
Drei Kilometer nordöstlich von Hofheim erheben sich die Dächer des Schlosses Bettenburg zwischen den Baumwipfeln des Bettenburger Walds. Die Burg überblickt aus 326 Metern Höhe das Nassachtal. Einst zog an der Burg ein bedeutender Verkehrsweg, der Rennweg, vorbei. Gegenüber der Bettenburg gestaltete ein Mittelalterfreund namens Christian Dietrich ab 1790 einen Geschichtspark als Kulisse für seine Tafelrunde.
Dem mystischen, vom Glauben geprägten Mittelalter folgte die nüchterne Zeit der Aufklärung. Diese extrem spröde, rationale Welt weckte eine Vergangenheitssehnsucht, in der man das Mittelalter als spannende Zufluchtswelt bewusst verklärte und neu inszenierte. Ende des 18. Jahrhunderts hatte der Historismus auch die Haßberge und somit auch den damaligen Schlossherren Christan Dietrich, Truchseß von Wetzhausen, erreichte. Er gründete eine Tafelrunde, um das Mittelalter wiederzubeleben. Dieser gehörte neben Jean-Paul, Gustav Schwab, Friedrich Schelling, Ludwig Spohr und Heinrich Voss auch der junge, später regional berühmte Dichter Friedrich Rückert an.
Bedeutungsvoller Wein
Die äußere Erscheinung des Hauptgebäudes mit seinen gestuften Giebeln und dem von einer Welschen Haube gekrönten Treppenturm lässt kein hohes Alter vermuten, scheint vielmehr auf ein Bauwerk der Spätgotik oder der Renaissance zu verweisen. Und doch reicht auch der Baubeginn der Bettenburg in die Jahre kurz nach 1200 zurück, als rundum etliche Burgen entstanden – darunter Altenstein, Lichtenstein, Raueneck und Königsberg.
Die Ersterwähnung fiel gemeinsam mit der Burg Königsberg ins Jahr 1249, als das Hochstift Bamberg als Dank für Waffenhilfe die „castra Kunegesperch et Bettenburch“ an die Grafen von Henneberg verpfändete.
Ab 1343 hielten die Truchsessen von Wetzhausen die Burg als Hennebergisches Lehen. Die 1525 durch die Bauern zerstörte Burg wurde zehn Jahre später aus Reparationszahlungen neu errichtet, wie ein Baudatum am Gebäude zeigt. Im Jahr 1627 wurde sie im Stil der Renaissance überformt.
Entlang des Maintals zwischen Würzburg und Schweinfurt wurde schon im Mittelalter Wein angebaut, wobei das milde Klima eine wichtigen Rolle spielte. Wein war ein Hauptgetränk der ländlichen Bevölkerung. Es gab gute teure Weine für die finanziell besser gestellten Käufer und billige, stark gewürzte Weine für den Großteil der Bevölkerung. Deren übermäßiger Genuss verursachte Kopfschmerzen.

Geriet die Weinernte wie im Jahr 1426 zu gut, sank der Weinpreis auf einen Niedrigstpreis. Vernichteten Kälte und Unwetter dagegen die Weinstöcke, wie es 1435 der Fall war, kostete das Fässchen Wein ein kleines Vermögen. In beiden Fällen litt die einheimische Bevölkerung Not.
Schwärmerei für das Mittelalter
Schlossherr Christian Dietrich Truchseß von Wetzhausen, der von 1755 bis 1826 lebte, widmete sein Leben nach einer kurzen Militärlaufbahn ab 1787 dem Obstanbau und der Pflege der kulturellen Hinterlassenschaften. Damals erreichte die Mittelaltereuphorie die Haßberge und fand in Christian Dietrich einen begeisterten Gefolgsmann.

Seine Schwärmerei für das verklärte Mittelalter veranlasste ihn, zuerst um 1790 einen Geschichtspark mit mehreren Ritterdenkmalen, wie Götz von Berlichingen, Franz von Sickingen und Ulrich von Hutten, einen Minnesängerplatz und eine künstliche Burgruine anzulegen.
Da die viel zu junge Bettenburg – von der Burg des frühen 13. Jahrhunderts ist obertägig nichts mehr zu sehen – keinesfalls dem damals gängigen Bild einer alten Ritterburg entsprach, dienten Park und Burgruine als stimulierende und inspirierende Kulisse für neuritterliche Prosa und Lebensart.

Die erst um 1790 geschaffene Burgruine der „Altenburg“ ist deshalb von Interesse, weil sie Bauelemente des Schlossbaues sowohl formal aufgreift als auch direkt wiederverwendet. Ihr herrlich bossiertes Rundbogentor dürfte tatsächlich das abgebrochene Vorburgtor des Schlosses sein, während die brillenförmige Schießscharte identische Bauelemente am Hauptgebäude des Schlosses kopiert. Diese Brillenscharten sind dort eine burgenkundliche Besonderheit der Zeit um 1535.
Das Schlossgebäude heute ist unzugänglich und ein privates Seminarzentrum. Eine direkte Außenbesichtigung ist nicht möglich.