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Bamberg
Erlesene Schätze und Kuriosa
Ein kurioses Fundstück: ein Souvenirkästchen für Jordanwasser in Buchform.
Foto: Marion Krüger-HJundrup | Ein kurioses Fundstück: ein Souvenirkästchen für Jordanwasser in Buchform.
Marion Krüger-Hundrup
 |  aktualisiert: 23.07.2022 02:37 Uhr

Nach 35 Jahren Dienst in der Bibliothek des Metropolitankapitels ist Maria Kunzelmann der personifizierte EDV-Katalog über den Bestand. „Ich weiß, was da ist“, lacht die 63-jährige Diplom-Bibliothekarin und Leiterin dieser Einrichtung im Erzbischöflichen Ordinariat am Domplatz. Das heißt, dass Maria Kunzelmann eine fundierte Übersicht hat über diese Sammlung von 200.000 Bänden, darunter 60 bedeutende Handschriften, Inkunabeln, die ersten Druckwerke des frühen Mittelalters, liturgische Bücher, rund 10.000 Gebet- und Gesangbücher, gut 150 handgeschriebene Gebetbücher aus dem 18. und 19. Jahrhundert, Literatur über aktuelle theologische Fragen, aber auch etwa 8000 belletristische Romane in verschiedenen Sprachen. Insgesamt beherbergt die Bibliothek einen reichen Fundus zu Liturgie-, Musik-, Frömmigkeits- und Kirchengeschichte, zur Historie des Bistums und Erzbistums Bamberg sowie des Domkapitels und genießt den Ruf einer ausgezeichneten Fachbibliothek.

„Etwa 15.000 Bände werden jedes Jahr bei uns von Interessenten ausgeliehen“, verweist die Leiterin auf die Bedeutung dieser Institution auch als Forschungsbibliothek. Deren Bestand sei im „Bamberger Katalog“ nachgewiesen und an das Ausleihsystem der Universitäts- und Staatsbibliothek angeschlossen, so Kunzelmann. Und natürlich gebe es einen freundlichen Lesesaal mit drei Arbeitsplätzen für die Lektüre vor Ort.

Bibliotheksleiterin Maria Kunzelmann kennt sich bestens im Bücherbestand aus und greift gezielt nach dem Gesuchten.
Foto: Marion Krüger-HJundrup | Bibliotheksleiterin Maria Kunzelmann kennt sich bestens im Bücherbestand aus und greift gezielt nach dem Gesuchten.

Vermächtnis von Pius Brunnquell

Der Grundstock dieser kirchlichen Bibliothek wurde 1822, also vor genau 200 Jahren gelegt. Und zwar durch das Vermächtnis des ehemaligen Bamberger Dominikanerpaters und späteren Weltpriesters Pius Brunnquell, der dem neu gegründeten Metropolitankapitel der Erzdiözese seine 4000 Bände umfassende Büchersammlung aus allen Wissensgebieten der damaligen Zeit schenkte.

Die alte Domkapitelsbibliothek, die auf den Bistumsgründer Kaiser Heinrich II. zurückging, war 1802/03 im Zuge der Säkularisation in staatlichen Besitz übergegangen. Zusammen mit der alten Universitätsbibliothek und den Bibliotheken der aufgelösten Stifte und Klöster des Hochstifts Bamberg floss sie in den Grundstock der heutigen Staatsbibliothek Bamberg ein.

Maria Kunzelmann und Museumschefin Carola Marie Schmidt (rechts) betrachten die ausgestellten Gesang- und Gebetsbücher als Zeugnisse der Volksfrömmigkeit.
Foto: Marion Krüger-HJundrup | Maria Kunzelmann und Museumschefin Carola Marie Schmidt (rechts) betrachten die ausgestellten Gesang- und Gebetsbücher als Zeugnisse der Volksfrömmigkeit.

Viele Nachlässe von Geistlichen, aus aufgelösten Klöstern, aus der Bürgerschaft vom 19. Jahrhundert bis heute und ausgewählte Zukäufe haben die Bibliothek des Metropolitankapitels anwachsen lassen. Spannend sind Herkunftsnachweise in den Büchern – diverse Exlibris von Vorbesitzern – oder abgegriffene Seiten in großformatigen liturgischen Büchern, deren Randnotizen von intensivem langjährigen Einsatz künden. Auch kuriose Fundstücke, die unter klassischen Umständen wohl nicht den Weg in eine Bibliothek gefunden hätten, fehlen nicht, wie zum Beispiel ein Buch mit Geheimfach oder eines mit einem Souvenirkästchen für Jordanwasser aus dem Heiligen Land.

Ein besonderer Schatz in der Sonderausstellung ist das „Mainzer Graduale“ aus dem dortigen Dom, um 1500.
Foto: Marion Krüger-HJundrup | Ein besonderer Schatz in der Sonderausstellung ist das „Mainzer Graduale“ aus dem dortigen Dom, um 1500.

Auf Pergament und Papier

Letztere gehören zur neuen Sonderausstellung im Diözesanmuseum zum Bibliotheksjubiläum. Die Präsentation unter dem Titel „Erlesen“ zeigt Bücherschätze vom Mittelalter bis zur Gegenwart, auf Pergament und Papier, prunkvoll gestaltet wie etwa das „Mainzer Graduale“ um 1500, eingebunden in Holz, Leder und Samt wie Zeugnisse des Volksglaubens in Gestalt von Gesang- und Gebetbüchern, allesamt bewahrt in der Bibliothek des Metropolitankapitels.

Im Zusammenwirken mit Museumsleiterin Carola Marie Schmidt und deren Team hat Bibliothekschefin Kunzelmann die Ausstellung konzipiert. Besonders stolz ist sie „auf unseren größten Schatz“: nämlich das Stundenbuch mit handschriftlichem Vermerk des heiligen Thomas Morus (1478 bis 1535). Diese für das private Gebet zusammengestellte Textsammlung „war im 15. Jahrhundert ein Werkzeug des gelebten Glaubens und nicht per se ein Prunkobjekt“, erklärt Carola Marie Schmidt.

"Erlesen": Die Sonderausstellung zum 200. Jubiläum der Bibliothek des Metropolitankapitels ist im Diözesanmuseum, Domplatz 5, bis zum 13. September, zu sehen. Öffnungszeiten: 10 bis 17 Uhr, Sonntag 12 bis 17 Uhr, Mittwoch geschlossen.

 
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