wasserschutzbrot“, bei dem 200 Hektar Fläche in Hofheim bereits unter Wasserschutz stehen. Bis 2020 können nochmals 38 Hektar hinzukommen, für die zurzeit noch alte Verträge laufen. Ein alleiniges Ausbringverbot von Glyphosat bringe, so Borst, die Gefahr mit sich, dass die Landwirte auf andere Mittel ausweichen, die teils noch gefährlicher eingestuft werden.
Das Projekt „Wasserschutzbrot“ sieht Bürgermeister Borst als sicherer an als ein reines Glyphosatverbot.
Der Haßfurter Stadtrat hatte sich bei einer Gegenstimme für die Annahme des Antrags der Fraktionen „Bündnis 90/Die Grünen“ und „SPD“ ausgesprochen, Glyphosat auf Flächen der Stadt Haßfurt nicht mehr auszubringen.
Der Knetzgauer Gemeinderat hingegen hatte den Antrag der Grünen- und SPD-Fraktion auf ein Verbot von Glyphosat auf gemeindeeigenen Flächen mit 14:7 Stimmen abgelehnt. Auf Wiesen werde Glyphosat laut Bürgermeister Paulus nicht verwendet. Auf Ackergrundstücken ist den Landwirten eine übliche landwirtschaftliche Nutzung erlaubt.
Im aktuellen Antrag der SPD-Fraktion an den Landrat erläutern Vorsitzender Jürgen Hennemann und Paul Hümmer (Mitglied im Werk- und Umweltausschuss des Kreistages), allein die Diskussion um das Verbot solch giftiger Pflanzenschutzmittel „sollte uns schon zu denken geben und als Argument genügen, dass wir solche Gifte nicht freiwillig im Einflussbereich des Landkreises, im Wohnumfeld und Freizeitraum von Menschen ausbringen lassen“. Die Giftwirkung auf Menschen sei in der Öffentlichkeit ausführlich diskutiert worden, ebenso die Giftwirkung auf Bienen, deren Bestände bereits deutlich dezimiert seien, sowie zahlreiche andere Insektenarten.
Auch ihr Nahrungsangebot werde durch das Gift vernichtet.
Die SPD-Fraktion bittet die Kreistagsmitglieder, dem Antrag zuzustimmen und zu beschließen, dass kein Einsatz des krebsverdächtigen Herbizidwirkstoffs Glyphosat und vergleichbarer Herbizidwirkstoffe auf Flächen des Landkreises Haßberge mehr zulässig ist.
Der Antrag sieht unter anderem vor, dass der Landkreis Haßberge ab dem 1. März 2018 bei allen Flächen unter seiner Bewirtschaftung auf den Einsatz von Herbiziden mit dem Wirkstoff Glyphosat verzichtet. Private Unternehmen, die Aufträge vom Landkreis Haßberge zur Pflege von Grün-, Sport- und Verkehrsflächen erhalten, sollten entsprechend auf einen Glyphosatverzicht vertraglich verpflichtet werden. Bei laufenden Verträgen werde auf eine freiwillige Einigung hingewirkt.
Beim Abschluss neuer Pachtverträge für landwirtschaftliche Flächen und bei der Verlängerung von Pachtverträgen soll eine Klausel eingefügt werden, mit der sich der Pächter zum vollständigen Verzicht auf den Einsatz von glyphosathaltigen Mitteln auf diesen Flächen verpflichtet. Diese Vorgabe würde dann auch bei bestehenden Verträgen umgesetzt, die eine automatische Verlängerung für den Fall vorsehen, dass keine Kündigung erfolgt.
Der Antrag sieht ferner vor, dass Einrichtungen des Landkreises, die Informations- und Beratungsleistungen im Zusammenhang mit privater Gartenpflege und öffentlichen Grüns erbringen, künftig nachdrücklich auf das geltende Verbot der Anwendung glyphosathaltiger Mittel auf befestigten Flächen hinweisen und den Zugang zu Informationsquellen hinsichtlich einer pestizidfreien Pflege von Haus- und Kleingärten und im öffentlichen Raum vermitteln.
Unter Beteiligung fachbezogener Behörden sieht der Antrag für alle kommunalen Grün- und Verkehrsraumflächen ein angepasstes Planungs- und Pflegekonzept vor, das eine Bewirtschaftung ohne Glyphosat und weitestgehend ohne andere Pestizide ermöglicht. Dafür soll auf die Erfahrungen anderer Kommunen sowie sonstige Expertisen zur Umsetzung einer pestizidfreien Grünflächenpflege zurückgegriffen werden.
Glyphosat „wahrscheinlich krebserregend beim Menschen“
Begründung für den Antrag der SPD: Die Krebsforschungsagentur (IARC) der Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat Glyphosat als „wahrscheinlich krebserregend beim Menschen“ eingestuft. Die aktuelle Einstufung von Glyphosat durch die IARC bestätigt frühere Hinweise auf eine Kanzerogenität (krebserregende Wirkung) und Genotoxizität (Erbgutschädigung) des Wirkstoffs.
Einige Bundesländer (Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz und Hessen) haben in Reaktion auf die IARC-Einstufung Erlasse gegen die Erteilung von Ausnahmegenehmigungen für Glyphosatanwendungen auf Nichtkulturland (unter anderem im kommunalen Bereich) erlassen. Bereits 2013 hat sich der Bundesrat für ein Verbot glyphosathaltiger Herbizide für den Haus- und Kleingartenbereich ausgesprochen. Zudem haben einige Bau- und Gartenmarktunternehmen wie toom, OBI und Bauhaus angekündigt, Glyphosatprodukte aus ihren Sortimenten zu nehmen.
Der Antrag fordert, dass der Landkreis Haßberge dieses Handeln zum Vorbild nimmt und mit diesem Beschluss gemäß dem Vorsorgeprinzip seiner Mitverantwortung für den Gesundheitsschutz seiner Bürger gerecht werden möchte, auch um an die Nachhaltigkeitsdebatte und die Ziele der Agenda 21 für den Landkreis Haßberge anzuknüpfen.
Unabhängig von der Frage nach gesundheitlichen Risiken ist eine wesentliche Reduktion des Glyphosateinsatzes auch in der Landwirtschaft aus ökologischen Gründen geboten, um den dramatischen Rückgang der Artenvielfalt in unseren Kulturlandschaften zu stoppen.